Partei

Miethaie

Redebeitrag von Klaus Stein auf der wohnungs- und mietenpolitischen Konferenz der DKP:

Miethaie, die Bremse Mietpreis und der Drache Grundrente

(auf die kapitalistische Hydra komme ich auch noch zu sprechen)

 

Konferenzteilnehmer.

En­gels hat 1873 dar­auf hin­ge­wie­sen, dass der Ei­gen­tü­mer bei der Ver­mie­tung ei­ner Woh­nung de­ren Ge­brauchs­wert für ei­nen Tausch­wert zur Ver­fü­gung stellt. Sie ist selbst­ver­ständ­lich Wa­re, aber im Un­ter­schied zu an­de­ren Wa­ren wer­de die Woh­nung über ei­nen län­ge­ren Zeit­raum be­nutzt. Ein Brot sei in­ner­halb ei­nes Ta­ges ver­zehrt, die Ho­se in ei­nem Jahr ver­schlis­sen.

 

»Bei Wa­ren von lan­ger Ver­schlei­ßdau­er tritt al­so die Mög­lich­keit ein, den Ge­brauchs­wert stück­wei­se, je­des­mal auf be­stimm­te Zeit, zu ver­kau­fen, d.h. ihn zu ver­mie­ten. Der stück­wei­se Ver­kauf rea­li­siert al­so den Tausch­wert nur nach und nach; für die­sen Ver­zicht auf so­for­ti­ge Rück­zah­lung des vor­ge­schos­se­nen Ka­pi­tals und des dar­auf er­wor­be­nen Pro­fits wird der Ver­käu­fer ent­schä­digt durch ei­nen Preis­auf­schlag, ei­ne Ver­zin­sung, de­ren Hö­he durch die Ge­set­ze der po­li­ti­schen Öko­no­mie, durch­aus nicht will­kür­lich, be­stimmt wird. Am En­de der hun­dert Jah­re ist das Haus auf­ge­braucht, ver­schlis­sen, un­be­wohn­bar ge­wor­den.
Wenn wir dann von dem ge­zahl­ten Ge­samt­miet­be­trag ab­zie­hen:

  • ­die Grund­ren­te
  • nebst der et­wai­gen Stei­ge­rung, die sie wäh­rend der Zeit er­fah­ren,
  • un­d ­die aus­ge­leg­ten lau­fen­den Re­pa­ra­tur­kos­ten,

so wer­den wir fin­den, daß der Rest im ­Durch­schnitt sich zu­sam­men­setzt:

  • aus dem ur­sprüng­li­chen Bau­ka­pi­tal des Hau­ses,
  • aus dem Pro­fit dar­auf,
  • un­d aus der Ver­zin­sung des nach und nach fäl­lig ge­wor­de­nen Ka­pi­tals und Pro­fits.«

 

(Zur Woh­nungs­fra­ge, 1873, MEW 18, 270)

 

­Die Mie­te setzt sich al­so nach En­gels an­tei­lig zu­sam­men aus: Grund­ren­te, In­stand­hal­tungs­kos­ten, Bau­ka­pi­tal plus Pro­fit so­wie Kre­di­te plus Zin­sen.

Zu­nächst möch­te ich mich mit der Grund­ren­te be­schäf­ti­gen.

 

­Marx un­ter­sucht sie im drit­ten Band des Ka­pi­tals. Er un­ter­stellt, dass die Land­wirt­schaft zu sei­ner Zeit schon von der ka­pi­ta­lis­ti­schen Pro­duk­ti­ons­wei­se be­herrscht wer­de. Die­se Un­ter­stel­lung

»schlie­ßt ein, daß sie al­le Sphä­ren der Pro­duk­ti­on und der bür­ger­li­chen Ge­sell­schaft be­herrscht, daß al­so auch ih­re Be­din­gun­gen, wie freie Kon­kur­renz der Ka­pi­ta­le, Über­trag­bar­keit der­sel­ben von ei­ner Pro­duk­ti­ons­sphä­re in die and­re, gleich Hö­he des Durch­schnitts­pro­fits usw. in ih­rer gan­zen Rei­fe vor­han­den ist«. (MEW 25, 627)

 

­Die Grund­ren­te be­zeich­net den Teil des Er­tra­ges, den ein Päch­ter dem Ei­gen­tü­mer des von ihm ge­nutz­ten Bo­dens re­gel­mä­ßig zu ent­rich­ten hat. Bei der Grund­ren­te gibt es Un­ter­schie­de, die im Ver­hält­nis zur Durch­schnitts­ren­te zu zu­sätz­li­chem Ein­kom­men füh­ren. Die Dif­fe­ren­ti­al­ren­te I geht auf Un­ter­schie­de in der La­ge und Qua­li­tät der Bö­den zu­rück, die Dif­fe­ren­ti­al­ren­te II ent­steht durch Ka­pi­tal­in­ves­ti­tio­nen, die die Er­trä­ge der Bö­den ver­bes­sern.

 

»Die Dif­fe­ren­ti­al­ren­te tritt über­all ein und folgt über­all den­sel­ben Ge­set­zen, wie die agri­ko­le (land­wirt­schaft­li­che) Dif­fe­ren­ti­al­ren­te, wo über­haupt Ren­te exis­tiert.

