Frieden

Kriegslärm – Tag und Nacht

Demonstration gegen Fluglärm.

Immer mehr Nachtflüge auf dem Flughafen Köln/Bonn

 

Am Flughafen Köln/Bonn sind rund um die Uhr Starts und Landungen erlaubt. 400 000 Menschen sind von der Störung ihrer Nachtruhe betroffen. Um ein Nachtflugverbot wird seit Jahren heftig und vergeblich gestritten. Trotzdem ringt der Flughafen Köln/Bonn um ein gutes Image und behauptet aller Erfahrung zum Trotz: »Seine Nachbarn vor Fluglärm zu schützen, hat für den Köln Bonn Airport höchste Priorität.«

 

In der letzten Ausgabe der Nachbarschaftszeitung (»nebenan«, Nr. 44 Winter 11/12) serviert der Flughafen den Anwohnern die jüngst ermittelte statistische Erkenntnis, dass den Deutschen Fluglärm wenig ausmache. Nur etwa vier Prozent der Deutschen fühlten sich stark oder sehr stark von Fluglärm gestört. Dieser Wert sinke auf drei Prozent, wenn die Befragten nicht in der Nähe von Flughäfen wohnen, in der Nachbarschaft von Großflughäfen steige er auf acht Prozent. Vier Prozent der Bevölkerung? In absoluten Zahlen sind das 3,27 Millionen Menschen, die sich nach dieser Umfrage stark oder sehr stark vom Fluglärm gestört fühlen.

 

Anwohnerinitiativen beschwerten sich. Damals, am 3. Januar 1959, seien für Köln/Bonn nächtliche Starts und Landungen genehmigt worden: ausschließlich für militärische Flüge sowie Transporte für humanitäre Hilfen. Daraus sei ein Rund-um-die-Uhr-Betrieb geworden. Zunächst bis 2015 begrenzt. Den Protesten zum Trotz verlängerte Verkehrsminister Oliver Wittke (CDU) am 7. Februar 2008 die Nachtflugregelung bis Ende 2030. Vergeblich forderten die Initiativen die Rücknahme. Mit der rot-grünen Landesregierung NRW indes keimte Hoffnung auf ein Nachtflugverbot auf, zumal es im Koalitionsvertrag versprochen war. Im vergangenen August, etwas mehr als ein Jahr nach der Wahl, versicherte der grüne Staatssekretär im NRW-Verkehrsministerium, Norbert Becker, dass die Landesregierung das Verfahren zur Einführung eines Nachtflugverbots am Flughafen Köln-Bonn auch gegen die angekündigte Intervention der Bundesregierung vorantreiben werde. (Es drängt sich ein Bild auf: das störrische Nachtflugverbot und der Minister, wie er darauf einprügelt. Es will einfach nicht vorangehen.) Im Oktober verhängte der Verwaltungsgerichtshof in Kassel ein Nachtflugverbot für den Frankfurter Flughafen. Seitdem muss die Lufthansa siebzehn Cargo Maschinen umdisponieren. Zunächst waren fünf Nachtflüge pro Woche nach China über den Umweg Köln-Bonn vorgesehen. Ohnedies fliegen von hier pro Nacht 55 Frachtmaschinen los – alle 6 Minuten eine. Zudem will das Transportunternehmen ab Januar eine weitere MD-11-Maschine fest in Köln-Bonn stationieren, von hier soll sie nach Amerika liefern. Mitte Februar wurde gemeldet, die kanadische Armee wolle ihr europäisches Drehkreuz auf dem US-Flugplatz Spangdahlem in der Eifel auflösen und nach Köln/Bonn verlegen. Der kanadische Verteidigungsminister Peter MacKay gab diesen Plan anlässlich des Besuchs seines deutschen Amtskollegen Thomas de Maizière bekannt. Von Köln/Bonn aus will die Canforce in Zukunft humanitäre Missionen, selbstverständlich aber auch Kampfeinsätze starten. Hier seien Nachtflüge möglich, deswegen habe man sich für Köln/Bonn entschieden, so MacKay. Was sagt die Landesregierung, was der Flughafen dazu? Der Chef des Flughafens, Michael Garvens: »Im Hinblick auf die damit verbundene zusätzliche Lärmbelastung vor allem zur Nachtzeit lehnen wir die Pläne ab«. Auch die Landesregierung ist dagegen. »Mit Befremden habe ich zur Kenntnis nehmen müssen, dass solche Pläne beraten und beschlossen werden, ohne zuvor mit dem Land Nordrhein-Westfalen, der Flughafen Köln/Bonn GmbH und den sonst Betroffenen zu sprechen«, sagte NRW-Verkehrsminister Harry Voigtsberger (SPD). »Die Landesregierung sieht alle Aktivitäten kritisch, die ihr Ziel der Reduzierung des Nachtfluglärms gefährden können.« Welche Wirkungen dürfen wir uns von diesen Aussagen erhoffen?

 

Keine. »Es gibt einen Nutzungsvertrag zwischen dem Flughafen und der Bundesluftwaffe, der auch für Nato-Partner gilt«, sagt Garvens. Der Vertrag erlaube Starts und Landungen, sofern alles weitere auf dem militärischen Teil des Flughafens abgewickelt wird. Wenn das Drehkreuz der kanadischen Streitkräfte vereinbarungsgemäß auf dem Gelände der Bundeswehr Platz nimmt, dürfen die Kanadier die Start- und Landebahnen nutzen, wann immer sie wollen. Empört zeigte sich Horst Becker (Grüne), Staatssekretär im Landesverkehrsministerium.

 

Er hält den Plan für eine Provokation. Becker räumt allerdings ein, dass es schwierig sein werde, ihn zu verhindern. »Es gibt nun mal die Nachtflugerlaubnis an diesem Flughafen und da muss man schon objektive Kriterien finden, wenn man das ablehnen will. Es darf ja rechtlich niemand diskriminiert werden«. Den militärischen Zwecken wird jedes andere Interesse untergeordnet. Der Grund für die Verlegung liegt auf der Hand. Die US-Airforce benötigt offenbar sämtliche Kapazitäten von Spangdahlem. Die Kanadier müssen weichen. Wofür neue Kapazitäten? Es geht um Einsätze gegen den Iran, gegen Syrien. Und um die deutsche Unterstützung für derartige Angriffskriege.

 

Dazu passt, dass de Maizère auf seiner Amerika-Reise gleich noch einen Gedenktag für Veteranen angeboten hat. Er soll auf den Volkstrauertag gelegt werden, den Tag, der bei den Nazis »Heldengedenktag« hieß. In der Harvard-Universität sagte der Kriegsminister, Deutschlands Angst vor der eigenen Stärke sei vorbei. »Die Bundeswehr kann kämpfen und führen.«

 

Klaus Stein
unsere zeit – Zeitung der DKP
2. März 2012

 

Banner: UZ kostenlos testen!