Politik

Protestmarsch der Flüchtlinge

United against Isolation!

Solidarität mit dem Protest­marsch der Flücht­linge von Würzburg nach Berlin!

Am 19. März 2012 begannen Flücht­linge in Würz­burg eine neue Ära des Protes­tes gegen die für sie gelten­den unmensch­lichen Lebens­be­din­gun­gen und das mise­rab­le Asyl­recht in Deutschland.

Bildleiste: Drei Fotos von Flüchtlingsprotesten.

Ihre Forderungen lauten unter anderem:

  • Abschaffung aller Flüchtlingslager in Deutschland
  • Abschaffung der Abschiebegesetze
    Abschiebung ist unmenschlich und dient nur den politischen und ökonomischen Interessen der Mächtigen
  • Abschaffung der Residenzpflicht

 

Der Protest verbreitete sich rasch in andere Städte; insge­samt gab es Protest­camps in neun Städten in vier Bundes­län­dern. Seit dem 8. Sep­tem­ber ziehen die Strei­ken­den in zwei »Kara­wanen« von Würz­burg nach Berlin, um den Pro­test dort gemein­sam fort­zu­füh­ren. Gleich­zei­tig wollen sie auf ihrem Weg so viele Flücht­lings­la­ger wie mög­lich besu­chen, um mit den Menschen über ihre Ohn­machts- und Iso­la­tions­erfah­run­gen in Deutsch­land zu sprechen und sie zu ermu­ti­gen, den langen Weg mit ihnen zu gehen.

 

Die Bustour des Protest­marsches der Flücht­linge wird am Samstag, dem 15.09.2012 die NRW-Landes­haupt­stadt Düssel­dorf errei­chen. Eine weit­aus größere Gruppe geflüch­teter Menschen läuft derzeit zu Fuß von Bayern über Thürin­gen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Bran­den­burg nach Berlin.

 

Aus der Erklärung der streikenden Flüchtlinge:

»Wir mobilisieren bundesweit um Isolation zu brechen, gegen Abschiebungen und Lager, für die Schließung aller Heime und für die Befreiung von der Knechtschaft der Residenzpflicht in ganz Deutschland. … Jetzt ist die Zeit aufzustehen, weil wir nicht länger passiv Zeugen des Todes eines von uns sein möchten, denn die unmenschliche Behandlung der Asylbewerber in Deutschland kann jeden von uns in den Tod treiben. … Wir verlassen die festgesetzten Grenzen und die für uns gebauten Käfige, da wir glauben, dass das Konzept, in Asylbewerberheimen zu leben, ungerecht ist. Wir überschreiten diese Grenzen, da wir glauben, dass diese Freiheit das kleinste Recht jedes Menschen ist, und wir werden uns gegen das Abschiebegesetz der Regierung widersetzen, denn diese Gesetze sind nur dazu da, der Regierung finanziell und politisch zu dienen. Es ist das Recht eines jeden Menschen, zu wählen, wo er lebt. Wir, stärker denn je und Schulter an Schulter, tun alles in unserer Macht stehende, um diesen Traum zu erreichen, und werden mit der Unterstützung anderer Asylsuchender in Berlin die Erfüllung unserer Rechte miterleben.«

 

Wir wollen die Protes­tie­ren­den am Samstag mit einer Soli­da­ri­täts­kund­ge­bung will­kom­men heißen und die Gele­gen­heit nutzen, auch über die konkrete Lage der Flücht­linge hier in Nord­rhein-West­fa­len zu berichten. Kundgebung am Samstag 15. September, 15.00 Uhr Düsseldorf Hauptbahnhof.

