Kultur

Zum Tod von Stéphane Hessel

Stéphane Hessel

geb. 20. Oktober 1917 in Berlin – gest. 27. Februar 2013 in Paris

Porträt Stéphane Hessel.

 

04.03.2013 | Er galt als der geistige Vater der »Bewegung der Empörten« (Indignados) in Spanien, Portugal, Frankreich und Griechen­land sowie der »Occupy-Bewe­gung« in den USA und Deutsch­land.

Stéphane Hessel, im Oktober 1917 in Berlin geboren, franzö­si­scher Wider­stands­kämpfer, Buchen­wald-Häftling, Diplomat und Schrift­steller verstarb am 27. Feb­ruar 2013 in Paris im Alter von 95 Jahren. Seine 2010 veröf­fent­lichte Schrift »Indignez-vous !« (Empört euch!) wurde in zahl­reiche Sprachen über­setzt und erreich­te inner­halb weniger Monate eine Auflage von vier Mil­lio­nen Exemplaren.

 

Sohn eines deutschen Schriftstellers und Übersetzers jüdischer Abstammung, war er 1925 als Kind nach Frankreich gekommen, wo er Schule und Studium absolvierte und 1937 französischer Staatsbürger wurde. Nach dem Nazi-Überfall auf Frankreich 1940 als französischer Soldat gefangen genommen, konnte er fliehen und nach London entkommen. Dort schloss er sich der Bewegung »Freies Frankreich« unter General de Gaulle an. Im Sommer 1944 wurde er nach einem Einsatz in Zentralfrankreich von der Gestapo festgenommen und ins KZ Buchenwald deportiert. Als Spion zum Tod verurteilt, entkam er der Hinrichtung, weil ihm Mithäftlinge zu einer falschen Identität eines kurz zuvor an Typhus gestorbenen Gefangenen verhalfen.

 

Nach Kriegsende trat er in die Dienste des französischen Außenministeriums, damals noch der Nachkriegsregierung, die von der Résistance aus Gaullisten, Kommunisten, Sozialisten, katholischen Zentrumspolitikern und »Radikalen« gebildet worden war. 40 Jahre lang war er in verschiedenen Funktionen im Dienst der französischen Diplomatie tätig, unter lange Zeit bei der UNO, wo er 1946 als Sekretär der UNO-Kommission an der Ausarbeitung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte beteiligt gewesen war.

 

Politisch blieb Hessel im Wesentlichen dem Spektrum der französischen Sozialistischen Partei und der von ihnen geführten »Linksregierungen« verbunden, mit einer kleinen Wendung zu den Grünen 2009/10. Doch er hatte keine Berührungsängste und gab auch der kommunistischen »Humanité« Interviews, besuchte als Gast ihr Pressefest. Bekannt wurde er aber vor allem durch ausgeprägt linke öffentliche Stellungnahmen, die heftige Auseinandersetzungen auslösten. So profilierte er sich als entschiedener Kritiker des israelischen Politik gegen die Palästinenser und bezeichnete den Gaza-Krieg Netanjahus offen als ein Kriegsverbrechen. Er plädierte für das Wahlrecht der ausländische Mitbürger in Frankreich und wandte sich nachdrücklich gegen die Theorie vom »Krieg der Zivilisationen«. Vor allem aber äußerte er sich, ausgehend von den Werten und Zielen der Résistance, mehrfach als entschiedener Kritiker des Finanzkapitalismus.

 

In seiner 2010 veröffentlichten Schrift »Empört Euch!« hieß es u.a,, das gesamte Fundament der sozialen Errungenschaften der Résistance sei gefährdet: »Man wagt uns zu sagen, der Staat könne die Kosten dieser sozialen Errungenschaften nicht mehr tragen. Aber wie kann heute das Geld fehlen, da doch die Produktion seit der Befreiung beträchtlich gewachsen ist, während Europa damals in Trümmern lag?« Das sei nur möglich, weil die von der Résistance bekämpfte »Macht des Geldes« niemals so groß war wie heute, was auch die Ursache der anhaltenden heutigen Krise sei. Die aus dem Finanzkapitalismus entstehenden »äußerst großen Gefahren« könnten »den Planeten Erde für den Menschen unbewohnbar machen«. Deshalb sei Empörung und Widerstand noch immer angebracht. Den Männern und Frauen, die das 21. Jahrundert gestalten werden, müsse gesagt werden: »Neues schaffen heißt Widerstand leisten. Widerstand leisten heißt Neues schaffen«.

 

Text: P.P.
Foto: Jean-Marc Ayrault
Quelle: DKP Kommunisten.de

 


Stéphane Hessel in Wikipedia