Politik

»Tak­tisch wäh­len« ein­mal an­ders­her­um

Junge Frau, Zeichnung von Käthe Kollwitz. Text: »100% gegen Krieg & Imperialismus!«.

Linkspartei umgefallen. Und? Konsequenzen?

 

Bei der Ab­stim­mung im Bun­des­tag zum Ma­ri­ne­e­in­satz stimm­ten 5 Ab­ge­ord­ne­te der PdL mit Ja, 18 ent­hiel­ten sich, 6 blie­ben der Ab­stim­mung fern und 35 stimm­ten mit Nein. Soll­te man da­von nicht so viel Auf­he­bens ma­chen, wo es sich doch wahr­schein­lich nicht um ei­nen »rich­ti­gen Kriegs­ein­satz« han­deln wird? Und wo doch im­mer noch mehr als die Hälf­te der Links­par­tei-Frak­ti­on mit Nein ge­stimmt hat?

 

Die be­schwich­ti­gen­den Stim­men ge­hen fehl. Es geht we­ni­ger um die­sen kon­kre­ten Fall. Er ist haupt­säch­lich ein Sym­bol. So wird er in der Öf­fent­lich­keit ver­stan­den, mit Recht. So wird er in den bür­ger­li­chen Me­di­en zu­stim­mend und hä­misch kom­men­tiert. Es ist ein Damm ge­bro­chen. Die Links­frak­ti­on im Bun­des­tag ist nicht mehr ge­schlos­sen ge­gen Mi­li­tär­ein­sät­ze. Die Links­par­tei ist kei­ne zu hun­dert Pro­zent zu­ver­läs­si­ge frie­dens­po­lit­sche Kraft mehr.

 

­Die So­zi­al­de­mo­kra­ti­sie­rung der Par­tei kommt un­auf­halt­sam vor­an. Es hat kei­nen Sinn zu re­la­ti­vie­ren, her­un­ter­zu­re­den, weg­zu­schie­ben. Es han­delt sich um ei­ne Zä­sur mit weit­rei­chen­den Fol­gen. Der Ver­weis auf ei­ne fort­schritt­li­che Pro­gram­ma­tik, auf »ro­te Hal­t­el­i­ni­en« ist Pfei­fen im Wald. Das er­in­nert an den Über­gang der al­ten So­zi­al­de­mo­kra­tie von an­ti­mi­li­ta­ris­ti­schen Po­si­tio­nen zum »Burg­frie­den«. Noch 1912 wur­de der Frie­den be­schwo­ren. Kei­ne zwei Jah­re spä­ter: »Je­der Schuss ein Russ, je­der Stoß ein Fran­zoß«. Wenn prak­ti­sche Po­li­tik und Pro­gram­ma­tik aus­ein­an­der­drif­ten kommt der Zeit­punkt, an dem Pro­gram­ma­tik zum Fei­gen­blatt wird, das die Scham­tei­le ei­ner ent­ge­gen­ge­setz­ten Pra­xis ver­ber­gen soll.

 

­Die Ver­wäs­se­rung so­zia­lis­ti­scher Po­li­tik zu­guns­ten des sach­zwangs­mäßi­gen Mit­ma­chens ist in der PdL weit vor­an­ge­schrit­ten. Zu­ver­läs­si­ge und kom­pro­miss­lo­se Frie­dens­po­li­tik war ja schon die letz­te Bas­ti­on, in der Pro­gramm und Pra­xis über­ein­stimm­ten. Auch die­se Bas­ti­on wird jetzt ge­schleift. Jetzt kann man nicht mehr ein­fach mit der PdL An­ti­kriegs­po­li­tik ma­chen, son­dern muss schon in­ner­halb der PdL da­für kämp­fen.

 

Wel­che Kon­se­quen­zen wird das ha­ben?

­Die kon­se­quent so­zia­lis­ti­schen Kräf­te in der Links­par­tei und die so­zi­al­de­mo­kra­ti­schen An­kom­mer und Kar­rie­ris­ten pas­sen zu­sam­men wie Feu­er und Was­ser. Aber sie tren­nen sich nicht. Wenn Feu­er und Wa­ser zu­sam­men­kom­men, ent­steht Dampf, im­mer dich­te­rer Ne­bel, bis das Feu­er er­lo­schen ist.