­Über­all, wo Na­tur­kräf­te mo­no­po­li­sier­bar sind und dem In­dus­tri­el­len, der sie an­wen­det, ei­nen Sur­p­lus­pro­fit si­chern, sei es ein Was­ser­ge­fäl­le oder ein reich­hal­ti­ges Berg­werk oder ein fisch­rei­ches Was­ser oder ein gut ge­leg­ner Bau­platz, fängt der durch sei­nen Ti­tel auf ei­nen Teil des Erd­balls zum Ei­gen­tü­mer die­ser Na­tur­ge­gen­stän­de Ge­stem­pel­te die­sen Sur­p­lus­pro­fit dem fun­gie­ren­den Ka­pi­tal in der Form der Ren­te ab.« (MEW 25, 781)

 

­Der Ein­fluss der La­ge auf die Dif­fe­ren­ti­al­ren­te zei­ge sich na­ment­lich bei Bau­grund­stü­cken in gro­ßen Städ­ten. Der Ei­gen­tü­mer müs­se kei­ne Hand rüh­ren, er ris­kie­re nichts und tra­ge nichts bei, wenn er den Fort­schritt der ge­sell­schaft­li­chen Ent­wick­lung aus­beu­te, noch da­zu häu­fig zu Mo­no­pol­prei­sen. Wenn das Grund­ei­gen­tum mit dem in­dus­tri­el­len Ka­pi­tal in der­sel­ben Hand ver­ei­nigt wer­de, ge­win­ne es ei­ne un­ge­heu­re Macht und kön­ne gar die Ar­bei­ter im Kampf um den Ar­beits­lohn prak­tisch von der Er­de als ih­rem Wohn­sitz aus­schlie­ßen.

 

»Ein Teil der Ge­sell­schaft ver­langt hier von den an­dern ei­nen Tri­but für das Recht, die Er­de be­woh­nen zu dür­fen, wie über­haupt im Grund­ei­gen­tum das Recht der Ei­gen­tü­mer ein­ge­schlos­sen ist, den Erd­kör­per, die Ein­ge­wei­de der Er­de, die Luft und da­mit die Er­hal­tung und Ent­wick­lung des Le­bens zu ex­ploi­tie­ren. Nicht nur das Stei­gen der Be­völ­ke­rung, und da­mit das wach­sen­de Be­dürf­nis der Be­hau­sung, son­dern auch die Ent­wick­lung des fi­xen Ka­pi­tals, das sich ent­we­der der Er­de ein­ver­leibt oder Wur­zeln in ihr schlägt, auf ihr ruht, wie al­le in­dus­tri­el­len Ge­bäu­de, Ei­sen­bah­nen, Wa­ren­häu­ser, Fa­brik­ge­bäu­de, Docks usw., stei­gert die Bau­ren­te not­wen­dig.«

 

­Marx un­ter­schei­det die Mie­te, so­weit sie Zins und Amor­ti­sa­ti­on des im Haus an­ge­leg­ten Ka­pi­tals ist, von der Ren­te für den blo­ßen Bo­den. Letz­te­re ver­lan­ge mehr­fa­chen Tri­but, nicht zu­letzt durch die Nach­fra­ge nach Bau­grund­stü­cken, die den Wert des Bo­dens stei­ge­re. Hier set­ze die Spe­ku­la­ti­on an. Er zi­tiert ei­nen Spe­ku­lan­ten, der be­kennt, we­nig Pro­fit aus den Ge­bäu­den selbst zu schla­gen, um­so mehr durch die Stei­ge­rung der Grund­ren­ten. (sie­he MEW 25, 781ff.)

 

His­to­risch geht die Grund­ren­te aus dem feu­da­len Ei­gen­tum her­vor. Ge­nau­er: aus der feu­da­len, ge­walt­sa­men An­eig­nung von Grund und Bo­den, und der Herr­schaft des Feu­dal­her­ren über die von ihm ab­hän­gi­gen Bau­ern. In den Jahr­hun­der­ten feu­da­ler Pro­duk­ti­ons­wei­se ent­wi­ckel­ten sich nach­ein­an­der drei For­men der Grund­ren­te: Ar­beits­ren­te, Pro­duk­ten­ren­te und Geld­ren­te.

 

­Der an­ti­ke Grund und Bo­den der rö­mi­schen Kai­ser­zeit war des Kai­sers, wie schon vor­her in der Re­pu­blik ge­wis­ser­ma­ßen staat­lich. Noch das rö­mi­sche Ko­lo­nat lä­sst den fei­nen Un­ter­schied von Be­sitz und Ei­gen­tum er­ken­nen. Der letzt­lich ge­sell­schaft­li­che Ei­gen­tums­vor­be­halt, der sprach­lich im Wort Le­hen ent­hal­ten ist, ver­liert sich spä­ter. Das über­wie­gen­de und voll­stän­di­ge Pri­vat­ei­gen­tum an Grund und Bo­den ist erst ei­ne his­to­ri­sche Kon­se­quenz des Feu­da­lis­mus. Wie sich bis zur Auf­klä­rung im Bild des Dra­chen die Mensch­heit qua My­thos an die Sau­ri­er des Me­so­zoi­kums er­in­nert, schla­gen wir uns bei der ka­pi­ta­lis­ti­schen Grund­ren­te mit ei­nem feu­da­len Re­likt her­um. Aber ich möch­te in Ab­wand­lung ei­nes Bon­mots von Sü­ver­krüp sa­gen: Pri­vat­ei­gen­tum an Grund und Bo­den gleich wie an Pro­duk­ti­ons­mit­teln war his­to­risch not­wen­dig und prin­zi­pi­ell pri­ma, aber – al­les zu sei­ner Zeit.

 

­Marx sagt es so:

»[Das Grund­ei­gen­tum] un­ter­schei­det sich von den üb­ri­gen Ar­ten des Ei­gen­tums da­durch, daß auf ei­ner ge­wis­sen Ent­wick­lungs­hö­he, selbst vom Stand­punkt der ka­pi­ta­lis­ti­schen Pro­duk­ti­ons­wei­se aus, es als über­flüs­sig und schäd­lich er­scheint.« (MEW 25, 635 f.)

 

­Der spe­zi­fi­sche Cha­rak­ter der Grund­ren­te wird ger­ne ver­kannt, weil sie sich als Zins ver­hüllt. Das Stück Bo­den er­scheint als Ka­pi­tal, auf des­sen Men­ge von der Grund­ren­te, wie wenn sie Zins wä­re, zu­rück­ge­schlos­sen wird.

