Jugend

Griechische Kommunisten auf Spurensuche in Krefeld

Die November­revolution 1918 war
ein Anlauf für den Sozialismus

Jugendliche vor einer Plakat-Ausstellung im Freien.

[update] Ei­ne so aus­führ­li­che Aus­stel­lung über die deut­sche No­vem­ber­re­vo­lu­ti­on 1918 dürf­te es in Kre­feld bis­her wohl noch nicht ge­ge­ben ha­ben. Die­sen fun­dier­ten Ein­blick in die Ge­schich­te des Klas­sen­kamp­fes hat­te die Ju­gend­or­ga­ni­sa­ti­on KNE der Kom­mu­nis­ti­schen Par­tei Grie­chen­lands (KKE) auf­be­rei­tet. Be­glei­tet wur­de die Aus­stel­lung mit dem Ti­tel »Vom Krieg der Aus­beu­ter zur Ab­schaf­fung der Aus­beu­tung« von zahl­rei­chen Ge­sprächs­run­den, Work­shops und ei­nem phan­tas­ti­schen Büh­nen­pro­gramm. Die rund 100 Teil­neh­mer ka­men aus der Bun­des­re­pu­blik, aus den Nie­der­lan­den, aus Bel­gi­en und Frank­reich.

Dass ge­gen die Un­ter­drü­ckung zu kämp­fen auch im­mer be­deu­te, dass man ei­ne po­li­ti­sche Al­ter­na­ti­ve be­nen­nen müs­se, ver­deut­lich­te Zoi Pa­schal­dis, Mit­glied des Be­zir­kra­tes der KNE in Deutsch­land. So sei der Auf­stand der Ma­tro­sen in Kiel im No­vem­ber 1918 ge­gen die Fort­set­zung des im­pe­ria­lis­ti­schen Krie­ges ge­rich­tet ge­we­sen. Die Aus­ru­fung der »frei­en so­zia­lis­ti­schen Re­pu­blik Deutsch­land« durch Karl Lieb­knecht (Spar­ta­kus­bund) am 9. No­vem­ber vor dem Ber­li­ner Stadt­schloss sei das Zei­chen für die po­li­ti­sche Al­ter­na­ti­ve zum ver­faul­ten Sys­tem der Mon­ar­chie ge­we­sen. Die­ses Ziel sei zeit­gleich ver­ra­ten wor­den durch die Re­ak­ti­on, in­dem Phil­ipp Schei­de­mann (SPD) die bür­ger­li­che Re­pu­blik aus­rief, die die Macht­ver­hält­nis­se nicht an­tas­te­te. Zu­vor hat­te es ent­spre­chen­de Ab­spra­chen zwi­schen Fried­rich Ebert (SPD) und Max von Ba­den, dem letz­ten kai­ser­li­chen Reichs­kanz­ler, ge­ge­ben.

Zoi Pa­scha­li­di be­ton­te die Not­wen­dig­keit für ei­nen ge­mein­sa­men Kampf ge­gen die Aus­beu­tung und für den So­zia­lis­mus. Ihr herz­li­cher Dank galt der Un­ter­stüt­zung durch die DKP und die SDAJ bei der Vor­be­rei­tung die­ses Mee­tings.

