Köln

Mieteraktion in Köln

Bundesweites Aktionstagsbündnis: Sechsjähriger Mietenstopp!

Demonstandten auf der Demo «Hände hoch für bezahlbaren Wohnraum» am 8. Oktober 2022.
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Köln, 8. Oktober 2022. Auch in Köln folgen Mieterinnen und Mieter dem Aufruf der bundesweiten Initiative Mietenstopp.

Insgesamt mobilisierten im Lande über 160 Initiativen, Bündnisse und Organisationen. Ziel der Kampagne: Die Mieten sollen bundesweit für sechs Jahre eingefroren werden. In dieser Zeit sollen dringend nötige Reformen angegangen werden, darunter die Einführung einer Neuen Wohnungsgemeinnützigkeit, Neubau bezahlbarer Wohnungen, ein soziales Bodenrecht, Sicherung der Vorkaufsrechts der Kommunen, Stärkung der kommunalen Wohnungsunternehmen. An der Kundgebung auf dem Rudolfplatz beteiligen sich neben der Initiative «Recht auf Stadt» und anderen wohnungs- und sozialpolitisch aktiven Gruppen Gewerkschaften und Mieterverein sowie Pfarrer Franz Meurer und das Obdachlosen-Straßentheater «Die Unerhörten».

Kalle Gerigk von «Recht auf Stadt»: «In Köln sind die Mieten in den letzten sechs Jahren um 26,0 Prozent gestiegen. Während 2016 für einen Quadratmeter noch 10,00 Euro zu zahlen waren, mussten Anfang 2022 bereits 12,60 Euro gezahlt werden. Von 2021 auf 2022 (jeweils 1. Quartal) beträgt die Steigerung in ganz Köln 3,3 Prozent; Spitzenreiter sind hier Ehrenfeld mit 8,3 Prozent, Chorweiler mit 7,1 Prozent und Innenstadt mit 4,5 Prozent. Die Bundesregierung muss umgehend aktiv werden und den Mieterinnen und Mietern durch einen sechsjährigen Mietenstopp eine Atempause verschaffen».

Dorothea König von «Wohnen Wagen» sagt: «In der Domstadt sind bezahlbare Mietwohnungen Mangelware. Die Entwicklung der Einkommen kann mit den steigenden Mieten nicht Schritt halten. Und durch die ständig steigenden Energiepreise hat sich die Lage vieler Mieterinnen und Mieter noch einmal weiter verschärft.»

Laut Statistischem Bundesamt Ende September sind Preise für Energie um 35,6% gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Walter Stehling bezeichnet in seiner Ansprache die Energiekonzerne als die Haupttreiber der Inflation. Tatsächlich sei der Krieg nicht die Ursache, allenfalls Auslöser hoher Preise. Deren Höhe sei eine Folge der Liberalisierung des Energiemarkts. Die europäischen Energiemärkte sind seit einigen Jahren für anlagesuchendes Kapital offen. Die Initiative dazu ging von der EU und der Kohlregierung im Jahr 1996 aus. Es hat einige Jahre gedauert, bis die harmlose klingende Rechtsnorm «Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs» in das deutsche Energiewirtschaftsgesetz eingefügt wurde. Allein in den Jahren 1998 bis 2014 stiegen die Endkundenpreise (für einen Drei-Personenhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 3.500 kWh) um 70,2 Prozent. Der allgemeine Verbraucherpreisanstieg belief sich im gleichen Zeitraum auf gerade mal 27 Prozent. Gegenwärtig sorge Gasmangel samt Sanktionen für eine völlig unverhältnismäßige Preisexplosion. Walter Stehling fordert deswegen staatlich festgesetzte Preisminderungen, am besten nach einer Vergesellschaftung der Energiekonzerne.

Womöglich kennzeichnet es die ins Fragwürdige lappende politische Breite der Veranstaltung, dass sie auch philanthropischen Konzepten zur Überwindung der Wohnungsnot Raum bot. Der populäre Pfarrer Meurer (CDU) barmte in seinem Beitrag um mehr gesellschaftliche Harmonie und stützte sich dabei allen Ernstes auf ein Zitat von Francis Fukuyama, jenem Verkünder des Endes der Geschichte. Gert Bosbach, ein emeritierter Statistikprofessor, verwies - statistisch etwas gewagt - auf positive Beispiele von nicht habgierigen, gar sozial eingestellten Vermietern, die freiwillig auf Mieterhöhungen verzichteten. Mit diesen müsse man zusammenarbeiten. Die anderen seien zu bewegen, von ihrer Habgier abzulassen.


Mieteraktion in Köln «Hände hoch für bezahlbaren Wohnraum» am 8. Oktober 2022.

Rede von Walter Stehling. «Der Preistreiber Nr. 1: Die Liberalisierung des Energiemarktes»