Partei
Grußbotschaft der VVN
Grußadresse der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten – VVN-BdA – Landesvereinigung NRW an die Bezirksdelegiertenkonferenz der DKP-Rheinland-Westfalen am 8. Dezember 2012 in Düsseldorf-Gerresheim
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Liebe Genossinnen und Genossen,
anstelle eines Grußwortes möchte ich Euch im Namen des Landesverbandes der VVN-BdA NRW unseren herzlichen Dank übermitteln. Dank für Euer jahrzehntelanges Engagement gegen Alt- und Neofaschisten.
1964 wurde die NPD gegründet. Unsere gemeinsamen Blockade-Aktionen gegen ihre Landesparteitage in Siegen und Wuppertal, in Düsseldorf und anderen Städten werden viele von uns noch in Erinnerung haben.
Das alles ist inzwischen fast ein halbes Jahrhundert her. Solange haben die politisch agierenden gebraucht, um sich zu einem weiteren Verbotsverfahren gegen die NPD durchzuringen. Und in diesen fast 50 Jahren haben es die Faschisten geschafft, in allen Ländern der Europäischen Union wieder in den Parlamenten Sitz und Stimme zu haben. Sie sitzen in zahllosen Stadtparlamenten und in Landtagen.
Die sogenannten staatstragenden Volksparteien dulden ihren Reihen Ausländerfeinde, Rassisten, Nationalisten. Diese Volksparteien befördern seit Jahren einen neuen deutschen expansiven Militarismus. Deutsche Rüstungsexporte befeuern mit Billigung der Bundesregierung zunehmend Kriege in aller Welt.
Was die nun erleuchteten Innenminister der Bundesländer meinen, jetzt erkannt zu haben, hätten wir ihnen vor 48 Jahren schon beweisen können.
Ob dieses neue Verbotsverfahren Erfolg hat, wissen wir nicht. Zumal Innenminister Friedrich aufgrund seiner naziverseuchten Behörden gegen ein Verbot ist.
Was wir wissen, ist:
Mit der militärischen Niederlage des deutschen Faschismus, war das Problem nicht von Tisch. Die Restauration der alten Besitz- und Machtverhältnisse unter der Ägide derjenigen, die Hitler an die Macht gebracht hatten, klappte reibungslos.
Was wir wissen, ist:
Mit einem Verbot der NPD ist das Problem Neofaschismus nicht vom Tisch. Aber ein Verbot würde dieser Bande die von den Medien gern gelieferte Medienpräsenz entziehen. Die staatliche Alimentation über den Verfassungsschutz und über Millionen Euro durch Parteienfinanzierung aus Steuermitteln würden mal entfallen.
Wir freuen uns, dass unsere jahrelange Kampagne »NoNPD« nun endlich Ergebnisse zeigt.
Was wir wissen, ist aber auch: Selbst wenn es zu einem Verbot der NPD kommen sollte – was noch nicht sicher ist – wird die Auseinandersetzung mit neofaschistischen Tendenzen und Gruppierungen nicht zu Ende sein.
Neonazismus, Rassismus, Ausländerfeindlichkeit, Nationalismus, Militarismus haben längst in der Mitte unserer Gesellschaft im Nadelstreifen Platz genommen.
Die Zivilgesellschaft hat noch nicht wahrgenommen, dass die Bundeswehr über die so genannte »Zivilmilitärische Zusammenarbeit – ZMV« mit den Kommunen, mit dem Kooperationsvertrag der Landesregierung NRW mit der Bundeswehr einen umfassenden Zugriff auf das öffentliche Leben und das Bildungswesen genommen hat. Am 17. August 2012 hat zudem das Bundesverfassungsgericht erklärt, dass die Bundesregierung die Bundeswehr unter Verwendung von Kriegswaffen im Inneren einsetzen dürfe, wenn »Ausnahmesituationen katastrophischen Ausmaßes« eintreten.
