Politik

Kommunalpolitisches Seminar

Diskussionsrunde.

2./3. April 2016

Kommunalpolitisches Seminar der DKP Köln

Zweck war die Verständigung über die Kölner Wohnungspolitik, die Probleme des Stadthaushalts und des Verkehrs sowie über die Daseinsvorsorge im Fokus drohender Freihandelsabkommen wie TTIP, Ceta und Tisa.

In Jalhay/Belgien erwartete uns intensive Arbeit, etwas frische Luft bei kurzen Spaziergängen und gutes Essen.

Dem riesigen Wasserreservoir des Hohen Venn entspringen Schwarzbach, Olef, Rur, Helle, Getz, Weser, Poleur, Bayehon, Pouhon und zahlreiche weitere Bäche und Flüsse. Ein Kranz von 15 Talsperren und Stauseen fängt das Wasser auf. Das Flüsschen Gileppe wird seit 1878 gestaut. 1,7 Millionen Kubikmeter Stein und Beton halten 26,5 Millionen Kubikmeter Wasser. Vormals hatte die Talsperre das Brauchwasser für die Textilindustrie im Tal der Weser (franz. Vesdre) zu regulieren.

Diese Aufgabe verlor sie mit dem Niedergang des Tuchgewerbes. Die wenigsten Betriebe überstanden die Krise nach dem ersten Weltkrieg. Mittlerweile werden in Ostbelgien keine Textilien mehr produziert.

70 Meter tiefer als die Dammkrone verläuft die N 629, die Straße von Eupen nach Jalhay. Hier liegt das kleine Hotel du Lion, benannt nach dem häßlichen Sandsteinlöwen, 13,5 Meter hoch und 300 Tonnen schwer, der zu heraldischen Zwecken die Staumauer in Sichtweite krönt.

Madame Josette Scolard leitet das Hotel. Es bietet Platz und Ruhe für die Erörterung komplizierter kommunalpolitischer Sachverhalte, für das Austragen von Kontroversen von Trappistenpartei gegen Karmeliterfraktion, für Plaudereien über potage aux legumes, rôti de moutarde, coulis de framboises und klingenden Gläsern. Weniger indes für Fanatiker ausführlichen Duschens. Das alles zu einem guten Preis.

Wir schlafen in altmodischen Kammern, speisen im Kaminzimmer und erklimmen in der Kaffeepause Europas älteste Beton-Staumauer. Von Ingenieur Eugène Bidaut wurde sie 1878 im Auftrag von König Leopold II. (1835 – 1909) fertiggestellt. Das ist jener König, der als privater Eigentümer des Freistaats Kongo (von 1885 bis 1908) für die Kautschukgewinnung ein grauenvolles Zwangsarbeitssystem samt systematischer Tötungen und Verstümmelungen einrichtete. Millionen Tote für Gummireifen.

Zur Aussichtsplattform des 78 Meter hohen Turms hebt uns ein Aufzug. Von hier geht der Blick weit ins Land und über den Stausee bis zum Hohen Venn.

Im Wintergarten des Hotels beschäftigen wir uns mit der Frage, was im Wohnungsbau der Markt noch zu leisten imstande ist. Wo sind seine Grenzen? Wie kommt es zu Finanzblasen, wie funktioniert eine Immobilienblase? Anne spricht von der Drohung steigender Zinsen. Unsere vormalige Forderung ist veraltet. 4000 neue Wohnungen pro Jahr sind nicht mehr ausreichend. Wie kommt der Mietspiegel zustande, wer ermittelt den? Wie ist die rechtliche Lage bei der

Zweckentfremdung und wie ist gegen sie vorzugehen? Der Kampf gegen Zwangsräumung war wichtig für die Mietendebatte in Köln und hatte erheblichen Einfluss auf das Ergebnis der Wahlen zum Stadtrat. Wir reden über die Rolle der Grundrente, die geheimen Grundstückspreise in Köln und die vergeblichen Maßnahmen zur Förderung von Sozialwohnungen. Ihre Zahl sinkt stetig.

Hans-Peter nimmt sich viel Zeit, die Wirkungen von Auto- und Öl-Lobby auf die Stadtplanung und die Alternativen darzustellen.

Bei Wolfgangs Ausführungen zu TTIP und Ceta wird deutlich, wie stark die Bewegung in den Städten und Gemeinden schon ist. Wir haben es mit Antimonopolismus zu tun, bei dem sich die Eigentumsfragen in den Vordergrund drängen.

Klaus erläutert den Umverteilungsmechanismus von Arm zu Reich, den das komplizierte System der Kommunalfinanzen darstellt. In Köln wachsen gegenwärtig die Kassenkredite planfrei. Ein Haushaltplanentwurf für das Jahr 2016 wird frühestens am 10. Mai vorgelegt werden.

Christine übersetzt die Fragen, die Peter Mertens, der Vorsitzende der PTB/PvdA, im Zusammenhang mit den Anschlägen von Brüssel gestellt hat. Sie sind sehr detailliert und kenntnisreich, lassen hinter den Versäumnissen einen Plan erkennen.

Text und Foto: Klaus Stein


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