Gerresheim
Dünne Informationen zur Dioxin-Verseuchung
DKP Gerresheim ging ALDI und LIDL an die Eier-Angebote
Als »anonyme Tester« untersuchte die DKP Gerresheim in Filialen von ALDI-Süd und LIDL-Deutschland das Spannungsverhältnis von Profiterwartung und Verbraucherschutz. Der »Untersuchungsgegenstand«: die dioxinverseuchten Eier. Das Ergebnis: ein Eiertanz der Informationspolitik.
Dem »Feldversuch« war die Untersuchung der Verlautbarungspolitik vorausgegangen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung übte beschwichtigend die Quadratur des Kreises: »Keine gesundheitliche Gefahr für Verbraucher«. Aber gleichzeitig hieß es, dass die überhöhten Dioxin-Werte »nicht gut« seien. (Die UZ berichtete)
Bei ALDI-Süd hieß es, dass sich »nach aktueller Sachlage keine Produkte mit erhöhtem Dioxingehalt im Verkauf befinden«. Gleichwohl werden »weitere umfangreiche Maßnahmen zur Qualitätsprüfung und -sicherung unserer Produkte eingeleitet«. Auch LIDL-Deutschland formuliert sehr vorsichtig: »Nach derzeitigem Kenntnisstand hat Lidl Deutschland keine Produkte mit erhöhtem Dioxingehalt im Verkauf.« Die »aktuelle Sachlage« und der »derzeitige Kenntnisstand« sind nicht unbedingt Zusagen für die weitere Entwicklung.
In den Filialen der Discountsupermarktkette gab es keine weitergehenden Informationen als die Vorgaben aus der Konzernzentrale. Da wurde wie bisher unterschieden zwischen Käfighaltung, Bodenhaltung und Freilandhaltung. Die umstrittene Käfighaltung war an der ersten »1« auf dem Eierstempel zu erkennen, allerdings wohl nicht von allen Kunden. Bei den Lidl-Eiern war das anders: Da gab es welche, die hatten nur einen kaum lesbaren Stempel, dafür aber den Aufdruck auf der Verpackung »Gut Frielingshof« und »aus Freilandhaltung« sowie »Herkunft siehe Stempel auf dem Ei.«
Im Internet findet sich der Hinweis, dass Gut Frielingshof« eher eine Phantasiebezeichnung ist. Der Eier-Code 1-IT-4005801 steht für den Betrieb »Azinde Agricola Manfredi de Blasiis« in 30020 Fossalta di Piave bei Venedig, Italien. Der Transport geht dann in die Niederlande nach Beekhuis zur Firma »Ovocare B.V.«. Ein weiteres Ziel: Inter-Ovo GmbH in Remseck. Hinweise auf die Eier-Transportwege finden sich nicht auf der Verpackung. Wohl aber deutliche Hinweise auf »Güteklasse 1« und »Kontrollierte Freilandhaltung KAT-Q«. Die Packstellennummer NL 499 ist allerdings fast nur mit der Lupe zu lesen.
Ein Aufdruck auf dem Eierkarton erklärt, was der Code auf einem Ei bedeutet. Da steht »0 = Bio/Öko«, »1 = Freilandhaltung« sowie 2 = Bodenhaltung« und »3 = Käfighaltung«. Diese »Haltungsformen« werden durch Buchstaben ergänzt, die das Erzeugerland angeben, also »NL = Niederlande« oder »AT = Österreich«. Die folgenden sechs Ziffern stehen für »Legebetrieb mit Stammnummer«. Diese angegebenen Ziffern sind aber nur »z.B.« und stehen somit nicht für die »Haltungsform« (1), das »Herkunftsland« (NL) sowie den »Legebetrieb mit Stallnummer« (1234501) der Eier in diesem Karton. Die Testeingabe beim Verein für kontrollierte Tierhaltungsformen erklärt zu dem angegebenen Code folgerichtig: »Uns liegen keine Angaben zu diesem Ei vor. Der Produzent dieses Eies ist uns nicht bekannt...«
Ein weiterer Versuch: Das Ei mit dem Code 1-NL-4358103 stammt demnach aus »Freilandhaltung in den Niederlanden. Der Betrieb in dem Ort Vessem bei Einghoven heißt »Pluimvee-varkenbedrijf Rijkers« Zu »Legebetrieb und Stall« heißt es: »Zur Zeit kein Bild vorhanden« und »Der Betrieb hat keine Homepage-Information hinterlegt«. Dafür verspricht der Eierkarton ein »grundgoldehrliches« Ei. Unter »www.supermarktcheck« ist dagegen zu erfahren: »Leider noch keine Bewertungen vorhanden.« Der Hühnerhalter »Gut Frielingshof« verkauft übriges auch Gebäck, Backerbsen und Paniermehl.
Die DKP kommt zu dem Schluss: Durch verbesserte Kontrollen – ähnlich wie bei den Steuerprüfungen in den Konzernen – ließen sich bessere Ergebnisse ermitteln. Konsequente Kontrollen wären allerdings ein Eingriff in die freie der Profitmaximierung verpflichteten kapitalistischen Wirtschaft. Für wirksame Kontrollen bedarf es einer hinreichenden Zahl von Kontrolleuren. Die sind allerdings nicht eingestellt worden. Dieses »Versäumnis« ist für die Futtermittelindustrie und ihre Gewinnmargen von Vorteil. Da mag die Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) über »Hochkriminelle« unter den Futtermittelherstellern schwadronieren. Ein Arzt aus dem Münsterländischen hat bereits Anzeige wegen versuchten Mordes gestellt. Vermutlich käme dann für Ilse Aigner »unterlassene Hilfeleistung« und gar »Beihilfe« in Betracht.
Text und Foto: Uwe Koopmann