 

»Ist z. B. der mitt­le­re Zins­fuß 5%, so kann al­so auch ei­ne jähr­li­che Grund­ren­te von 200 Pfund Ster­ling als Zins ei­nes Ka­pi­tals von 4000 Pfd. St. be­trach­tet wer­den. Es ist die so ka­pi­ta­li­sier­te Grund­ren­te, die den Kauf­preis oder Wert des Bo­dens bil­det, ei­ne Ka­te­go­rie, die pri­ma fa­cie (auf den ers­ten Blick), ganz wie der Preis der Ar­beit ir­ra­tio­nell ist, da die Er­de nicht das Pro­dukt der Ar­beit ist, al­so auch kei­nen Wert hat. An­de­rer­seits aber ver­birgt sich hin­ter die­ser ir­ra­tio­nel­len Form ein wirk­li­ches Pro­duk­ti­ons­ver­hält­nis. [...]

Es ist in der Tat der Kauf­preis nicht des Bo­dens, son­dern der Grund­ren­te, die er ab­wirft, be­rech­net nach dem ge­wöhn­li­chen Zins­fuß.« (MEW 25, 636)

 

­Wir ha­ben es folg­lich beim Bo­den­preis mit der ka­pi­ta­li­sier­ten Grund­ren­te zu tun. (MEW 25, 816). Die Sum­me, die für den Bo­den be­zahlt wird, ist an sich Ka­pi­tal, wie sie in Ka­pi­tal ver­wan­delt wer­den kann. Aber vom Ver­käu­fer hängt es ab, wel­chen Ge­brauch er da­von macht, ob das von ihm er­hal­te­ne Geld sich wirk­lich in Ka­pi­tal ver­wan­delt oder nicht.

 

»Für den Käu­fer kann es nie mehr als sol­ches fun­gie­ren, so we­nig wie je­des an­de­re Geld, dass er de­fi­ni­tiv ver­aus­gabt hat. In sei­ner Be­rech­nung er­scheint es für ihn als zins­tra­gen­des Ka­pi­tal, weil er die Ein­nah­me, die er als Ren­te vom Bo­den [...] er­hält, als Zins des Gel­des be­rech­net, das ihm der An­kauf des Ti­tels auf die­se Re­ve­nue ge­kos­tet hat. Als Ka­pi­tal kann er es nur rea­li­sie­ren durch den Wie­der­ver­kauf.« (MEW 25, 817 f.)

 

»Es folgt da­her, daß, die Grund­ren­te als kon­stan­te Grö­ße vor­aus­ge­setzt, der Bo­den­preis stei­gen oder fal­len kann, um­ge­kehrt wie der Zins­fuß steigt oder fällt. Fie­le der ge­wöhn­li­che Zins­fuß von 5 auf 4%, so stell­te ei­ne jähr­li­che Grund­ren­te von 200 Pfd. St. die jähr­li­che Ver­wer­tung ei­nes Ka­pi­tals von 5000 Pfd. St. statt von 4000 Pfd. St. vor, und so wä­re der Preis des­sel­ben Grund­stücks von 4000 auf 5000 Pfd. St. ge­stie­gen. [...]Um­ge­kehrt im um­ge­kehr­ten Fall. Es ist dies ei­ne von der Be­we­gung der Grund­ren­te selbst un­ab­hän­gi­ge und nur durch den Zins­fuß ge­re­gel­te Be­we­gung des Bo­den­prei­ses. Da wir aber ge­sehn ha­ben, daß die Pro­fi­tra­te im Fort­schritt der ge­sell­schaft­li­chen Ent­wick­lung ei­ne Ten­denz zum Fal­len hat und da­her auch der Zins­fuß, so­weit er durch die Pro­fi­tra­te ge­re­gelt wird; daß fer­ner, auch ab­ge­sehn von der Pro­fi­tra­te, der Zins­fuß ei­ne Ten­denz zum Fal­len hat in­fol­ge des Wachs­tums des ver­leih­ba­ren Geld­ka­pi­tals, so folgt, daß der Bo­den­preis ei­ne Ten­denz zum Stei­gen hat, auch un­ab­hän­gig von der Be­we­gung der Grund­ren­te und des Prei­ses der Bo­den­pro­duk­te, wo­von die Ren­te ei­nen Teil bil­det.« (MEW Bd. 25, 636f.)

 

­Durch die ge­gen­wär­ti­ge Kri­se herrscht gar ein nie ge­kann­ter Über­fluss an »ver­leih­ba­rem Geld­ka­pi­tal« und die Zin­sen sind his­to­risch nied­rig. Da wird von Marx schon der Doll­punkt der Gen­tri­fi­zie­rung iden­ti­fi­ziert.

 

En­gels be­schreibt sie so:

»Die Aus­deh­nung der mo­der­nen gro­ßen Städ­te gibt in ge­wis­sen, be­son­ders in den zen­tral ge­le­ge­nen Stri­chen der­sel­ben dem Grund und Bo­den ei­nen künst­li­chen, oft ko­los­sal stei­gen­den Wert; die dar­auf er­rich­te­ten Ge­bäu­de, statt die­sen Wert zu er­höhn, drü­cken ihn viel­mehr her­ab, weil sie den ver­än­der­ten Ver­hält­nis­sen nicht mehr ent­spre­chen; man rei­ßt sie nie­der und er­setzt sie durch and­re. Dies ge­schieht vor al­lem mit zen­tral ge­le­ge­nen Ar­bei­ter­woh­nun­gen, de­ren Mie­te, selbst bei der grö­ß­ten Über­fül­lung, nie oder doch nur äu­ßerst lang­sam über ein ge­wis­ses Ma­xi­mum hin­aus­gehn kann. Man rei­ßt sie nie­der und baut Lä­den, Wa­ren­la­ger, öf­fent­li­che Ge­bäu­de an ih­rer Stel­le.« (MEW 18, 215)

 

