Partei
Wohnungs- und mietenpolitische Konferenz der DKP
Privates Eigentum und Spekulationen mit Grund und Boden sind der Kern der Wohnungs- und Mietenproblematik im Kapitalismus
Neben dem Eingang zum Frankfurter Gallushaus erinnert eine Bronzetafel an den Auschwitzprozess. Im Gallushaus kamen ab April 1964, vor genau 50 Jahren, unerhörte Verbrechen zur Sprache.
Die DKP hatte hierher zur wohnungs- und mietenpolitischen Konferenz geladen. Die Wahl ist wohl zufällig auf diese historische Stätte gefallen. Aber beiläufig ist zu erfahren, dass das Gallusviertel nach Maßgaben des Masterplans aus dem Büro Albert Speer & Partner überplant wird. »Das einstige Arbeiterviertel, in dem der Ausländeranteil heute noch bei knapp 42 Prozent liegt, soll damit eine weitere Aufwertung erfahren.« Schöne Aussichten für Investoren. Für die Anwohner sind es Drohungen.
Wolfgang Richter aus Dortmund hat die Konferenz umsichtig vorbereitet. Er begrüßt die 50 Teilnehmer und kommt gleich auf die Hauptfragen zu sprechen: selbst bürgerliche Beobachter können nicht übersehen, dass das private Eigentum und das Spekulieren mit Grund und Boden den Kern der Wohnungs- und Mietenproblematik im Kapitalismus ausmache. Das große Eigentum zeige seine Systemfratze offen im Bereich Wohnen und Mieten. Immer irrationaler taumeln riesige Finanzsummen auf der Suche nach Anlagemöglichkeiten rund um den Globus. Verelendung und Obdachlosigkeit wachsen neben unerhört anschwellendem Luxus. Aber unsere Kraft entspreche nicht den derzeitigen Anforderungen. Die Klasse sei in die Defensive geraten. Es gehe um die Veränderung der Kräfteverhältnisse, um das Ringen um Reformen, ohne von der Notwendigkeit des revolutionären Bruchs zu lassen.
Wolfgang Richter spricht von unserer Beteiligung an Aktionen gegen Zwangsräumungen und das Sperren von Energie und Wasser, an Bündnissen, wo wir als organisierte Kommunistinnen und Kommunisten angenommen und beteiligt werden. Dabei komme es auf unsere politische und fachliche Kompetenz an. Es geht um das Wiedergewinnen fachlicher Kenntnisse und politischer Kompetenz für das Entwickeln des solidarischen und kollektiven Widerstands.
Er kündigt drei Themenblöcke an: je ein Kapitel marxistische Analyse, kommunistische Grundsätze und politischen Praxis.
Die Miete setzt sich nach Engels anteilig zusammen aus Grundrente, Instandhaltungskosten, Baukapital plus Profit sowie Kredite plus Zinsen. Klaus Stein aus Köln richtet die Aufmerksamkeit auf die Grundrente, die sich als Zins verhülle. Das Stück Boden erscheine nur als Kapital, auf dessen Menge von der Grundrente zurückgeschlossen wird. Das heutige Steigen der Bodenpreise ist angesichts des krisenbedingten Überflusses an »verleihbarem Geldkapital« mit dem Begriff Tendenz bei Marx noch zurückhaltend charakterisiert. Die Bodenspekulation durchbricht alle gesetzlichen Barrieren, wie sich an den Skandalen des Bau- und Liegenschaftsbetriebs des Landes NRW ablesen lässt.
In der folgenden Diskussion wirbt Claus Schreer aus München mit der Forderung nach Mietstopp und Mietpreissenkung, erinnert aber auch an die alte Forderung nach Vergesellschaftung von Grund und Boden. In den siebziger Jahren hätte sie schon sehr viel mehr Resonanz gehabt.
Klaus Linder aus Berlin gibt viele Anregungen und warnt in seinem Referat vor der falschen Bestimmung des Gegners, vor der Täuschung, dass Zuzug (für Berliner: von Schwaben) der Grund für die Mietpreissteigerungen sei. Miete sei auch nicht Ausbeutung, das Verhältnis Mieter und Vermieter entspreche nicht dem von Arbeiter und Kapitalisten. Interessant der Hinweis auf einen Mietstreik mit 300 000 Teilnehmern, organisiert von der KPD im Jahre 1921.
Siw Mammitzsch berichtet aus Mieterinitiativen. Sie hätten sich in Essen an drei großen Wohnungsgesellschaften entlang gebildet. Sie seien im Mieterforum Ruhr zusammengeschlossen und die wiederum stelle eine Fraktion im Deutschen Mieterbund. Sie verweist auf die »Katernberger Mietererklärung« und zeigt einen Film des wdr-Lokalfernsehens. Es wird anschaulich, wie Mieterinteressen wirksam vertreten werden können.
Dagmar Henn aus München kritisiert in der Diskussion die Wortschöpfung »Mietfähigkeit«, die das Problem der Wohnungsnot individualisiere.
Kontroverse Beiträge gibt es um die Frage der Rekommunalisierung. Die Berliner Wasserbetriebe hätten beispielsweise beim Rückkauf Monopolprofite bedienen müssen.
Peter Köster wirbt dafür, in den Gewerkschaften Mieterfragen zum Thema zu machen.
Patrik Köbele hält das Schlusswort nach dieser ermutigenden Konferenz. Das Markenzeichen der DKP sei ihre Beteiligung am Kampf gegen Zwangsräumungen, ihr Eintreten für Mietstopp und Senkung der Mieten, für Sozialen Wohnungsbau in öffentlicher Hand, für Grund und Boden in Gemeineigentum.
Text und Fotos: Klaus Stein
UZ vom 28.03.2014
unsere zeit – Zeitung der DKP