Politik
Leere Häuser in Ha-Neu
Seit 25 Jahren verkommt sozialer Wohnraum in Halle-Neustadt
In DDR Zeiten wurden für die Werktätigen der Leuna-Werke Wohnhäuser mit modernen Wohnungen gebaut – die teuerste kostete 158 Mark Miete – heute sind sie in Privatbesitz und stehen leer.
Wolfgang Gleibe schreibt dazu: Seit über 33 Jahren besuchte ich meine alte Heimatstadt Halle-Neustadt oder Ha-Neu wie die Einheimischen sagten. Vieles was seit 1964 mit Kreativität, Mühe und Fleiß entstand, sah ich heute mit neuen Augen und fotografierte viel, um meinem neuen Freundeskreis im Westen zu zeigen und zu erzählen, wie es damals zu DDR-Zeiten wirklich war.
Die Plattenbauten, die im westlichen Teil unserer Heimat «günstige Sozialbauten» genannt wurden, sind seitdem zurückgebaut und farblich gestaltet worden.
Mir fiel jetzt auf, dass die Scheiben der Hochhäuser A,B,C,D und E leer waren. Es sassen massenhaft Tauben und Dohlen im Gemäuer und auf den Balkonen und die Fenster waren tot. Die Häuser stehen leer!
Zu DDR-Zeiten wohnten hinter diesen Fenstern ca. 1300 Menschen – würdig und preiswert. Wie gesagt, kostete die teuerste Wohnung damals ca.158 Mark der DDR.
Als ich mit Bürgern ins Gespräch kam, erfuhr ich, dass das Interhotel in Halle (jetzt Hotel «Maritim») nur noch mit Flüchtlingen belegt ist und deswegen 80 Mitarbeiter des Hauses entlassen worden seien. Die Bürger, die wegen dieser Flüchtlingsfrage stritten, wurden allerdings nachdenklich, als ein anderer Bürger zu bedenken gab, daß es im August 1944 in Deutschland 5,7 Millionen registrierte ausländische Zwangsarbeiter gab, die für die deutsche Industrie schufften mussten und dass es nach dem verlorenen Krieg bei der zweiten Volkszählung am 1. September 1950 in den westlichen Besatzungszonen 16,5% Zugewanderte resp. Umsiedler oder auch unter dem Begriff «Heimatvertriebene» gab.
Mit Unterstützung des Bundes könnte die Stadt Halle o.g. Wohnraum in der nächsten Zeit doch Flüchtlingen zur Verfügung stellen. Schulen, medizinische Einrichtungen, Kaufmöglichkeiten und ein sehr guter Nahverkehr – alles vorhanden.
Text und Fotos: Wolfgang Gleibe
Nachtrag: «In zwei Gebäuden in Halle-Neustadt sollen ab November dieses Jahres bis zu 300 Asylbewerber unterkommen. Der Platz wird laut Verwaltung dringend benötigt.
Der Stadtrat in Halle hat am Mittwochabend, dem 23. September 2015, in einer nicht öffentlichen Sitzung mehrheitlich entschieden, dass zwei Plattenbauten in Neustadt künftig als Wohnheime für Asylbewerber dienen werden. Die privaten Besitzer hatten ihre Gebäude der Stadt angeboten. Dabei handelt es sich um Häuser nahe der Magistrale.»
Mitteldeutsche Zeitung, Halle/Saalekreis
Weitere Informationen:
- Rund 300 Asylbewerber ziehen nach Halle-Neustadt Mitteldeutsche Zeitung
- Die Story im Ersten: Der Ost-West-Report Mediathek-Video