»Der Bo­na­par­tis­mus hat durch sei­nen Haus­s­mann in Pa­ris die­se Ten­denz aufs ko­los­sals­te zu Schwin­del und Pri­vat­be­rei­che­rung aus­ge­beu­tet; aber auch durch Lon­don, Man­ches­ter, Li­ver­pool ist der Geist Haus­s­manns ge­schrit­ten, und in Ber­lin und Wien scheint er sich eben­so hei­misch zu füh­len. Das Re­sul­tat ist, daß die Ar­bei­ter vom Mit­tel­punkt der Städ­te an den Um­kreis ge­drängt, daß Ar­bei­ter- und über­haupt klei­ne­re Woh­nun­gen sel­ten und teu­er wer­den und oft gar nicht zu ha­ben sind, denn un­ter die­sen Ver­hält­nis­sen wird die Bau­in­dus­trie, der teu­re­re Woh­nun­gen ein weit bes­se­res Spe­ku­la­ti­ons­feld bie­ten, im­mer nur aus­nahms­wei­se Ar­bei­ter­woh­nun­gen bau­en.« (MEW, 18, 215)

 

Fried­rich En­gels hat sich in der Schrift »Zur Woh­nungs­fra­ge« von 1873 vor­nehm­lich ge­gen die Vor­stel­lun­gen des Proud­ho­nis­ten Mül­ber­ger ge­wandt. Mül­ber­ger geht es um die Lö­sung der Woh­nungs­fra­ge als Teil­lö­sung der so­zia­len Fra­ge. Sein Re­zept ist das Wohn­ei­gen­tum für den Ar­bei­ter. Er sucht ei­ne Me­tho­de, Miet­woh­nun­gen zu Ei­gen­tum zu ver­wan­deln. Sei­ne über­ge­ord­ne­te re­vo­lu­tio­nä­re Stra­te­gie er­schöpft sich in der Ab­schaf­fung des Zin­ses auf ge­setz­li­chem We­ge. Sie soll Schritt für Schritt er­fol­gen.

 

­Lie­be Ge­nos­sin­nen und Ge­nos­sen,

in dia­me­tra­ler Um­keh­rung der Tat­sa­chen wer­den ho­he Prei­se der Grund­stü­cke für die Hö­he der Mie­ten ver­ant­wort­lich ge­macht. In der Tat aber er­klä­ren sich die gro­ßen Un­ter­schie­de je­dem vor­ur­teils­lo­sen Be­ob­ach­ter durch die La­ge der Grund­stü­cke. Die zu er­war­ten­de künf­ti­ge Ren­di­te wird dem Nut­zer im Vor­aus ab­ver­langt.

 

In Köln kos­ten Grund­stü­cke in der Grö­ßen­ord­nung 600 bis 1200 qm durch­schnitt­lich ge­gen­wär­tig 487 Eu­ro/qm. In Frank­furt sind es 636, in Ber­lin 279 Eu­ro/qm. Ge­setzt den Fall, ich kau­fe in Köln ein Grund­stück von 1000 qm zum Preis von 500 Eu­ro/qm, in der Sum­me für 500 000 Eu­ro. Ich baue 10 Woh­nun­gen dar­auf zu je 100 qm. Bau­kos­ten 1200 Eu­ro/qm, in der Sum­me 1,2 Mio Eu­ro. Um ei­ne Ren­di­te von 5% auf Bau­kos­ten und Bau­grund zu er­zie­len, müss­te ich ei­ne Ge­samt­mie­te von 85 000 Eu­ro im Jahr ver­lan­gen, 8500 pro Woh­nung, 710 Eu­ro im Mo­nat, 7,10 Eu­ro pro qm. Bau­kos­ten­an­teil 500, an­tei­li­ge Grund­stücks­kos­ten 210 Eu­ro. Ich ge­he da­von aus, dass die La­ge aus­schlie­ß­lich die Grund­ren­te, nicht je­doch die Bau­kos­ten ver­än­dert. In die­sem Bei­spiel müss­ten die Mie­ten in Frankfurt (Main) 765 Eu­ro be­tra­gen, bei ei­nem Grund­ren­ten­an­teil von 265 Eu­ro. Bau­kre­di­te, de­ren durch­schnitt­li­cher Ef­fek­tiv­zins­satz ge­gen­wär­tig bei 2,75 Pro­zent liegt, sol­len hier kei­ne Rol­le spie­len. Im Fal­le von Ei­gen­tums­woh­nun­gen zu 3000 Eu­ro/qm könn­te in Köln so­fort ein ver­gleichs­wei­se schnel­ler, vor al­lem hö­he­rer Ge­winn von 1,3 Mio Eu­ro er­zielt wer­den. Der­ar­ti­ge Aus­sicht ist zu­dem kre­dit­wür­dig und ge­eig­net, Grund­stücks­prei­se und Mie­ten wei­ter hoch zu trei­ben und über­haupt die Ver­mie­tung als nur zweit­bes­te Ver­wer­tung er­schei­nen zu las­sen. Noch hö­her sind die Er­war­tun­gen bei Bü­ro­flä­chen. Sie wer­den über Be­darf be­reit ge­hal­ten. Bü­ro­le­er­stand ist steu­er­lich be­güns­tigt. An­geb­lich, da­mit hier die Mie­ten be­grenzt blei­ben. Mit der Fol­ge, dass al­lein in Köln 700 000 Qua­drat­me­ter, in Düs­sel­dorf 1 Mio, in Ber­lin 1,5 Mio Qua­drat­me­ter Bü­ro­flä­chen auf ih­re Nut­zung war­ten. Be­züg­lich Wohn­raum ist es ge­nau um­ge­kehrt. Da wird nicht das Vor­hal­ten, son­dern der Ab­riss von leer­ste­hen­dem Wohn­raum sub­ven­tio­niert. Das hat of­fen­kun­dig den Zweck, das Sin­ken von Mie­ten zu ver­hin­dern. Die­se Po­li­tik ist um­zu­keh­ren. Aber char­mant ist auch die Idee, leer­ste­hen­de Bü­ros in Woh­nun­gen um­zu­wan­deln.

