Frieden
Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!
»…dass diese Forderung 68 Jahre nach der Selbstbefreiung des KZ so brennende Aktualität gewinnen würde, hat keiner der Überlebenden ahnen können«
Redebeitrag der VVN-BdA Düsseldorf für den Ostermarsch Rheinland 2013 in Düsseldorf am 30. März
Ostermarsch Rhein/Ruhr in Düsseldorf. In seiner Rede unsterstrich Jürgen Schuh als Sprecher der VVN-BdA Düsseldorf die Aktualität des Schwurs von Buchenwald »Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!«. Hier seine Rede.
Liebe Freundinnen und Freunde,
ich spreche hier für die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten und wir danken für die Einladung.
Unsere Vereinigung wurde 1946 von den Überlebenden aus den Zuchthäusern und Konzentrationslagern der Faschisten gegründet. Zu den Grundsatzdokumenten gehört der »Schwur von Buchenwald« den 21.000 Überlebende des KZ abgaben.
Der inhaltliche Kern des Schwurs war:
»Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!«
Dass diese Forderung 68 Jahre nach der Selbstbefreiung des KZ so brennende Aktualität gewinnen würde, hat keiner der Überlebenden ahnen können.
Es hat eine tiefe Zäsur in der Nachkriegsgeschichte Deutschlands gegeben. Mit der politischen Vorbereitung und der militärischen Zerschlagung des Vielvölkerstaates Jugoslawien trat Deutschland als kriegführende Nation wieder auf den Plan.
Kriegseinsätze der Bundeswehr sind zur Normalität geworden.
- Dass Bundespräsident Köhler wegen seiner Feststellung, es ginge bei den Kriegen um die Sicherung von Einfluss-Sphären und Rohstoffquellen, noch gegangen wurde, so stören gleiche Bemerkungen von Verteidigungsminister de Maziere niemanden mehr;
- dass die Bundeswehr an unseren Schulen für das Kriegshandwerk im Sinne von Berufsausbildung und Abenteuerurlaub mit Billigung der Landesregierung NRW Söldnerwerbung betreibt, dass die Bundeswehr dafür von den Einwohnermeldeämtern die Adressen der Schulabgänger erhält, stört niemanden;
- dass in Kalkar eine Kommandozentrale für zukünftig zu führende NATO-Kriege errichtet wurde, stört niemanden;
- dass die in Büchel nicht vorhandenen US-Atombomben nun modernisiert werden sollen, stört niemanden;
- dass die Bundeswehr nun mit unbemannten Kampfdrohnen ausgerüstet werden soll, stört niemanden;
- dass durch Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes der Weg zum Einsatz der Bundeswehr im Inneren geöffnet wurde, stört niemanden;
- dass deutsche Rüstungskonzerne zum weltweit drittgrößten Exporteur von Mordwaffen mit Billigung der Bundesregierung geworden sind, stört niemanden;
- dass im Rahmen der sogenannten Zivilmilitärischen Zusammenarbeit hunderttausende Reservisten in Zusammenarbeit mit den Kommunen auf »Kriseneinsätze« im Inneren vorbereitet werden, stört niemanden.
Das alles scheint niemanden zu stören! Außer uns!
Seit 1960 – seit dem ersten Ostermarsch von Hamburg zum Raketenübungsplatz Bergen-Hohne (in der Nähe der KZ-Gedenkstätte Bergen-Belsen) – warnen wir vor diesen Entwicklungen. Im ersten Ostermarschaufruf 1960 hieß es:
»Schon einmal hat man dem deutschen Volk den Vorwurf gemacht, geschwiegen zu haben, wo mutige Worte und Taten notwendig waren. In den Konzentrationslagern kamen Millionen Menschen ums Leben. Bei der Fortsetzung der Versuchsexplosionen und der atomaren Aufrüstung aber drohen der gesamten Menschheit Vernichtung«.
Hat es sich unser Kampf dennoch auch gelohnt?
Kanzlerin Merkel führte vor drei Jahren aus, sie sei zutiefst davon überzeugt, dass es richtig ist, »dass wir eine repräsentative Demokratie und keine plebiszitäre Demokratie haben«, denn: »all die großen Entscheidungen (hatten) keine demoskopische Mehrheit, als sie gefällt wurden: … die Wiederbewaffnung, der NATO-Doppelbeschluss (…) und auch die zunehmende Übernahme von Verantwortung durch die Bundeswehr in der Welt – fast alle diese Entscheidungen sind gegen die Mehrheit der Deutschen erfolgt.«
(Zitat aus Allensbacher Jahrbuch der Demoskopie 2010).
Merkels Äußerung macht ihr zynisches Verhältnis zur Meinung der Bevölkerung deutlich. Demokratie? Keine Spur. Solchen Politikerinnen und Politikern geht es nur darum, die Macht zu erringen und mit List und Täuschung ihre Politik durchzusetzen.
Unsere Opposition ist unerlässlich. Keine wirkliche Veränderung im Lande ergab sich ohne Kampf! Die Friedensbewegung braucht einen neuen Aufschwung. Gründe dafür gibt es genug.
Die Tatsache der anhaltenden Arbeitslosigkeit und sozialen Not – sogar jener, die in Arbeit stehen – macht es den Rüstungsbefürwortern leichter, Soldatinnen und Soldaten fürs Kriegshandwerk anzuwerben und die Rüstungsindustrie in Gang zu halten. Besonders die Jugend ist den Anwerbeversuchen ausgesetzt. Dem stellen wir uns entgegen. Wir brauchen Abrüstung und Konversion, statt immer mehr Rüstungsexport und Entsendung von Truppen in alle Welt.
Wir brauchen die Gewerkschaften als Teil der Friedensbewegung und keinen Kriegspakt des DGB mit der Bundeswehr. Wenn unsere Gewerkschaften nicht aufpassen, dann werden sie schon bald an ihren sozialen Kämpfen durch bewaffnete Bundeswehreinsätze im Innern gehindert, die von rechten Reservisten besorgt werden. Wir sagen: Diesem Kriegssystem darf sich kein Kollege und keine Kollegin beugen. Und hinsichtlich der Schulen und Hochschulen sagen wir: Kein Werben fürs Töten und Sterben.
Zu den wirkungsvollen Bewegungen im Lande gehört die antifaschistische. Überall treten die Menschen den Nazis und Rassisten entgegen. Die Untätigkeit der Behörden im Umgang mit den gewalttätigen Faschisten, wenn nicht Mithilfe der Behörden bei den Naziaktivitäten, empört uns alle sehr – und es entwickelt sich der Protest, oft unter dem Motto »Bunt statt braun«. Wir sind jedoch nicht nur Nazigegner, sondern auch Kriegsgegner. Wir fordern:
Bunt statt braun und olivgrün!
Tragen wir dieses Motto auch am 1. Mai und am 1. September wieder auf die Straße, und wehren wir uns gegen die Nazis und die Kriegstreiber.
Es bleibt dabei:
Faschismus ist keine Meinung sondern ein Verbrechen!
Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus!
Jürgen Schuh (in Düsseldorf)
Fotos: Irène Lang + J.K.
Fotogalerie von Klaus Müller | Fotogalerie von Irène Lang + J.K.