Kriegsrat im »Nebel von Tag Null«
Kriegsrat im »Nebel von Tag Null«
Beim Essener Ostermarsch wird zum Widerstand gegen NATO-Strategie-tagung aufgerufen - Bernhard Trautvetter - Junge Welt 29.03.2018
Es gibt in Deutschland regel- mäßig zwei Konferenzen, auf denen hochrangige Vertreter des militärisch-industriellen Komplexes be- raten. Hunderte Militärs des Nordatlan- tikpaktes, Vertreter von Regierungen, Thinktanks und der Rüstungsindustrie verbreiten jeden Februar auf der so- genannten Münchener Sicherheits- konferenz öffentlichkeitswirksam ihre Vorstellungen von friedenserhaltender Politik. Deutlich mehr Klartext über die Ziele der NATO dürfte auf einer wei- teren Tagung gesprochen werden, die alljährlich im Herbst stattfindet. Denn die »Joint Air and Space Power Con- ference« in Essen, an der jeweils etwa 300 Führungskräfte aus Militär, Politik und Industrie teilnehmen, findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
Auf dem Ostermarsch am kommen- den Sonntag in Essen wird der Protest gegen dieses Event, für das die Stadt ih- re Messehalle zur Verfügung stellt, von zentraler Bedeutung sein. Seit einigen Tagen ist das Thema des diesjährigen NATO-Kongresses vom 8. bis 11. Oktober bekannt: »Der Nebel von Tag Null – Luftwaffe und Raumfahrt in der Vor- hut«, lautet das bedrohliche Motto. Zum Programm der Zusammenkunft findet sich bislang nur im Jahresbericht 2017 des Joint Air Power Competence Centre (JAPCC) der NATO mit Sitz in Kalkar im äußersten Westen der Bundesrepu- blik eine kurze Ankündigung. Die Teil- nehmer werden demnach »die Rolle der gemeinsamen Luftstreitkräfte« im Fall des »Scheiterns der Abschreckung« er- örtern. Es geht um die Organisation der »ersten Phase eines Konflikts« unter Beteiligung aller Waffengattungen mit dem Ziel, dass die NATO die »Initiative ergreifen« kann.
Auf welche Art von Waffengang man sich hier ganz konkret vorbereiten wird, machen auch die Pläne von Bundesver- teidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) zum Aufbau einer neuen NATO-Komandozentrale für »schnelle Truppen und Materialtransporte« im baden-württembergischen Ulm deut- lich, über die ihr Haus am 20. März of- fiziell informierte. In Ulm befindet sich bereits das »Multinationale Kommando Operative Führung«. Bereits Mitte Fe- bruar berichtete die Welt über die Pläne der NATO für den »Flaschenhals« Deutschland und das Bestreben, die »Einsatzbereitschaft« vor allem im Fall einer angeblich drohenden russischen Invasion im Baltikum zu erhöhen. Das neue Kommandozentrum soll dem Bericht zufolge »Truppenverlegungen innerhalb von Europa organisieren und das Militärbündnis mobiler machen«. Die endgültige Entscheidung des Militärbündnisses über den Standort des neuen Kommandozentrums in der Bundesrepublik fällt beim NATO- Ver- teidigungsministertreffen im Juni. Zeit- weise war auch der Standort Köln-Bonn im Gespräch. Die Bedrohung, die von einem Krieg im dichtbesiedelten Europa ausgeht, lässt sich allein mit Blick auf die zahl- reichen Atomkraftwerke ermessen. Denn deren Zerstörung würde weite Ge- biete selbst bei sonst geringen Schäden an Gebäuden und Infrastruktur auf un- absehbare Zeit unbewohnbar machen. Die NATO-Granden ficht derlei nicht an. Dass ihnen Abschreckung allein längst nicht mehr ausreicht, wurde bereits auf der JAPCC-Konferenz 2017 deutlich, auf der auf »angemessene nukleare Potentiale« gedrungen wurde. In einem vorab veröffentlichten Papier zur Tagung hieß es, Waffen, die man nicht einzusetzen bereit sei, taugten nicht zur Abschreckung. Das gelte auch für Atomraketen. Und im Konferenz- bericht 2017 wurde vermerkt, eine »konventionelle Verteidigung« östlicher NATO-Gebiete sei »teuer«, was für den Einsatz nuklearer Systeme spreche. Die Friedensbewegung fordert die Nichtzulassung solcher Konferenzen, die einerseits das friedliche Zusammen- leben der Völker in Frage stellen. Der Widerstand gegen das Säbelrasseln der NATO-Staaten gegenüber Russland wird generell ein wichtiges Thema auf den zahlreichen Ostermärschen im Ruhrgebiet sein.
Der Autor ist im Essener Friedensforum aktiv und wird auf der Ostermarschkundgebung in der Ruhrgebietsstadt am Sonntag sprechen (9.30 Uhr, Porscheplatz/Marktkirche)
Alle Ostermarsch-Veranstaltungen an Rhein und Ruhr: http://ostermarsch-ruhr.de/om18/Flyer-klein.pdf
https://www1.wdr.de/mediathek/video/lokalzeit-duesseldorf-1628.html
Wohnen in der Stadt
Wer kann sich das noch
leisten?
München, Hamburg, Köln oder Berlin – überall in Deutschland ein ähnliches Bild: Bezahlbare Wohnungen in Großstädten werden immer knapper. Die Empörung bei den Mietern ist groß. Immer mehr Bewohner wehren sich gegen die steigenden Preise und die Umwandlung ihrer Mietwohnungen in Eigentumswohnungen.
Weiterlesen: Wohnen in der Stadt