 

­Lie­be Ge­nos­sin­nen und Ge­nos­sen,

Im Au­gust 2012 wur­de ei­ne Pe­s­tel-Stu­die ver­öf­fent­licht, die den Be­darf an So­zi­al­woh­nun­gen in Deutsch­land un­ter­sucht hat. Der Auf­trag kam von ei­ner Woh­nungs­bau-In­itia­ti­ve, hin­ter der die IG BAU, der Bund Deut­scher Bau­meis­ter, Ar­chi­tek­ten und In­ge­nieu­re (BDB), der Bun­des­ver­band Deut­scher Bau­stoff-Fach­han­del, die Deut­sche Ge­sell­schaft für Mau­er­werks- und Woh­nungs­bau so­wie der Deut­sche Mie­ter­bund ste­hen.

 

­Der Be­darf an So­zi­al­woh­nun­gen wur­de im Sep­tem­ber 2001 vom Bun­des­tag en­ger ge­fasst. Nun­mehr gilt: »Ziel­grup­pe der so­zia­len Wohn­raum­för­de­rung sind Haus­hal­te, die sich am Markt nicht an­ge­mes­sen mit Wohn­raum ver­sor­gen kön­nen und auf Un­ter­stüt­zung an­ge­wie­sen sind«.

 

­Die­se Stu­die er­rech­net bei 40 Mio Haus­hal­ten in Deutsch­land 7,15 Mio Be­darfs­trä­ger (= 18%), sub­tra­hiert in­des da­von die Zahl der Haus­hal­te, die im länd­li­chen Raum kei­ne Schwie­rig­kei­ten bei der kos­ten­güns­ti­gen Wohn­raum­ver­sor­gung hät­ten. Es ver­blei­be ein Be­darf in Hö­he von 5,6 Mio Woh­nun­gen (=14%). Die­sem Be­darf steht ein schwin­den­der Be­stand ge­gen­über. Von 2002 ist er von 2,47 Mio auf 1,66 Mio So­zi­al­woh­nun­gen im Jahr 2010 zu­rück­ge­gan­gen und wird bei ei­nem jähr­li­chen Rück­gang von 100 000 Woh­nun­gen En­de 2012 bei 1,5 Mio ge­le­gen ha­ben. Selbst nach die­ser vor­sich­ti­gen Rech­nung blei­ben 3 von 4 An­spruchs­be­rech­tig­ten un­ver­sorgt.

 

­Lie­be Ge­nos­sin­nen und Ge­nos­sen,

im April ver­gan­ge­nen Jah­res tag­te der Städ­te­tag hier in Frank­furt. Er for­mu­lier­te vier po­li­ti­sche Schwer­punk­te: Eu­ro­pa stär­ken – Was­ser­pri­va­ti­sie­rung ver­hin­dern – Miet­preis­an­stieg und Woh­nungs­man­gel dämp­fen – Kom­mu­nal­haus­hal­te nicht über­for­dern.

 

Chris­ti­an Ude – es war sei­ne letz­te Amts­hand­lung als Prä­si­dent des Städ­te­tags – nahm die La­ge auf dem Woh­nungs­markt aufs Korn. Er stell­te fest, dass 2011 die durch­schnitt­lich ver­lang­ten Mie­ten für frei­en Wohn­raum in den 20 Städ­ten mit den höchs­ten Stei­ge­rungs­ra­ten um 5 bis 10 Pro­zent ge­stie­gen sei­en. Die­ser Preis­an­stieg ha­be sich 2012 fort­ge­setzt. Ude sag­te:

»Mie­te­rin­nen und Mie­ter in Städ­ten mit ex­plo­die­ren­den Miet­prei­sen brau­chen mehr Schutz vor über­zo­ge­nen, wirt­schaft­lich nicht be­gründ­ba­ren Miet­stei­ge­run­gen so­wohl bei be­ste­hen­den Miet­ver­trä­gen als auch bei neu­en Miet­ver­trä­gen für Bau­ten im Be­stand. Ak­tu­ell stei­gen die Mie­ten in vie­len Groß­städ­ten so ra­sant, dass be­son­ders Haus­hal­te mit ge­rin­gem Ein­kom­men über­for­dert sind und so­gar Fa­mi­li­en mit mitt­le­ren Ein­kom­men in Schwie­rig­kei­ten kom­men. Hier sind punkt­ge­nau wir­ken­de ge­setz­li­che Re­ge­lun­gen nö­tig, da­mit Spe­ku­lan­ten an sol­chen über­hitz­ten Woh­nungs­märk­ten kei­ne Chan­ce ha­ben.«

 

­Un­ter an­de­rem schlug er vor, und ihr wer­det die­se Vor­schlä­ge wie­der­er­ken­nen: Miet­erhö­hun­gen soll­ten bei Wie­der­ver­mie­tung in Re­gio­nen mit an­ge­spann­ten Woh­nungs­märk­ten – lo­kal dif­fe­ren­ziert durch Rechts­ver­ord­nun­gen der Län­der – auf 10 Pro­zent ober­halb der orts­üb­li­chen Ver­gleichs­mie­te zu­nächst für die Dau­er von fünf Jah­ren be­schränkt wer­den. Die Mak­ler­kos­ten soll­te bei der Woh­nungs­ver­mitt­lung der­je­ni­ge tra­gen, der den Mak­ler be­auf­tragt hat.

 

In der Fol­ge die­ses Städ­te­tags ha­ben sich vie­ler­orts schon die Stadt­par­la­men­te ge­rührt und Maß­nah­men be­schlos­sen. Der Köl­ner Stadt­rat will bei­spiels­wei­se den so­zia­len Woh­nungs­bau an­kur­beln und hat zwecks Er­halt so­zi­al ge­misch­ter Stadt­tei­le am 17. De­zem­ber zwei Maß­na­men be­schlos­sen

  • das »Ko­ope­ra­ti­ve Bau­land­mo­dell«
  • ein Son­der­pro­gramm »Be­zahl­ba­ren Wohn­raum si­chern – In­ves­to­ren mo­ti­vie­ren – Son­der­pro­gramm auf­le­gen.«

 