 

Warum der Protest der Flüchtlinge auch in Nordrhein-Westfalen stattfindet

Auch wenn die Residenz­pflicht inner­halb NRWs seit zwei Jahren außer Kraft ist – alle Flücht­linge aus NRW, die das Bundes­land verlas­sen, brechen bereits damit das Gesetz. Deutsch­land ist das einzige Land in der EU, in dem Asyl­su­chen­de den ihnen zu­ge­wie­se­nen Land­kreis nicht bzw. nur auf Antrag verlassen dürfen. Diese Frei­heits­beschrän­kung dient der räum­li­chen Iso­la­tion und Kon­trol­le von Asyl­su­chen­den. Verlässt ein Flücht­ling den ihm zuge­wie­se­nen Land­kreis ohne einen so genannten »Urlaubs­schein«, so begeht er/sie eine Ord­nungs­wid­rig­keit. Bei wieder­hol­tem Verstoß wird aus dieser Ordnungs­wid­rig­keit eine Straf­tat, die sich auf den Auf­ent­halts­sta­tus nega­tiv aus­wir­ken kann. Der Marsch der Flücht­linge verfolgt aus diesen Gründen das Ziel, sich dem Gesetz der Resi­denz­pflicht bewusst und öffent­lich zu widersetzen.

 

Auch gibt es in vielen Lagern und Heimen neben der Resi­denz­pflicht noch weitere schika­nöse Metho­den, mit­hilfe derer die Bewohner und Bewoh­ne­rinnen in stän­diger Kontrolle und Iso­la­tion »gehalten« werden. Auch im Rot-Grün regier­ten NRW leben viele Flücht­linge über Jahre hin­weg in Sammel­lagern, in abgele­genen Contai­ne­rba­ra­cken, die Anfor­derun­gen an menschen­wür­dige Wohn- und Lebens­verhält­nisse absolut nicht gerecht werden. Oft müssen vier oder fünf Perso­nen zusam­men­ge­pfercht in einem Raum leben, Schim­mel und kaputtes Mobi­liar sind Alltag.

 

Viele Flüchtlinge sagen, sie leben wie in einem Gefäng­nis und werden ver­rückt, weil sie außer essen, schlafen und warten nichts tun können. Auch in NRW werden Flücht­linge über Jahre hinweg von Deutsch­kursen, vom Arbeits­markt und von jeg­licher gesell­schaft­li­cher Teil­habe aus­ge­schlos­sen. Düssel­dorf ist nicht nur die Lan­des­haupt­stadt, in der über die Lebens­be­din­gun­gen von Flücht­lin­gen ent­schie­den wird – im Düssel­dor­fer Innen­minis­te­rium werden auch die Abschie­bun­gen geplant und orga­ni­siert, und sie werden zumeist über den Flug­ha­fen Düssel­dorf durchgeführt.

 

Neben dem FRAPORT in Frank­furt am Main ist Düssel­dorf Inter­na­tio­nal der Haupt­abschie­be­flug­ha­fen der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land. Von den Abschie­be­behör­den wird oft­mals die Methode der Sammel­abschie­bung ein­ge­setzt: Aus dem ganzen Bundes­ge­biet und sogar aus anderen EU-Ländern werden Flücht­linge nach Düssel­dorf gebracht, um von hier aus in andere Länder abge­scho­ben zu werden. Die Menschen, die abge­scho­ben werden sollen, werden in ein extra dafür gechar­ter­tes Flug­zeug ver­frach­tet und damit, fernab der Öffent­lich­keit, außer Landes gebracht.

 

Schon am Dienstag, dem 18. Sep­tem­ber wird wieder eine dieser Sammel­abschie­bun­gen vom Düssel­dorfer Flug­hafen aus statt­finden. Die Proteste dagegen begin­nen um 8 Uhr am Gate F (Tor 36), wo Soli­da­ri­tät mit den Betrof­fenen gezeigt werden wird. Ab 10 Uhr wird der Protest im Termi­nal B (Abflug­halle) mit einer Demons­tra­tion fortgesetzt.

 

Die streikenden Flüchtlinge werden auch diesen Protest mit unter­stützen. Nach der Station in Düssel­dorf wird der Protest­zug in weite­ren Städten in NRW halt machen. Die Orte, die der Bus noch anfahren wird, sind: Duisburg (17.9) ; Essen (18.9) ; Dortmund (19.9) ; Büren / Paderborn (20.9) ; Bielefeld (21.9) ; Münster (22.9) ; Osnabrück (23.9.) Auch in diesen Städten sind Kund­ge­bun­gen und andere Aktio­nen geplant.

 


 

Weitere Informationen

 

Foto: Refugee Tent Action
Bundesweiter Flüchtlingsstreik