Politik
Wie Helmut Kohls treue Hand den Osten zum Blühen brachte
Enteignet und betrogen
Kohl hatte 1990 verbreiten lassen, die DDR sei »in wenigen Tagen völlig zahlungsunfähig«.
«Selbst der FDP-Vorsitzende Otto Graf Lambsdorff nannte dies ‹schlichte Brandstiftung›. Doch als am 1. Juli die stolze DM die Aluchips der DDR eins zu eins ersetzte, brannte das Land bald lichterloh. Das sei so ähnlich, erklärte der damalige Bundesbank-Präsident Karl Otto Pöhl, wie wenn man die DM in Österreich einführen und den Schilling eins zu eins umstellen würde. Da der Wert des Schillings nun mal bei vierzehn Pfennigen lag, wäre das eine Aufwertung von 700 Prozent, und die österreichische Wirtschaft läge am Boden. Jeder würde sagen, sie sei Schrott gewesen, denn Österreich habe ja nun mit der DM die härteste Währung der Welt.
Und so geschah es. Kohl griff sich die Treuhand, setzte dort seine Freunde in den westdeutschen Konzernen als Abwickler der volkseigenen Betriebe ein. Sie schalteten die ostdeutsche Konkurrenz auf dem Weltmarkt aus. Das hochmoderne Kaliwerk in Bischofferode – es konkurrierte mit der Kohl eng verbundenen BASF auf dem Weltmarkt – wurde ganz einfach dichtgemacht. Überall in der nun verehemaligten DDR blühte die bisher dort unbekannte Arbeitslosigkeit empor. Und als die Treuhand ihre Abdeckerarbeit beendigt hatte, waren 85 Prozent der Betriebe in westdeutscher und nur noch fünf Prozent in ostdeutscher Hand, die restlichen zehn Prozent übernahm das Ausland.»
Otto Köhler
Leseprobe aus: jungeWelt
Ausgabe vom 11.02.2017
Seite 3 / Schwerpunkt
Foto: Bundesarchiv, Bild 183-1990-0721-006
Hirschberger, Ralph CC BY-SA 3.0 de, Link