­Wir ha­ben uns in Köln zu die­sen Maß­nah­men ei­ne Mei­nung ge­bil­det. Sie die­nen of­fen­kun­dig zur Be­ru­hi­gung ei­ner mitt­ler­wei­le auf­ge­brach­ten Öf­fent­lich­keit und wer­den sonst we­nig Wir­kung zei­gen. Aber wir wol­len uns heu­te auch mit den bür­ger­li­chen woh­nungs­po­li­ti­schen Kon­zep­ten aus­ein­an­der­set­zen, mit den Täu­schun­gen ei­ner Miet­preis­brem­se und den meist hilf­lo­sen An­sät­zen, den so­zia­len Woh­nungs­bau wie­der zu be­le­ben. Wir soll­ten dar­über be­ra­ten, wie wir uns an den Be­we­gun­gen ge­gen die Woh­nungs­not be­tei­li­gen und wie wir in die­sen Be­we­gun­gen »die Ei­gen­tums­fra­ge, wel­che mehr oder min­der ent­wi­ckel­te Form sie auch an­ge­nom­men ha­ben mö­ge, als die Grund­fra­ge der Be­we­gung« (Kom­mu­nis­ti­sches Ma­ni­fest, MEW 4, 492) her­vor­he­ben.

 

In die­sem Zu­sam­men­hang möch­te ich auf die Be­deu­tung der Bo­den­spe­ku­la­ti­on hin­wei­sen. Dar­über ist schon lan­ge ei­ne De­bat­te nö­tig. Wir müs­sen die Fra­ge nach dem Bo­den­recht wie­der auf­wer­fen, die in den sieb­zi­ger Jah­ren in Schwung ge­kom­men war. Grund und Bo­den ge­hö­ren in Ge­mein­ei­gen­tum.

 

Ein Bei­spiel aus Köln und Um­ge­bung. In der Süd­stadt gab es vor­mals ei­ne Braue­rei. Seit ei­ni­gen Jah­ren ist das Ge­län­de platt. Es liegt brach. Ge­plant war hier ein Neu­bau der Fach­hoch­schu­le Köln. Was ist pas­siert?

 

Im Früh­jahr 2008 hat­ten Be­tei­li­gungs­fir­men der Bau­wens-Grup­pe ein Teil­stück die­ses Ge­län­des für 23 Mil­lio­nen Eu­ro ge­kauft und we­ni­ge Mo­na­te spä­ter für 33,4 Mil­lio­nen an das Land – ge­nau­er: an den Bau- und Lie­gen­schafts­be­trieb (BLB) NRW – ver­kauft.

 

­Die­ses lu­kra­ti­ve Ge­schäft kam im­mer­hin im Mai 2009 im Land­tag zur Spra­che. Rütt­gers (CDU) war noch Mi­nis­ter­prä­si­dent von NRW. Die da­ma­li­ge Op­po­si­ti­on woll­te die Grund­stücks­ge­schäf­te von Paul Bau­wens-Ade­nau­er und Pa­trick Ade­nau­er be­leuch­ten. Die Ab­ge­ord­ne­ten in­ter­es­sier­te, wie ein Grund­stück in nur acht Wo­chen 10,5 Mil­lio­nen Eu­ro teu­rer wer­den konn­te. Auch die Staats­an­walt­schaft Wup­per­tal in­ter­es­sier­te die­se Fra­ge. Zwei Jah­re spä­ter muss­te der neue Fi­nanz­mi­nis­ter Wal­ter-Bor­jans »Ver­stö­ße ge­gen die Lan­des­haus­halts­ord­nung« vor dem Haus­halts- und Fi­nanz­aus­schuss des Land­ta­ges ein­ge­ste­hen. Ge­gen­wär­tig ist ein Un­ter­su­chungs­aus­schuss im­mer noch mit der Fra­ge be­schäf­tigt, wie der Be­schluss zur Ver­la­ge­rung der FH zu­stan­de ge­kom­men ist und »wer letzt­end­lich in wel­cher Form von dem be­schrie­be­nen Ab­lauf des Ver­fah­rens pro­fi­tiert hat.«

 

Zu die­sem De­tail hat­te am 21. Mai 2009 der Köl­ner Stadt­an­zei­ger noch mit­ge­teilt:

»Be­reits An­fang Mai 2008 soll es ein zwei­tes Werk­statt­ge­spräch im Zu­sam­men­hang mit der Er­stel­lung des städ­te­bau­li­chen Mas­ter­plans ge­ge­ben ha­ben, den IHK-Prä­si­dent Paul Bau­wens-Ade­nau­er in­iti­iert hat und der die Neu­bau­ten für die Fach­hoch­schu­le im Köl­ner Sü­den vor­schlägt.«

 

Bau­wens-Ade­nau­er und sein Un­ter­neh­men sind In­itia­to­ren wei­te­rer Pro­jek­te in Köln. Mit dem Mas­ter­plan las­sen sie lang­fris­tig an­ge­leg­te Bau­pro­jek­te ent­wi­ckeln und pri­va­ti­sie­ren ge­wis­ser­ma­ßen die Stadt­pla­nung in Köln.

 

­Paul Bau­wens-Ade­nau­er ist auch sonst ein mäch­ti­ger Mann. Er ist Prä­si­dent der In­dus­trie- und Han­dels­kam­mer zu Köln. Au­ßer­dem lei­tet er als Prä­si­dent die IHK NRW – Die In­dus­trie- und Han­dels­kam­mern in Nord­rhein-West­fa­len e. V., ist Vi­ze­prä­si­dent des Deut­schen In­dus­trie- und Han­dels­kam­mer­ta­ges (DIHK) und au­ßer­dem Vor­sit­zen­der des Wirt­schafts­ra­tes der CDU in NRW.