 

Gy­si: Aber die deut­sche Ma­ri­ne wird doch in in­ter­na­tio­na­len Ge­wäs­sern ope­rie­ren, al­so ist das doch gar kein rich­ti­ger Aus­lands­ein­satz. Van Aken: Man muss halt die zwei Sei­ten se­hen, Che­mie­waf­fen­ver­nich­tung und ex­pan­die­ren­de deut­sche Mi­li­tär­po­li­tik, und sich da­her ent­hal­ten. Herr Dr. Bartsch hat na­tür­lich »kei­ne un­lau­te­ren Ab­sich­ten«. Die Lin­ken in der Lin­ken agie­ren de­fen­siv, ver­tei­di­gen in end­lo­sen Ar­gu­men­ta­ti­ons­ket­ten ihr Nein, an­statt die Ja-Stim­mer und ih­re durch­aus un­lau­te­ren Ab­sich­ten, die Par­tei der SPD zu­zu­trei­ben, bloß­zu­stel­len, – Feu­er, Was­ser, Ne­bel und schwä­cher wer­den­des Feu­er.

 

Im Ne­bel tappt man un­si­cher hin und her, ist die Rich­tung leicht ver­fehlt. Die Mas­se der Links­par­tei­mit­glie­der und -wäh­ler wird aus dem »klei­nen Vor­fall« kei­ne Kon­se­quen­zen zie­hen. Un­si­cher­heit und Be­denk­lich­keit sind wie­der ein we­nig größer ge­wor­den, das lin­kes­te un­ter den klei­ne­ren Übeln ist wie­der ein we­nig größer ge­wor­den … aber was soll man denn sonst ma­chen?! Die Zö­ger­lich­keit, Un­ent­schie­den­heit, Ori­en­tie­rungs­lo­sik­eit in der Links­par­tei und ih­rer An­hän­ger­schaft er­mög­licht ja erst die »schlau­en« Ma­nö­ver der Gy­sis und Bartsch. Die­se ma­chen in der Per­spek­ti­ve die Links­par­tei über­flüs­sig. Aber erst ein­mal wird nicht viel pas­sie­ren. Es bleibt beim Tap­pen im Ne­bel.

 

A­ber es gibt vie­le, die mit der Links­par­tei zwar nicht bre­chen wol­len. sich aber Kon­se­quen­zen wün­schen. Wie zeigt man der Links­par­tei, sei es als Mit­glied oder als Wäh­ler, ein »Bis hier­her und nicht wei­ter«?

 

Ei­ne Ge­le­gen­heit ist die EU-Wahl. Hier steht nicht ein­mal et­was auf dem Spiel. Es ist völ­lig egal, ob ein Links­par­tei-Age­ord­ne­ter mehr oder we­ni­ger im EU-Par­la­ment sitzt. Ein Si­gnal und ei­ne Sen­sa­ti­on wä­re aber ein kom­mu­nis­ti­scher Ab­ge­ord­ne­ter aus Deutsch­land. Das wä­re nicht nur ein Warn­si­gnal für die ge­müt­lich ge­stimm­te deut­sche Bour­geoi­sie, die sich um lin­ke Auf­müp­fig­keit an­ge­sichts ei­ner schon halb hand­zah­men Linkspar­tei kei­ne Sor­gen macht. Es wä­re auch ein Stopp­schild für die Rech­ten in der Linkspar­tei, das es den Lin­ken in der Links­par­tei ein­fa­cher ma­chen wür­de, sich zu be­haup­ten.

 

Wenn schon sonst kei­ne Kon­se­quenz, kann we­nigs­tens die ge­zo­gen wer­den: Bei den EU-Wah­len dies­mal DKP, Lis­te 18. »Tak­tisch wäh­len« ein­mal an­ders­her­um.

 

ai
Quelle: DKP Nachrichtenportal