Partei
Theoretische Konferenz
Theoretische Konferenz der DKP – Grundlage für weitere Sachdebatte
Alle Stühle im großen Saal im Freizeitheim Linden in Hannover waren am 30. Oktober 2011 besetzt. Über 200 Mitglieder der Partei waren zur theoretischen Konferenz der DKP gekommen. Diese tagte nach der Eröffnung im Plenum und einem einleitenden Beitrag der Genossin Nina Hager in drei Arbeitsgruppen. Als Gäste wurden die Genossin Georgina Alfonso Gonzales aus Kuba sowie der Genosse Petros Mentis, Sekretär der Bundesorganisation der KKE in Deutschland, begrüßt.
Aufgabe war es, auf der Grundlage des Parteiprogramms und der Beschlüsse des 19. Parteitages eine ergebnisorientierte, sich an Sachfragen orientierende, theoretische Konferenz über die unterschiedlichen Positionen in der Partei durchzuführen. »Heute müssen wir«, so Nina Hager im Eröffnungsbeitrag, »in einer ersten Diskussionsrunde ... feststellen, wie wir Ansätze für einen Weg finden, auf dem wir mit den bestehenden Widersprüchen in der DKP ... weiter umgehen können«.
Sie machte auf die gesellschaftliche Situation aufmerksam, in der die Konferenz stattfand, die an die DKP neue Herausforderungen stellt. »Ziel ist ein Verständigungsprozess, die Suche nach Wegen, wie wir auch künftig gemeinsam – trotz unterschiedlicher Positionen in der einen oder anderen Frage – als Kommunistinnen und Kommunisten in einer Partei, der DKP, politisch handeln können, um die gesellschaftlichen Verhältnisse grundlegend zu verändern.«
Die Diskussion fand in drei Arbeitsgruppen statt, die jeweils durch zwei Beiträge eingeleitet wurden. In der AG 1 »Aktuelle politische, ökonomische und soziale Strategien des Kapitals« sprachen Hans-Peter Brenner und Georg Polikeit, in der AG 2 »Arbeiterklasse – neue Strukturen, neue Bedingungen des Kampfes:Wie lernt die Klasse wieder zu kämpfen?« Achim Bigus sowie Thomas Hagenhofer, in der AG 3 »Rolle der DKP in der heutigen Zeit« Patrik Köbele und Walter Listl.
Fast 100 Genossen und Genossinnen haben sich in den Arbeitsgruppen zu Wort gemeldet. Viele verzichteten dabei auf ihre vorbereiteten Beiträge, um direkt aufgeworfene Fragen weiter zu diskutieren. Es waren weitgehend sachliche Beiträge. Aber manche Debatten verliefen auch sehr heftig. Unterschiedliche Standpunkte wurden deutlicher – beispielsweise zum Verhältnis von Reform und Revolution, zur Frage der antimonopolitischen Übergänge, zur Bewusstseinsentwicklung in der Arbeiterklasse, zur Haltung der Kommunistinnen und Kommunisten zu den Gewerkschaften bzw. ihren Führungen, zu sozialen und politischen Bewegungen wie der Occupy-Bewegung. Die unterschiedlichen politischen Ansätze setzten sich fort in einer unterschiedlichen Auffassung zur Rolle und Charakter der DKP.
Es ist vorgesehen, die Beiträge zu veröffentlichen. Der Parteivorstand wird auf seiner Sitzung im November nächste Schritte beraten und beschließen.