 

­Die Du­mont-Pres­se (Köl­ner Stadt­an­zei­ger, Köl­ni­sche Rund­schau, Ex­press) ist in die­ser Fra­ge schon seit län­ge­rer Zeit nicht mehr sehr mit­teil­sam. Sie geizt mit In­for­ma­tio­nen über das Ge­schäfts­mo­dell der Ade­nau­er-En­kel. Aber un­ter­des­sen sind die neue Lan­des­re­gie­rung und der Köl­ner Stadt­rat über­ein­ge­kom­men, die Fach­hoch­schu­le in Deutz zu las­sen. Jetzt sitzt das Land auf ei­nem teu­ren Grund­stück und ist rat­los, was da­mit ge­sche­hen soll. Man könn­te sa­gen, im­mer­hin hat hier, wenn auch zu ei­nem et­was über­teu­er­ten Preis ei­ne Ver­staat­li­chung vor­mals pri­va­ten Ge­län­des statt­ge­fun­den.

 

­Der Vor­schlag der DKP-Grup­pe Köln In­nen­stadt lau­tet: zu­nächst soll­te der Land­tag, um wei­te­ren Scha­den zu ver­mei­den, die schul­di­ge Un­ter­neh­mens­grup­pe auf­lö­sen und sie ent­spre­chend Ar­ti­kel 27,2 der Lan­des­ver­fas­sung (»Zu­sam­men­schlüs­se, die ih­re wirt­schaft­li­che Macht miss­brau­chen, sind zu ver­bie­ten«) ent­schä­di­gungs­los ent­eig­nen.

 

­So­dann soll­te das Land NRW zu­sam­men mit der Stadt Köln an­stel­le des nun­mehr ins Au­ge ge­fass­ten Jus­tiz­zen­trums Ge­schoss­woh­nun­gen auf das Grund­stück stel­len und güns­tig ver­mie­ten – ent­spre­chend Ar­ti­kel 29,2 der Lan­des­ver­fas­sung: »Das Land hat die Auf­ga­be, nach Ma­ßga­be der Ge­set­ze neue Wohn- und Wirt­schafts­heim­stät­ten zu schaf­fen […]«. Von Jus­tiz­zen­tren ist dort ja nicht die Re­de.

 

Ei­ne sol­che Maß­nah­me könn­te aber den Woh­nungs­markt ent­span­nen und pri­va­te Ver­mie­ter zur Min­de­rung ih­rer Mie­ten ver­lo­cken.

 

Auch der Bau- und Lie­gen­schafts­be­trieb des Lan­des (BLB) hät­te mit die­ser Maß­nah­me ei­ne schö­ne Auf­ga­be. Der BLB ist noch nicht sehr alt. Das Bau- und Lie­gen­schafts­be­triebs­ge­setz – BLBG – ist am 12. De­zem­ber 2000 ver­ab­schie­det wor­den, we­ni­ge Mo­na­te, nach­dem Wolf­gang Cle­ment als Mi­nis­ter­prä­si­dent, da­mals noch SPD, wie­der­ge­wählt wor­den war. Nach die­sem BLBG hat der BLB »die Auf­ga­be, Grund­stü­cke und grund­stücks­glei­che Rech­te für Zwe­cke des Lan­des nach kauf­män­ni­schen Grund­sät­zen zu er­wer­ben, zu be­wirt­schaf­ten, zu ent­wi­ckeln und zu ver­wer­ten und da­bei die bau­po­li­ti­schen Zie­le des Lan­des zu be­ach­ten.« (§ 2,1 BLBG).

 

­Ge­mäß der For­de­rung nach »Be­ach­tung der bau­po­li­ti­schen Zie­le des Lan­des« soll­te nach un­se­rer Vor­stel­lung der BLB statt Pri­va­ti­sie­run­gen vor­zu­be­rei­ten den eben er­wähn­ten Ar­ti­kel 29,2 der Lan­des­ver­fas­sung mit Le­ben fül­len.

 

­Die ge­sell­schaft­li­che Rea­li­tät sieht lei­der an­ders aus. Es sind be­mer­kens­wert ge­stie­ge­ne Kos­ten beim Duis­bur­ger Lan­des­ar­chivs, dem Er­wei­te­rungs­bau des Po­li­zei­prä­si­di­ums Köln-Kalk, der Fach­hoch­schu­le Köln und dem Kauf des Schlos­ses Kel­len­berg an­ge­fal­len. Das fiel im De­zem­ber 2010 auf. Nun er­mit­telt seit Jah­ren die Wup­per­ta­ler Staats­an­walt­schaft ge­gen füh­ren­de BLB-Mit­ar­bei­ter we­gen des Ver­dachts der Be­stech­lich­keit und Un­treue. Die Er­mitt­ler ge­hen von ei­nem drei­stel­li­gen Mil­lio­nen-Scha­den für das Land aus. Der Land­tag woll­te wis­sen, wer die po­li­ti­sche Ver­ant­wor­tung für die Kos­ten­ex­plo­si­on trägt und war­um auf­fäl­lig oft pri­va­te In­ves­to­ren beim Grund­stücks­kauf dem Land zu­vor­ka­men.

 

Im Mai 2011 wur­de ein Un­ter­su­chungs­aus­schuss vom Land­tag ein­ge­setzt, der die Ge­schäf­te des BLB und die Kos­ten­stei­ge­run­gen bei den ge­nann­ten Bau­ob­jek­ten un­ter­su­chen soll­te. Er hat­te et­was mehr als ein Jahr Zeit da­zu. Bis zur Auf­lö­sung des Land­tags am 14. März 2012 konn­te der Un­ter­su­chungs­aus­schuss aber noch kei­ne Er­geb­nis­se vor­le­gen.

 

­Nach den Neu­wah­len im Mai 2012 setz­te der neue Land­tag in sei­ner Sit­zung am 13. De­zem­ber 2012 er­neut ei­nen Un­ter­su­chungs­aus­schuss ein. Die Auf­ga­ben wur­den er­wei­tert, jetzt ging es um wei­te­re Vor­gän­ge, et­wa beim Vo­da­fo­ne-Hoch­haus in Düs­sel­dorf und beim Lan­des­be­hör­den­haus Bonn.

