Frieden

Europas Frieden in Gefahr

Wimmer, sitzend mit Mikrofon.

Ukraine-Krise, USA, Russland – und wir?

Am 27.10.15 war Willy Wimmer auf Einladung des Düsseldorfer Friedensforums in der VHS zu Besuch. Ca. 80 Zuhörer*innen folgten gespannt seinen Ausführungen. Viele von ihnen waren vermutlich aus seinem Neusser Wahlkreis.

Wimmer war 33 Jahre MdB für die CDU, verteidigungspolitischer Sprecher seiner Fraktion, Parlamentarischer Staatssekretär beim Verteidigungsministerium und Vizepräsident der parlamentarischen Versammlung der OSZE. Im Rahmen der NATO führte er einen virtuellen Krieg in Europa. Da wurde ihm klar, was von amerikanischer und europäischer Seite aus geplant wird und das konnte er mit seinem Gewissen nicht mehr vereinbaren.

Er bezeichnet heute den Krieg gegen Jugoslawien als völkerrechtswidrig und sagt ehrlich, dass die Bundesrepublik zur Zerschlagung Jugoslawiens beigetragen hat, aber nichts dafür getan hat, dass die Nachfolgestaaten wirtschaftlich auf die Beine kamen. Und heute wundern sie sich, dass auch die Menschen aus diesen Staaten nach Deutschland wollen, weil sie in ihrer Heimat keine Perspektiven sehen.

In Europa hat es noch nie einen Frieden gegen Russland gegeben, sondern immer im Kompromis mit den russischen Interessen. Deshalb ist die gegenwärtige Politik gegenüber Russland Kriegsvorbereitung. Seiner Meinung nach, ist Europa im Frühjahr 2015 knapp an einem Krieg vorbeigeschlittert und einzig der Einsatz von Bundeskanzlerin Merkel hätte dies verhindert.

Interessant ist, dass ein bürgerlicher Politiker zu ähnlichen Erkenntnissen kommt wie wir und sich dabei aber oft auf Quellen beruften kann, die uns verschlossen sind.

Was einem bürgerlichen oder nicht-marxistischen Politiker aber völlig abgeht, sind die ökonomischen Ursachen für Rüstung und Krieg.

Text und Foto: I.Lang


Ein kleiner Nachtrag zu der Veranstaltung mit Willy Wimmer:

Wimmer hat sich als ein kluger Vertreter einer Realpolitik im Interesse des deutschen Imperialismus erwiesen. Das ist angesichts der Dominanz der US-hörigen »Atlantiker« in der politischen Klasse dieses Landes und vor allem unter den Journalisten unserer Leitmedien, die ja regelrecht nach Krieg gieren, durchaus sympathisch; mit Friedenspolitik im eigentlichen Sinne hat seine Haltung m.E. aber wenig zu tun. Das wurde für mich z.B. deutlich, wenn er die 56 dt. Soldaten beklagte, die im Afghanistankrieg (übrigens größtenteils durch simple Unfälle) umgekommen sind, ohne die mehr als doppelt so hohe Zahl der Opfer des Obersten und jetzigen Generals Klein allein bei dem Massaker von Kundus auch nur zu erwähnen; oder wenn er zwar die - auch in der deutschen Politik liegenden – Ursachen für die massenhaften Fluchtbewegungen sehr klar benannte, aber »Lösungen« für das Flüchtlingsproblem andeutete, die letztlich auf der Linie von Seehofer liegen. Und dann, als Ersatz für die ungeliebte Merkel, Schäuble als alternativen Kanzler vorschlug. Auch blendete er völlig aus, dass die Voraussetzungen für den jetzigen Regierungskurs bereits unter der Kohlregierung geschaffen wurden, der er selbst angehörte: ich denke etwa an das Weißbuch des Verteidigungsministeriums Rühe, das schon 1992 den Bundeswehreinsatz zum Schutz vor neuartigen »Risiken« und »unseres« ungehinderten Zugangs zu Rohstoffen und Märkten vorsah, und dann an das Geist und Buchstaben der Verfassung widersprechende Urteil des BVerfGerichts, das »out of area« Einsätze der BuWehr auch außerhalb des NATO-Gebiets juristisch ermöglichte.

Um nicht missverstanden zu werden: Wir brauchen Politiker wie Wimmer als Bündnispartner in so kriegsträchtigen Zeiten wie heute; aber den Kurs  der Friedensbewegung sollten wir von ihnen nicht bestimmen lassen.

Hermann Kopp