Damit sind die wesentlichen Artikel des Grundgesetzes Art. 35, 87a und 91 außer Kraft gesetzt. Dagegen hatten wir uns schon 1977 mit unserer Kampagne gegen die Notstandsgesetze zur Wehr gesetzt. Im Fall von »Ausnahmesituation« könnte jetzt wieder die alte preußische Militärlogik: »Gegen Demokraten helfen nur Soldaten!« zum tragen kommen.
Der Verfassungsschutz hat im Kampf gegen Rechts keine Fehler gemacht. Er war der Fehler! Er war offensichtlich Dulder, Förderer und Geldgeber der Neofaschisten. Er maßt sich jetzt auch noch als Geheimdienst einen vom Gesetzgeber nicht vorgesehenen Bildungsauftrag an und mischt sich mit Ausstellungen und Hetzbroschüren in unser Bildungswesen ein.
Der Mitternachtsspitzen-Kabarettist Jürgen Becker hat am 10. November 2012 vor der Bundeszentrale des Verfassungsschutzes in Köln-Chorweiler mit Recht erklärt:
»Der Verfassungsschutz sollte die Verfassung vor den Rechtsextremen schützen. Aber es ist genau umgekehrt: Der Verfassungsschutz schützt die Rechtsextremen vor der Verfassung. Und deshalb:Weg damit!«
Die angeblichen Bemühungen, den Kampf gegen Rechts zu forcieren, werden konterkariert durch Familienministerin Schröder, die Finanzmittel für den Kampf gegen Rechts in den Kampf gegen Links umleitete.
Die von Innenminister Friedrich betriebene Einrichtung einer Zentrale zur »Überwachung des »Links- und des Rechtsextremismus« untermauert die von der Regierung und den Medien verbreitete These, Ausländer und Antifaschist_innen würden Neonazis zu ihren Taten provozieren.
Da finden wir das uralte Strickmuster:
Kommunisten und Faschisten haben die Weimarer Republik zugrunde gerichtet.
Da werden die Täter zu Opfern gemacht.
Nicht die Mordtäter werden verfolgt sondern diejenigen, die sich ihnen in den Weg stellen.
Zudem werden mit dieser Zentrale zur Überwachung des »Links- und des Rechtsextremismus« von Innenminister Friedrich die grundgesetzlich festgeschriebene Trennlinien zwischen Polizei, Geheimdiensten und Polizei aufgelöst.
Unser Land befindet sich auf einem schlechten Weg. Wenn schon ein sozialdemokratischer Innenminister wie der Genosse Jäger verbreiten lässt, dass die Losung »Faschismus ist keine Meinung sondern ein Verbrechen!« eine Aufforderung zu strafbaren Handlungen ist, weil damit Linksextremisten dem politischen Gegner demokratische Rechte absprechen würden, sind wir weit genug.
Wir haben in Düsseldorf dieses Buch unter dem Titel »Frauen im Widerstand – 1933-1945« - gemeinsam finanziert von »Wir Frauen«, der Rosa-Luxemburg-Stiftung, verdi-Düsseldorf und dem DGB-Düsseldorf - herausgegeben. Es gab Kritik an der überwiegenden Zahl von Kommunistinnen unter den Portraits. Es war aber das reale Bild des antifaschistischen Widerstandes.
Wir konnten das belegen. Nicht nur mit Düsseldorfer Portraits.
Im Standardwerk für ernstzunehmende Historiker »Widerstand als Hochverrat« vom Verlag K.G.Saur wird gesagt: »Politisch motivierter Widerstand war … zu 75 Prozent kommunistischer, zu 10 Prozent sozialdemokratischer und nur zu 3 Prozent christlich-bürgerlicher Widerstand«.
Dieses Erbe zu verteidigen, ist Eure, ist unsere gemeinsame Aufgabe.
Wir bleiben dabei: »Faschismus ist keine Meinung sondern ein Verbrechen!« Und wir hoffen, dass diese Bezirksdelegiertenkonferenz an der bewährten antifaschistischen Tradition festhalten wird.
Jürgen Schuh
(Landesgeschäftsführer der VVN-BdA NRW)