Butter oder Kanonen?
Pflegekräfte statt Panzer
Markus Bernhardt im Gespräch mit Willi Hoffmeister
UZ: Über 30 000 Menschen haben mittlerweile den Aufruf «Abrüsten statt Aufrüsten» unterschrieben. Damit protestieren sie gegen Pläne der Bundesregierung, die Rüstungsausgaben nahezu zu verdoppeln. Reicht eine Unterschriftensammlung tatsächlich aus, um die Aufrüstung zu verhindern?
Willi Hoffmeister ist Gewerkschafter und Kommunist. Er engagiert sich seit Beginn des Ostermarsches 1961 für die in diesem Rahmen stattfindenden Friedensproteste.
Willi Hoffmeister: Ob das ausreicht? Wer will das vorab beurteilen. Ich weiß nur eins, und das war in all den Jahrzehnten bei betrieblichen und sozialen Auseinandersetzungen unsere Losung: «Wer kämpft kann verlieren, wer nicht kämpft hat schon verloren!» Nur wer sich bewegt kann etwas bewegen und je mehr Menschen den Aufruf unterschreiben umso größer wird der Druck auf die aufrüstungsgeile Regierung. Der Krefelder Appell mit seinen rund fünf Millionen Unterschriften zu Beginn der 1980er Jahre ist dafür ein gutes Beispiel. Aber ein richtiger Schuh wird erst daraus, wenn – und da bin ich wieder bei der Bewegung – 1983 die fünf Millionen «Krefelder» -Unterschreiber vor Kanzler Kohls Amtssitz in Bonn ihr Biwak aufgeschlagen hätten. Dann, so meine feste Überzeugung, wäre der von der Regierung Schmidt initiierte «NATO-Doppelbeschluss» von der Nachfolgeregierung Kohl nicht beschlossen worden.
UZ: Der Rüstungsetat soll insgesamt um satte 30 Milliarden Euro erhöht werden. Fehlt dieses Geld dann nicht im zivilen Bereich?
Willi Hoffmeister: Jeder Euro kann nur einmal ausgegeben werden. Entweder für Butter oder für Kanonen. Wir erleben gerade, begleitet von einem riesigen Medienrummel, wie die «kaputtgesparte» Bundeswehr bejammert wird. Dabei stieg der Rüstungsetat von 1999 bis 2017 von 24,3 auf 37 Mrd. Euro. So wird versucht, die 70 Prozent rüstungsunwilligen Bundesbürger zu beeinflussen. Wenn in den nächsten Jahren weitere rund 30 Milliarden Euro dem Sektor «Kanonen» zugeordnet werden, wird das noch mehr zu Lasten des Sozialetats gehen.