CO-Pipeline

Staatsanwälte und die CO-Pipeline

Baustelle CO-Pipeline

Bayer-Kohlenmonoxid benebelt Staatsanwaltschaft

Giftgas-Pipeline zeigt ihre Wirkungen im Labyrinth von Justiz und Verwaltung

Die Todeszone der Kohlenmonoxid-Pipeline von Bayer hat eine Breite von 1,5 Kilometern, wobei die Gefährdung wegen der hohen Giftigkeit über 100 mal höher ist als bei jeder anderen Gasleitung. Düsseldorfs Regierungspräsident Jürgen Büssow (SPD) stellte dazu fest: „Wer neben der Leitung steht, wenn was passiert, der ist tot. Das wissen wir.“ Bei einem Vollbruch ist aber nicht ein Bürger, sondern 140.000 Bewohner sind tödlich bedroht.

Bei wachsender Entfernung von einer Leckage entwickelt Kohlenmonoxid eine geringere Wirkung. Je nach Konzentration des Giftes kommt es zu Schwindelgefühlen und Schläfrigkeit. Die Staatsanwaltschaft Essen hat ihren Sitz in der Zweigertstraße 56 (ganz in der Nähe vom Universitätsklinikum Essen, aber relativ weit weg von der Pipeline). Etwas näher an der Pipeline liegt die Staatsanwaltschaft Duisburg (Koloniestraße 72). Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft und der Regierungspräsidium haben gemeinsam, dass sie zwar in unmittelbarer Nachbarschaft am Rhein liegen – aber weit weg von der Pipeline. Herr Büssow wird also, „wenn was passiert“, kaum neben der Leitung stehen, sondern vielleicht nur Kopfschmerzen riskieren.

Es kann aber sein, dass er etwas benebelt ist. Denn schon jetzt antwortet seine Behörde auf Beschwerden der Bürger über den Bau der Pipeline häufig nicht. Viele Bürger haben zudem den Eindruck, dass der Regierungspräsident davon ausgehen könnte, dass die friedlichen Bürger inzwischen nicht wirklich mehr friedlich sind.

Benebelt wirkt auch die Staatsanwaltschaft. Es wird der Eindruck erweckt, dass auch sie paralysiert ist, wenn es um die Kohlenmonoxid-Pipeline von Bayer geht. Da wird von der Regionalgruppe Düsseldorf des Bundes für Umwelt- und Naturschutz (BUND) im August 2007 eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Essen eingereicht. Der Hintergrund: Bayer ließ seine Pipeline in der Nähe des Breitscheider Kreuzes unter der Autobahn A 3 hindurch pressen. Dadurch wurden am 10. August 2007 vier Fahrbahn-Betonplatten der A 3 angehoben und beschädigt. Der Verkehr staute sich auf der A 3 auf rund zehn Kilometer. Zwischen dem Autobahnkreuz Breitscheid und der Anschlussstelle Duisburg-Wedau stand dem Verkehr nur ein Fahrstreifen zur Verfügung. Der mittlere und linke Fahrstreifen waren von der Reparatur betroffen. Als der Schaden fast behoben war, raste ein Lkw in die Baustelle. Der Fahrer wurde schwer verletzt. Die Straßen.NRW-Autobahnniederlassung Krefeld bezifferte die Kosten der Schadensbeseitigung auf 50.000 Euro.

Der Hinweis des BUND auf den „gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr“ (Paragraph 315b Strafgesetzbuch) ging zeitgleich auch an die Bezirksregierung Düsseldorf und an die Staatskanzlei von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU).
In dem Schreiben an Regierungspräsident Büssow vom 12.08.2007 wird vom BUND die Erwartung geäußert, die Firma Bayer Material Science (BMS) als „Vorhabenträger nach Paragraph 73 Abs. 1 Satz 1 VwVfG nunmehr zu überprüfen oder besser durch ein international anerkanntes Ingenieur-Büro“ überprüfen zu lassen.

Die „heiße Kartoffel“ wurde von der Staatsanwaltschaft Essen nicht behandelt, sondern man teilte am 22.08.2007 mit, „dass das Verfahren zuständigkeitshalber an die StA Düsseldorf abgegeben wurde.“
Am 18. März 2008, also mehr als ein halbes Jahr später, teilt die Staatsanwaltschaft Duisburg unter dem Aktenzeichen 11 Js 59/08 mit, dass das Verfahren „von der Staatsanwaltschaft Essen (6 UJs 227/07) übernommen worden sei.

Damit sind inzwischen die Staatsanwaltschaften Essen, Duisburg, Düsseldorf und nun erneut Essen mit der unsachgemäßen Verlegung der Pipeline unter der A 3 im Bereich des Breitscheider Kreuzes beschäftigt. Derzeit hat Bayer noch etwa 50 Baustellen entlang der knapp 70 Kilometer langen Pipeline-Trasse in Arbeit. Ob und wann welche Staatsanwaltschaft eine Klage gegen den Pipeline-Bauer Bayer wegen der ramponierten Autobahn erheben wird, ist auch acht Monate nach der eingereichten Klage nicht zu erkennen.

Gerry Kuss