Auch Kost­as Gut­zi­gi­an­nis, Se­kre­tär der Par­tei­or­ga­ni­sa­ti­on der KKE in Deutsch­land, be­ton­te die Al­ter­na­ti­ven zum be­ste­hen­den ka­pi­ta­lis­ti­schen Sys­tem der pa­ra­si­tä­ren Aus­beu­tung. Es kön­ne nicht um ei­nen »bes­se­ren Ka­pi­ta­lis­mus« ge­hen. Er kenn­zeich­ne­te die­se For­de­rung als so­zi­al­de­mo­kra­tisch. Fritz Tar­now hat­te schon 1931 auf dem SPD-Par­tei­tag ge­for­dert, dass die SPD »wenn der Pa­ti­ent rö­chelt«, Arzt am Kran­ken­bett des Ka­pi­ta­lis­mus sein müs­se. Gut­zi­gi­an­nis ver­deut­lich­te, dass die so­zi­al­de­mo­kra­ti­schen Kräf­te in Grie­chen­land heu­te wie­der die­se Po­si­ti­on ein­näh­men. Im Ver­bund von PA­SOK und Nea De­mo­kra­tia (ND) wer­de die von der Troi­ka vor­ge­ge­be­ne Aus­beu­tung des Vol­kes um­ge­setzt. Da­ge­gen set­ze die KKE auf ein Volks­bünd­nis. Ana­ly­siert wer­den müs­se, wann ei­ne re­vo­lu­tio­nä­re Si­tua­ti­on ent­spre­chend der De­fi­ni­ti­on von Le­nin vor­han­den sei. Nur der So­zia­lis­mus sei schlie­ß­lich die Al­ter­na­ti­ve zu ei­nem fau­len­den Ka­pi­ta­lis­mus.

Se­bas­ti­an Wohl­dorf über­brach­te im Auf­trag des SDAJ-Bun­des­vor­stan­des die so­li­da­ri­schen Grü­ße sei­nes Ver­ban­des. Er kri­ti­sier­te Ar­beits­lo­sig­keit, Mi­ni­jobs, Leih­ar­beit und un­be­zahl­te Prak­ti­ka, »Schul­den­brem­se«, Kür­zung desr so­zia­len In­fra­struk­tur und den Rot­stift bei Frei­zeit, Woh­nen, Ge­sund­heit, Bil­dung. Er ap­pel­lier­te an die in­ter­na­tio­na­le So­li­da­ri­tät der Ar­bei­ter­klas­se: »Es le­be die Freund­schaft zwi­schen SDAJ und KNE!«

Auch das Gruß­wort der DKP be­ton­te die Ge­mein­sam­kei­ten in den ideo­lo­gi­schen und po­li­ti­schen Aus­sa­gen bei­der Par­tei­en. Von Be­deu­tung sei ein ge­mein­sa­mes Han­deln, das die je­wei­li­gen Be­din­gun­gen in den ein­zel­nen Län­dern be­rück­sich­ti­ge. Zwi­schen der No­vem­ber­re­vo­lu­ti­on von 1918 und der im­pe­ria­lis­ti­schen Ge­gen­wart sei der Fa­schis­mus der tiefs­te Ein­schnitt für die Ar­bei­ter­klas­se ge­we­sen, in­dem sich der Ka­pi­ta­lis­mus in der Va­ri­an­te der of­fe­nen, ter­ro­ris­ti­schen Dik­ta­tur ge­zeigt ha­be: »Fa­schis­mus und bür­ger­li­che Re­ak­ti­on sind zwei Sei­ten ein und des­sel­ben Ka­pi­ta­lis­mus.« Auch aus der kon­kre­ten Aus­ein­an­der­set­zung mit der ge­mein­sa­men Ge­schich­te müss­ten Schluss­fol­ge­run­gen für ei­ne ge­mein­sa­me Zu­kunft ge­zo­gen wer­den. Das An­ge­bot der KNE mit Blick auf die deut­sche No­vem­ber­re­vo­lu­ti­on sei da­für ein her­vor­ra­gen­der Bei­trag.

Das Mee­ting in Kre­feld wur­de von her­vor­ra­gen­den kul­tu­rel­len Bei­trä­gen be­glei­tet. Ge­bo­ten wur­de ei­ne Brecht-Re­vue mit Tex­ten in deut­scher und grie­chi­scher Spra­che, mit bild­li­chen Um­set­zun­gen, mit be­ein­dru­cken­den mu­si­ka­li­schen Bei­spie­len. Am Abend; ge­konn­te Ad­ap­tio­nen zur volks­tüm­lich-pro­gres­si­ven grie­chi­schen Mu­sik mit Ge­sang, Gi­tar­re und Kla­vier. Und zum Schluss gab es bis weit in die Nacht »Sir­ta­ki«…

Text und Foto: Uwe Koopmann