 

Am 21. De­zem­ber 2013, drei Jah­re nach der ers­ten Kon­sti­tu­ie­rung des BLB-Un­ter­su­chungs­aus­schus­ses, konn­te man in der Köl­ni­schen Rund­schau le­sen:

»Mit der Ver­neh­mung des ers­ten Zeu­gen ist der Un­ter­su­chungs­aus­schuss des NRW-Land­tags zu ver­däch­ti­gen Im­mo­bi­li­en­de­als in die hei­ße Pha­se ge­star­tet. Schon bei der ers­ten Fra­ge war ges­tern al­ler­dings Schluss für al­le Be­ob­ach­ter: Staats­an­walt Ole Ei­cker aus Wup­per­tal durf­te öf­fent­lich nicht ein­mal be­ant­wor­ten, ob die Kor­rup­ti­ons­er­mitt­lun­gen, in die er seit Jah­ren ein­ge­bun­den ist, noch an­dau­ern. Ei­ne Fra­ge, die die Be­hör­de je­dem Jour­na­lis­ten be­ant­wor­tet, der sie stellt: ›Ja, sie dau­ern noch an und sind schon weit fort­ge­schrit­ten.‹

­Der zä­he Ein­stieg in die Auf­klä­rungs­ar­beit ver­deut­licht die Pro­ble­me des Aus­schus­ses, der sich ein Jahr lang weit­ge­hend mit Ver­fah­rens­fra­gen be­schäf­tigt hat. Be­stand­tei­le der Er­mitt­lungs­ak­ten ste­hen nicht zur Ver­fü­gung, an­de­re sind als ver­trau­lich ein­ge­stuft, und die ent­schei­den­den Fi­gu­ren der Af­fä­re kön­nen sich oh­ne­hin auf ihr Schwei­ge­recht be­ru­fen.«

So­weit aus dem Be­richt der Köl­ni­schen Rund­schau.

 

Ich kom­me noch mal auf En­gels zu­rück. Er hält die Woh­nungs­not für »ein not­wen­di­ges Er­zeug­nis der bür­ger­li­chen Ge­sell­schafts­form«. Er sagt, dass

»die ei­ne Ge­sell­schaft nicht oh­ne Woh­nungs­not be­ste­hen kann, in der die gro­ße ar­bei­ten­de Mas­se auf Ar­beits­lohn, al­so auf die zu ih­rer Exis­tenz und Fort­pflan­zung not­wen­di­ge Sum­me von Le­bens­mit­teln, aus­schlie­ß­lich an­ge­wie­sen ist; in der fort­wäh­rend neue Ver­bes­se­run­gen der Ma­schi­ne­rie usw. Mas­sen von Ar­bei­tern au­ßer Ar­beit set­zen; in der hef­ti­ge, re­gel­mä­ßig wie­der­keh­ren­de in­dus­tri­el­le Schwan­kun­gen ei­ner­seits das Vor­han­den­sein ei­ner zahl­rei­chen Re­ser­ve­ar­mee von un­be­schäf­tig­ten Ar­bei­tern be­din­gen, and­rer­seits zeit­wei­lig die gro­ße Mas­se der Ar­bei­ter ar­beits­los auf die Stra­ße trei­ben; in der Ar­bei­ter mas­sen­haft in den gro­ßen Städ­ten zu­sam­men­ge­drängt wer­den, und zwar ra­scher, als un­ter den be­ste­hen­den Ver­hält­nis­sen Woh­nun­gen für sie ent­stehn, in der al­so für die in­fams­ten Schwei­ne­stäl­le sich im­mer Mie­ter fin­den müs­sen; in der end­lich der Haus­be­sit­zer, in sei­ner Ei­gen­schaft als Ka­pi­ta­list, nicht nur das Recht, son­dern, ver­mö­ge der Kon­kur­renz, auch ge­wis­ser­ma­ßen die Pflicht hat, aus sei­nem Haus­ei­gen­tum rück­sichts­los die höchs­ten Miet­prei­se her­aus­zu­schla­gen. In ei­ner sol­chen Ge­sell­schaft ist die Woh­nungs­not kein Zu­fall, sie ist ei­ne not­wen­di­ge In­sti­tu­ti­on, sie kann mit­samt ih­ren Rück­wir­kun­gen auf die Ge­sund­heit usw. nur be­sei­tigt wer­den, wenn die gan­ze Ge­sell­schafts­ord­nung, der sie ent­springt, von Grund aus um­ge­wälzt wird.« (MEW 18, 236)

 

Historische Darstellung: He­ra­kles kämpft mit der Hydra.

Ich wer­de jetzt nicht über das Ver­hält­nis von Re­form und Re­vo­lu­ti­on rä­so­nie­ren. Statt­des­sen ist das fol­gen­de viel­leicht hilf­reich: schon in der fran­zö­si­schen Re­vo­lu­ti­on wur­de von den Ja­ko­bi­nern für das al­te Re­gime das Bild ei­ner Hy­dra ver­wandt, die das Volk als He­ra­kles zu be­sie­gen hat­te. Die ler­näi­sche Hy­dra der grie­chi­schen My­tho­lo­gie war ein Schlan­gen­un­ge­heu­er mit neun Köp­fen. Für je­den ab­ge­schla­ge­nen wuch­sen so­gleich zwei an­de­re nach. Der Kopf in der Mit­te war zu­dem un­sterb­lich. He­ra­kles konn­te schlie­ß­lich den Sieg er­rin­gen, in dem er nach dem Ab­schla­gen der Köp­fe die Häl­se mit­tels Fa­ckel aus­brann­te. Ovid lä­sst ihn sa­gen (Me­ta­mor­pho­sen, Buch IX, 192/193, Über­set­zung Erich Rösch):

[…] nec pro­fuit hy­dra­e
­cre­sce­re per dam­num ge­mi­nas­que re­su­me­re vi­res.

 

(Nicht hat der Hy­dra ge­nutzt,
durch Scha­den zu wach­sen und nicht, ih­re Kräf­te stets zu ver­dop­peln.)

 

Klaus Stein, 22. März 2014
Bild: Archiv Kulturvereinigung

 


Wohnungs- und mietenpolitische Konferenz der DKP