Antifaschismus

Vom gemeinsamen «Nie wieder!»

Friedens­bewegung und antifaschistische Kräfte sollten sich wiedervereinen

Porträt Ulrich Sander.



20.02.2016 | Nach Gründen für eine unzulängliche Entwicklung der Friedensbewegung wird seit langem gesucht. Warum kann sie nicht an Größe und Breite von früher anknüpfen, wird gefragt. Dabei wird ein wichtiger Faktor meist übersehen. Bis vor eineinhalb Jahrzehnten waren Friedensbewegung und antifaschistische Bewegung unter der Losung «Nie wieder Faschismus und nie wieder Krieg! Vereint». Das ist schon lange nicht mehr so.

Wie können wir die Friedens- und Antifabewegung wieder vereinen, die auseinandergingen als 1999 Fischer/Scharping von einem «Nie wieder Auschwitz» sprachen, um Kriege zu rechtfertigen? Damals haben Antifaschisten wie Peter Gingold und Kurt Goldstein eine Aufsehen erregende Erklärung abgegeben: «Gegen die neue Art der Auschwitzlüge», die von zahlreichen Holocaustüberlebenden unterzeichnet wurde, die sich damit gegen den Krieg der NATO und auch Deutschlands gegen Restjugoslawien wandten.

Doch auch viele gutmeinende Grüne und Sozialdemokraten waren nun für den Krieg gegen den «neuen Hitler» und fanden das irgendwie antifaschistisch. Wenn auch die späteren «Hitlernachfolger» z.B. in Libyen und dem Irak den Menschen weniger als das Böse an sich einleuchteten, so kam doch die Einheit der Bewegungen nie wieder zustande.

In den Städten ruft man heute «Bunt statt braun», und wir fügen hinzu, aber leider noch nicht so erfolgreich wie nötig: «…und olivgrün». Der Antifaschismus stellt heute in den Städten die größte demokratische Bewegung dar, und dies wurde noch verstärkt als mit der «Willkommenskultur» zahlreiche antirassistische Kräfte hinzustießen. Doch der zivilgesellschaftliche, auch bürgerliche Antifaschismus ist nicht bundesweit wirksam, nur städtisch vorhanden. Allerdings beginnt dieser Antifaschismus auch wieder mehr friedenspolitisch wirksam zu werden, denn die Forderung nach Beseitigung der Fluchtursachen zielt auf die Vermeidung von militärischen Auseinandersetzungen, wenn sie einen Sinn haben soll.

Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten versteht sich seit ihrer Gründung vor fast 70 Jahren sowohl als antifaschistisch als auch antimilitaristisch. Sie strebt die Wiederherstellung der einheitlichen Bewegung des «Nie wieder!» an. Sie hat jedoch keinesfalls je an eine Einheit unter Einschluss nach rechts offener Kräfte gedacht. Sie und die gesamte Antifabewegung waren sich einig, und viele ihrer Mitstreiter waren entsetzt, als es bei einigen Friedensgruppen zur Öffnung nach rechts kam. Einige Friedensbewegte sagten hingegen in aufgeregten Diskussionen: Aber wir müssen doch endlich die nötige Größe und Kraft wieder erringen wie annodazumal. Als einzige relativ große und besonders traditionsreiche Organisation positioniert sich die VVN-BdA nach wie vor als wirklich zu beiden Bewegungen gehörig. Es gelang, die Friedensbewegungen vom Kasseler Friedensratschlag wie von der Kooperation für den Frieden – letztere erst nach einigen Verwirrungen – sowohl von falschen Öffnungen abzuhalten als auch die antifaschistische und antimilitaristische Gemeinsamkeit vielfach herzustellen.

Alte Stärke und neue Kraft wird die Friedensbewegung erringen, wenn wir wieder Gewerkschaften dabei haben und wenigstens einige SPD- und Grüne Kräfte zurückgewinnen.

Die bisweilen furchterregenden Gewaltaktionen und Bewegungen der Rassisten auf den Straßen und Plätzen (Pegida) und auf dem Weg in die Parlamente (AfD), noch dazu mit Europa-weiter Begleitmusik, machen ebenso einen Aufschwung der antifaschistischen und Friedensbewegung nötig wie die sich überschlagenden Kriegsvorbereitungen auch in unserem Land. Denn auch die Regierungspolitik wird immer bedrohlicher, wenn sie sich auch noch so freundlich artikuliert, z.B.: Wir schaffen das. Kanzlerin Angela Merkel forderte am Auschwitzgedenktag 27. Januar anlässlich der Einweihung einer Ausstellung mit Bildern aus Vernichtungslagern: «Das, was geschehen ist, für immer im Gedächtnis zu behalten, das Andenken an die Opfer zu bewahren und uns mit ganzer Kraft für das Nie wieder! einzusetzen.» Leider setzte Merkel dieses «Nie wieder!» nicht auch der Kriegsbeteiligung entgegen. Und wenn Frau Merkel von der Beseitigung der Fluchtursachen spricht und dabei nicht auf den Krieg als zentrale Fluchtursache hinweist, dann muss ihr entsprechend geantwortet werden.

Über 130 Milliarden Euro will die Bundesregierung in den nächsten 15 Jahren ausgeben, um noch mehr Krieg zu führen. Dem haben Friedens- wie Antifabewegungen ihr «Nie wieder!» entgegenzusetzen.

Ulrich Sander
Bundessprecher der VVN-BdA
Quelle: kommunisten.de