diePille

»…wirkt nachhaltig«

August 2008

Pille-Fest in Leverkusen

Auch in diesem Jahr wurde auf dem Gelände der Kulturvereinigung Leverkusen e.V. das traditionelle »Pille-Fest« durchgeführt. Seit Jahrzehnten – nur unterbrochen durch Probleme, die sich Anfang der neunziger Jahre ergaben –, lädt »Die Pille«, Betriebszeitung der DKP für die Beschäftigten bei Bayer, dazu ein. Das Fest ist keine Massenveranstaltung, sondern ein Treffpunkt von Kolleginnen und Kollegen, von Freunden aus verschiedenen Initiativen. Und in diesem Sinne wirkt es auch – wie ein Besucher im Hinblick auf die Geschichte des Festes formulierte – »nachhaltig«.



Viel Rot: Großes Transparent am Haus der Kulturvereinigung Leverkusen: Pille Café, ein verwaister Diskussionstisch davor die Künstlerin mit Gitarre.


Transparente mit den Losungen »Von Deutschland darf nie wieder Krieg ausgehen – von Deutschland geht schon wieder Krieg aus«, »Solidarität – Zärtlichkeit der Völker«, »Gegen Neofaschismus« u. a. umrissen den politischen Rahmen der Veranstaltung. Die Bezirksvorsitzende der DKP Rheinland-Westfalen, Anne Frohnweiler, machte in ihrer Begrüßungsansprache klar, wie wichtig und notwendig es ist, sich aktiv gegen die herrschende Politik zu wehren. Angesichts des schön geredeten vermeintlichen wirtschaftlichen Aufschwungs folge die Rezession. Frohnweiler:

»Da müssen wir uns im wahrsten Sinne warm anziehen und zwar nicht nur, weil wir die Heizkosten nicht mehr bezahlen können. Inflation, Bankenkrisen, weitere Kriegsbeteiligungen, Ankündigungen von Massenentlassungen, Zweiklassen-Medizin, weitere Einschränkungen demokratischer Rechte und weitere staatliche Überwachungen stehen auf der Tagesordnung….Doch nicht nur Verfassungsänderungen stehen an, sondern Verfassungsbrüche sind bereits Realität.« Sie wies auf die von Bayer errichtete CO-Pipeline hin und forderte, dass diese gestoppt werden müsse. »Sie vernichtet Arbeitsplätze, sichert den Chemie-Standort NRW in keiner Weise, stellt einen Verfassungsbruch dar, bringt Hunderttausende in tödliche Gefahr und bedeutet den Einstieg in die grundsätzliche Deregulierung der Sicherheit der Produktion.«

Brief an den Bayer-Vorstand

Angesichts dieser Tatsachen machte sie auf einen Brief aufmerksam, mit dem man sich vom Pille-Fest aus, an Vorstand und Aufsichtsrat von Bayer wende (Der Brief war auch in der letzten Ausgabe der Pille veröffentlicht). »In diesem Brief«, so Anne Frohnweiler; »klagen wir den Bayer-Konzern an, mit seiner Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik die Landesverfassung NRW zu brechen.«

Großer Garten, Sonnenwetter, Büchertische - für die interessieren sich kleine und große Besucher.


Rund hundert Besucher und Besucherinnen unterschieben den Brief, der nicht nur an die direkten Adressaten, sondern auch den Bundes-, Landes- und Kommunalpolitikern der Bayer-Standtorte übermittelt wird.

Einer der Skaterjungs

Adrian, einer der Skaterjungs, die kurz zuvor nach ihrer Protestfahrt von Leverkusen nach Berlin (siehe NRhZ 157, 158, 159) dort beim Bundestag die auf der Tour gesammelten Unterschriftenlisten gegen Arbeitsplatzabbau und Perspektivlosigkeit der Jugend abgegeben hatte, war ein herzlich begrüßter Gast. Hatte er doch mit seinem Kumpel Dennis die Aktion zu Ende geführt, obwohl er unterwegs gestürzt war und sich schwer verletzt hatte. Er habe sich verpflichtet gefühlt, erklärte er, denn die Resonanz in den Städten unterwegs sei groß gewesen. Bürgermeister, Jugendorganisationen, Gewerkschafter, örtliche und überörtliche Medien hätten über diese Aktion berichtet, und sie hätte die dann auch in deren Interesse beenden wollen.

Bei Bayer-Bis keine Illusionen mehr

In einem Gespräch mit der Pille-Redaktion stellte als Gast Betriebsrat Norbert Loeffler fest, dass ein Jahr nach dem fünfmonatigen Kampf der Kollegen von BIS keiner mehr Illusionen über die Situation habe, die für viele von Existenzangst, Lohnabbau und verschärfter Arbeitshetze geprägt sei. Obwohl auch viele bereit seien, was dagegen zu unternehmen, gingen die Auffassungen darüber auseinander, auch zwischen oppositionellen Gewerkschaftern und der IG BCE.

In kleinen Runden an den Tischen, wo Kaffee und Kuchen, Grillfleisch und -fisch, Salate, alkoholfreie Getränke, Bier und Wein verzehrt wurden, fanden sich dann Kolleginnen und Kollegen zusammen, die intensiv diese und andere Fragen weiter diskutierten. Das Spektrum der Besucher reichte von autonomen Antifa-Jugendlichen (von denen einer in die DKP eintrat) über Mitglieder der Linkspartei und Friedensfreunde, Gewerkschafter bis zur DKP.

Gespräche bei Mojito aus Cuba

Am Cuba-Solidaritätsstand wurden intensive Gespräche beim Mojito geführt wurden, und die Bücherstände boten nicht nur »schöngeistige« Literatur an, sondern Bücher, die konkret im heutigen Kampf für eine humanistische Gesellschaft hilfreich sind und somit auch »nachhaltig« wirken. Nachhaltig war auch der Kulturbeitrag, den beisteuerte. Sie begleitete ihren ausdrucksstarken Liedvortrag auf der Gitarre. Bekannte Arbeiterlieder wurden vielstimmig von den Anwesenden mitgesungen. So hat der Arbeitskreis Bayer der DKP einen kleinen Beitrag geleistet, den Kolleginnen und Kollegen Mut und ein paar schöne Stunden zu machen.



Manfred Demmer
Quelle: Neue Rheinische Zeitung (NRhZ)
Online-Flyer Nr. 161  vom 27.08.2008
Fotos: Karl-Reiner Engels