Schlusswort von Bettina Jürgensen, Vorsitzende der DKP
Bettina Jürgensen erinnerte daran, dass so mancher in der Partei sich die Frage gestellt hat, ob auf diese Konferenz wirklich noch eine konstruktive inhaltliche Diskussion geführt werden kann, oder ob dort nur noch einmal unterschiedliche Positionen vorgetragen werden? »Können wir überhaupt noch miteinander diskutieren?«
Ihre Antwort: »Wir haben die Berichte aus den Arbeitsgruppen gehört. Die dort stattgefundenen Diskussionen waren weitgehend sachlich und themenbezogen. Ich war in allen Gruppen – dadurch leider nicht durchgängig – habe aber in allen AG’s nicht immer gleiche, sondern oft auf sich beziehende Beiträge gehört. Es ging den diskutierenden GenossInnen nicht im Wesentlichen darum, nur Statements abzugeben. Es wurde in dem hier möglichen Rahmen miteinander diskutiert. Das ist positiv und macht deutlich, dass wir sehr wohl in der Lage sind miteinander in die Diskussion zu kommen. Mit Argumenten, die ausgetauscht und debattiert werden.
Doch die Einschätzung aus den AG’s zeigt auch, die unterschiedlichen Positionen wurden noch einmal deutlich. Am Ende dieser Tagung müssen wir feststellen: die inhaltlichen Positionen liegen teilweise nicht nur weit auseinander, sie können auch nicht durch einmalig stattfindende Beratungen, Konferenzen u. ä. geklärt werden.«
Sie erinnerte aber auch an die vorbereitenden Konferenzen in den Bezirken. »Wir müssen auch feststellen, dass die Auseinandersetzung über Positionen in der Partei zunimmt – nicht unbedingt in der Anzahl der Debatten, aber in der Form und Schärfe. Und auch nicht »nur« in den Aussagen, sondern oft in einer Art und Weise, die jede Diskussion im Keim erstickt. Mit Stimmungsmache, dem Nichtzuhören, Nichtausredenlassen und bis hin zu persönlichen Diffamierungen«
Sie forderte, dass von dieser Konferenz ein Signal in die Partei ausgehen muss:
»Für uns kommt es nun darauf an zu klären, wie wir diese Debatten und Auseinandersetzungen weiter führen können. Dies funktioniert aber nur ohne Diffamierung, ohne persönliche Verletzung, ohne Ausgrenzung. Und eine Ausgrenzung ist es, wenn ich als RevisionistIn, ReformistIn bezeichnet (beschimpft) werde. Noch dazu, wenn sie von eigenen GenossInnen kommt. Und wir sollten uns klar darüber sein, dass diese genannten Beispiele des Umgangs irgendwann auch das für KommunistInnen wichtige Vertrauen untereinander zerstören.
Gesetzt den Fall, wir bekommen es hin, in einer so beschriebenen Atmosphäre weiter in der Partei unsere inhaltlichen Differenzen zu diskutieren, dann bedeutet dies für mich unabdingbar jeder Debatte über den Ausschluss von Mitgliedern unserer Partei weil sie angeblich revisionistisch sind, weil sie die Thesen des (damaligen) Sekretariats vertreten oder weil sie für eine »Offensivstrategie« sind, entgegenzutreten.
Das bedeutet dann zu akzeptieren, dass es unterschiedliche Positionen in der DKP gibt.
Und es heißt vor allen Dingen, mit diesem Wissen die Arbeit der DKP zu organisieren, das aktive Handeln zu entwickeln ohne dass uns die Debatten über inhaltliche Fragen hindern, oder irgendwann hindern können, gemeinsam zu handeln.
Das aber, liebe Genossinnen und Genossen, liegt an uns, den Mitgliedern der DKP, ob und wie wir die weiteren Schritte gehen. Davon hängt auch der weitere Weg der inhaltlichen Debatte ab. Nina hat es eingangs gesagt: Die nächste PV-Tagung Ende November wird eine Auswertung dieser Konferenz vornehmen und die nächsten Schritte beraten müssen. Wir müssen ausgehend von dieser Konferenz auch die Diskussion vor Ort führen.
Ich bin überzeugt, dass wir nur im solidarischen Streit über Inhalte auch die weitere solidarische Zusammenarbeit in den Aktionen finden werden. Und die sollten wir nicht vergessen«
Text und Fotos: mami