Lustige Begebenheit nach der Wahl

Leserbrief

Für die, die es nicht wissen können:
Ich wohne in einer kleinen Siedlung im Kölner Süden, bestehend aus vielleicht 25 oder 30 Einfamilienhäusern, alles Doppelhaushälften. Mein Nachbar, ein sehr netter organisierter Sozialdemokrat bekam heute morgen die von ihm nächtens aufgehängten – vergeblichen – Wahlplakate seiner 15-%-SPD vor die Tür gekippt, damit er sie an einem dafür vorgesehenen Container entsorgen kann – die SPD setzt offensichtlich voraus, dass ihre Mitglieder Autos besitzen, also keine Hartzer sind. …

Darüber kamen wir ins Gespräch. Er sagte mir auf den Kopf zu, ich hätte bei der – eigentlich völlig unwichtigen – EU-Parlamentswahl aber komisch gewählt (er hatte also auch an der Auszählung teilgenommen). Vorwurf: Ich hätte DKP gewählt, sprach er. Ich wagte gar nicht erst zu leugnen.

Zwar ist die DKP mir seit 1968 wohlbekannt, aber ihr ganz großer Freund wurde ich nie. Ich wählte sie erstmals und diesmal am Sonntag tatsächlich, um ihr ein paar Euro für die Stimme zu verschaffen. Besser als Geldspenden für völlig überflüssigen Parteien wie FDP, CDU-CSU oder SPD und die vielleicht weniger überflüssigen Parteien wie die «Linke», so dachte ich mir. Dass das EU-Parlament nie etwas würde entscheiden können, war mir aber – wie vielen anderen – von vorn herein klar. (Jetzt dämmert es ja vielleicht vielen EU-Besoffenen, dass das Tauziehen hinter den Kulissen um die Kommissionspräsidentschaft ganz ohne Parlament verläuft).
 
Aber was mein netter Nachbar dann sagte, haute mich doch um. Er sagte, dass er wisse, dass ich «linke Neigungen» hätte. Und in unserem Wahlbezirk hätte es nur eine einzige Stimme für die DKP gegeben, und das sei beim Auszählen der Wahlergebnisse aufgefallen. Es sei auch besonders protokolliert worden. …
 
Nun gut, ich bin 77 Jahre alt und hoffe, dass der Verfassungsschutz Gnade walten lässt.
 
Tja, das ist das Wahlgeheimnis.
Übrigens: Die DKP hat lächerliche 20.000 Stimmen gegenüber den vorherigen Wahlen, wo sie noch ca. 25.000 Stimmen ergattern konnte. …

 

harrisürth
Foto: Bundesarchiv
B 145 Bild-F011303-0009
Steiner, Egon
CC BY-SA 3.0 de, Link

Wir haben nichts weggelassen, die Auslassungszeichen stammen vom Verfasser. (Redaktion)