Kultur

Der Tag von Gerresheim

Gemälde: «Düsseldorfer Arbeiter vor dem Magistrat».

Der Tag von Gerresheim

Der «Tag von Gerresheim», das war der 8. Oktober 1848. Es gärte im Revolutionsjahr. 5000 Düsseldorfer kamen zu einer Kundgebung nach Gerresheim. Anlass war der Vertrag von Malmö, mit dem Dänemark und Preußen am 26. September 1848 den Schleswig-Holsteinischen Krieg vorläufig beendeten. Das was seinerzeit ein politischer Aufreger, just die linken und demokratischen Kräfte versuchten die Ratifizierung des Vertrags zu verhindern.

Auf der Kundgebung sprachen

  • der Gerresheimer Arzt und Demokrat Peter Joseph Neunzig,
  • Ferdinand Lassalle, seinerzeit Mitglied des Bundes der Kommunisten und später Präsident des 1863 gegründeten Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (ADAV), Vorläufer der SPD
  • der Dichter Ferdinand Freiligrath, ebenfalls Kommunist, gerade mal vier Tage vorher aus der Haft entlassen, in die ihn das Gedicht «Die Toten an die Lebenden» gebracht hatte und
  • der Kommandeur der Düsseldorfer Bürgerwehr, Lorenz Cantador.

Aber als bekannt gegeben wurde, dass am Vortage der Düsseldorfer Stadtrat beschlossen hatte, die Arbeiten auf der Golzheimer Insel einzustellen und einige hundert Arbeiter zu entlassen, entstand großer Zorn. 1200 Demonstranten zogen hinter einer roten Fahne zurück nach Düsseldorf zum Rathaus. Am nächsten Tag konnten eine Abordnung dort ihre Forderungen vortragen. Am 10. Oktober brachte der Volksclub ein Flugblatt heraus, in dem es hieß:

«Es ist jedem Düsseldorfer schon bekannt geworden, daß die früher auf der Golzheimer Insel und zuletzt im Hofgarten beschäftigt gewesenen Arbeiter vergangenen Samstag plötzlich entlassen worden sind. Unter diesen Arbeitern sind viele Familienväter, deren hungernde Weiber und Kinder um Brod schreien.

Die menschliche Gesellschaft hat offenbar die Verpflichtung, Dem, der arbeiten will, Arbeit zu geben, sowie Dem, der nicht mehr arbeiten kann, Unterstützung angedeihen zu lassen. Die Pflicht, Arbeitsunfähige zu unterstützen, ist von jeher anerkannt und ausgeübt worden. Die Pflicht, Arbeitsfähigen Arbeit zu geben, ist nicht minder gebietend, ist von der Stadt Düsseldorf bisher für unabweisbar angesehen worden...»

Tatsächlich führte die Kampagne des Volkclubs «Bitte um Arbeit» zu einem Kompromiss und immerhin zu Kurzarbeit für die Betroffenen. Den Konflikt hat Johann Peter Hasenclever im gleichnamigen Bild (siehe oben) auch: «Düsseldorfer Arbeiter vor dem Magistrat» anschaulich gemacht. Das Bild gehört seit 1976 der Stadt Düsseldorf, die aber die Verfügung über ihre Sammlung der Stiftung Museum Kunstpalast, einer Public Private Partnership unter der Führung des Energiekonzerns E.on überlassen hat. Die Stiftung zeigt das Bild nicht. Womöglich möchte sie das Publikum vor Kenntnissen über das Revolutionsjahr 1848 bewahren.

Die Gerresheimer Stadtbibliothek hatte zu einer Veranstaltung aus Anlass des Jahrestags eingeladen. Mit 70 bis 80 Teilnehmern waren die Räumlichkeiten voll. Die Hintergründe des «Tags von Gerresheim» erläuterte der Historiker Peter Stegt. Klaus Grabenhorst ergänzte seinen Vortrag mittels Gesang und Rezitation auf das unterhaltsamste.

In Zeiten, in denen die Armut anschwillt, Kriege und Armut Fluchtbewegungen auslösen und die Rechtsentwicklung Fahrt aufnimmt, gilt es, namentlich die sozialen Menschenrechte gegen das Recht des Stärkeren zu verteidigen und an die revolutionären Tatsachen unserer Geschichte zu erinnern.

Text und Foto: Klaus Stein


«Bitte um Arbeit», Beitrag auf unseren Seiten.