Jugend

300.000 ohne Aus­bil­dungs­platz

Ausbildungsplatz
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Ausbildung? Denkste!

Jugendliche mit roten Fahnen und Transparenten u.a. »Kapitalismus heißt Ausbeutung«.

»In fast al­len Be­ru­fen gibt es noch of­fe­ne Aus­bil­dungs­plät­ze«, sag­te der Prä­si­dent des Baye­ri­schen Hand­werks­ta­ges, Hein­rich Traublin­ger, En­de Sep­tem­ber. Rund 12.000 Lehr­stel­len sei­en in Bay­ern noch un­be­setzt und vie­le Hand­werks­be­trie­be in Bay­ern such­ten hän­de­rin­gend Per­so­nal. (1) Die Bun­des­agen­tur für Ar­beit mel­det al­lein für Mün­chen 3.236 un­be­setz­te Aus­bil­dungs­plät­ze (2), bun­des­weit sei­en es 33.275 Stel­len, für die noch Aus­zu­bil­den­de ge­sucht wer­den (3). Dem ste­hen laut Ar­beits­agen­tur bun­des­weit of­fi­zi­ell nur 15.650 »un­ver­sorg­te« Be­wer­be­rin­nen und Be­wer­ber ent­ge­gen. (4) Gibt es al­so zu vie­le Aus­bil­dungs­plät­ze und zu we­nig Ju­gend­li­che in der BRD?

Ab aufs Abstellgleis

Nur zwei Drit­tel der Ju­gend­li­chen, die ei­ne Aus­bil­dung ma­chen wol­len, be­kom­men tat­säch­lich auch ei­nen Aus­bil­dungs­platz. Die Bun­des­agen­tur für Ar­beit zählt 1/3 der 824.628 Be­wer­be­rIn­nen (2012) als »ver­sorgt«, ob­wohl ih­nen kein Aus­bil­dungs­platz ver­mit­telt wur­de – 273.355 Ju­gend­li­che fal­len da­mit aus der Sta­tis­tik. Sie gel­ten als »ver­sorgt«, weil sie in War­te­schlei­fen und Prak­ti­kas ge­steckt wur­den, weil ih­nen »man­geln­de Aus­bil­dungs­rei­fe« oder un­ge­nü­gen­de Vor­be­rei­tung vor­ge­wor­fen wer­den – ob­wohl der al­ler­grö­ß­te Teil schlicht kei­nen Aus­bil­dungs­platz er­gat­tern konn­te. Sie wur­den da­mit aufs Ab­stell­gleis ge­scho­ben und tau­chen ein Jahr spä­ter wie­der auf. Nach Schät­zun­gen der DGB-Ju­gend feh­len rund 300.000 Aus­bil­dungs­plät­ze.

Miese Ausbildungsqualität

Wo­her kom­men dann die 33.275 of­fe­nen Stel­len, die es of­fi­zi­ell »zu viel« gibt? Der Be­rufs­bil­dungs­be­richt 2013 zeigt, dass es je nach Bran­che und Be­ruf er­heb­li­che Un­ter­schie­de bei der Be­set­zung und Nicht­be­set­zung von Aus­bil­dungs­plät­zen gibt. Be­son­ders im Ho­tel- und Gast­stät­ten­ge­wer­be und im Le­bens­mit­tel pro­du­zie­ren­den Ge­wer­be, wie bei Bä­ckern und Metz­gern, ist die Zahl der of­fe­nen, un­be­setz­ten Aus­bil­dungs­plät­ze be­son­ders hoch. In die­sen Be­ru­fen sind nach dem Aus­bil­dungs­re­port der DGB-Ju­gend (5) die Aus­bil­dungs­be­din­gun­gen am schlech­tes­ten, die Azu­bis müs­sen be­son­ders häu­fig Über­stun­den ab­leis­ten, be­kom­men ei­ne deut­lich ge­rin­ge­re Ver­gü­tung und fal­len – durch die be­son­ders schlech­te Qua­li­tät der Aus­bil­dung – über­durch­schnitt­lich oft durch die Prü­fun­gen. Ge­nau die­se Aus­bil­dun­gen wer­den da­her am häu­figs­ten ge­schmis­sen, je­der zwei­te Aus­bil­dungs­ver­trag wird auf­ge­löst. Kein Wun­der al­so, war­um sich ge­nau für die­se Stel­len kaum Aus­zu­bil­den­de be­wer­ben.

Der Mangel hat System

Die 300.000 un­ver­sorg­ten Ju­gend­li­chen ste­hen ge­mein­sam mit den rund 550.000 »ver­sorg­ten« in ex­tre­mer Kon­kur­renz zu­ein­an­der. Im Kampf um je­den mög­li­chen Aus­bil­dungs­platz wer­den die Azu­bis ge­spal­ten und von An­fang an ge­gen­ein­an­der aus­ge­spielt: Wer ei­nen Aus­bil­dungs­platz er­gat­tert hat, wehrt sich aus Angst, ein­fach er­setzt zu wer­den, nicht ge­gen mie­se Aus­bil­dungs­be­din­gun­gen und kämpft erst recht nicht ge­mein­sam mit sei­nen Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen für mehr Lohn und nied­ri­ge­re Ar­beits­zeit. Der enor­me Man­gel an Aus­bil­dungs­plät­zen ver­hin­dert nicht nur die So­li­da­ri­tät zwi­schen den Be­schäf­tig­ten, son­dern drängt Ju­gend­li­che auch da­zu, Aus­bil­dun­gen an­zu­fan­gen, die sie ei­gent­lich nicht ma­chen wol­len. Nur je­der drit­te Azu­bi, der ei­nen Aus­bil­dungs­platz er­gat­tert hat, macht sei­ne Wunschaus­bil­dung. Letzt­end­lich pro­fi­tie­ren da­von die Un­ter­neh­mer, die Ka­pi­ta­lis­ten, die durch die­se Kon­kur­renz die Löh­ne drü­cken, Kos­ten ein­spa­ren und ih­re Pro­fi­te er­hö­hen.

tt
Quelle: DKP Nachrichtenportal
Foto: Klaus Stein


(1) http://www.mittelbayerische.de
(2) http://statistik.arbeitsagentur.de
(3) Berufsbildungsbericht 2013, S.7
(4) DGB 2013: Klein gerechnet – Wie der Ausbildungs- pakt die Lage auf dem Ausbildungsmarkt schönt, S.8
(5) DGB 2013: Ausbildungsreport 2013, S. 13