Köln
Referat: Mieten und Wohnen
Wohnungskonzerne ebenso wie Grund und Boden gehören in Gemeineigentum!
Friedrich Engels hält die Wohnungsnot für „ein notwendiges Erzeugnis der bürgerlichen Gesellschaftsform“. Er schreibt, dass „die eine Gesellschaft nicht ohne Wohnungsnot bestehen kann, in der die große arbeitende Masse auf Arbeitslohn, also auf die zu ihrer Existenz und Fortpflanzung notwendige Summe von Lebensmitteln, ausschließlich angewiesen ist; in der fortwährend neue Verbesserungen der Maschinerie usw. Massen von Arbeitern außer Arbeit setzen; in der heftige, regelmäßig wiederkehrende industrielle Schwankungen einerseits das Vorhandensein einer zahlreichen Reservearmee von unbeschäftigten Arbeitern bedingen, andereseits zeitweilig die große Masse der Arbeiter arbeitslos auf die Straße treiben; in der Arbeiter massenhaft in den großen Städten zusammengedrängt werden, und zwar rascher, als unter den bestehenden Verhältnissen Wohnungen für sie entstehn, in der also für die infamsten Schweineställe sich immer Mieter finden müssen; in der endlich der Hausbesitzer, in seiner Eigenschaft als Kapitalist, nicht nur das Recht, sondern, vermöge der Konkurrenz, auch gewissermaßen die Pflicht hat, aus seinem Hauseigentum rücksichtslos die höchsten Mietpreise herauszuschlagen. In einer solchen Gesellschaft ist die Wohnungsnot kein Zufall, sie ist eine notwendige Institution, sie kann mitsamt ihren Rückwirkungen auf die Gesundheit usw. nur beseitigt werden, wenn die ganze Gesellschaftsordnung, der sie entspringt, von Grund aus umgewälzt wird.“ (Zur Wohnungsfrage, 1872, MEW 18, 236)
Richard-Wagner-Straße 6 bis 10
Am 29. Oktober 2019 musste sich der Liegenschaftsausschuss der Stadt Köln mit einem erstaunlichen Antrag befassen: „Mit dem Ziel, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, spricht sich der Liegenschaftsausschuss wie schon die Bezirksvertretung 1 - Innenstadt für die Enteignung der Grundstücke Richard-Wagner-Straße 6 bis 10 aus. Die Verwaltung wird daher beauftragt, alle Voraussetzungen dafür zu schaffen, um ein Enteignungsverfahren gegen den Eigentümer dieser Grundstücke einleiten zu können.“
Einige Monate zuvor, im März 2019, hatte die Bezirksvertretung Innenstadt auf Initiative der Linkspartei (namentlich Michael Scheffer, „Recht auf Stadt“) ein Enteignungsverfahren gemäß Baugesetzbuch beantragt, bzw. gemäß Gesetz über Enteignung und Entschädigung für das Land Nordrhein-Westfalen. Grundstückseigentümer war Eberhard Stöppke. Er hatte im Jahr 2007 das 418 Quadratmeter große Grundstück am Rudolfplatz erworben und sich verpflichtet, dort bis 2009 ein Geschäfts-Wohnhaus und eine Tiefgarage zu errichten. Das geschah aber nicht. Im Gegenteil. Stöppke weigerte sich, der Aufforderung der Stadt nachzukommen und sein Trümmergrundstück in der Nähe des Rudolfplatzes endlich zu bebauen. Auch ein Gerichtsurteil konnte ihn nicht überzeugen. Geklagt hatte die Stadt Köln. Stöppke wurde im April 2018 zur Zahlung einer Vertragsstrafe von 710.000 Euro plus Zinsen verurteilt, insgesamt zu 840.000 Euro. Bis zu diesem Betrag hatten sich die fälligen Vertragsstrafen von monatlich 10.000 Euro angesammelt. Aber das juckte den Eigentümer wenig, denn unterdessen hatte er ein Kaufangebot über 9,12 Millionen Euro vorliegen. Und er ging in Revision. Das Oberlandesgericht Köln bestätigte im November 2018 erwartungsgemäß das Landgerichtsurteil vom April. Es tat sich aber immer noch nichts. Unterdessen ist Eberhard Stöppke im Juni 2022 im Alter von 87 Jahren gestorben. Im Dezember vergangenen Jahres (2024) waren die Strafzahlungen von insgesamt 1,8 Millionen Euro aufgelaufen. Aber die Marktgesetze wirken weiter. Der Wert des Grundstücks stieg und steigt. Nunmehr steht es zum Verkauf. Es dürfte uns wundern, wenn hier am Ende Wohnungen, gar bezahlbare Wohnungen, entstünden. Es kennzeichnet die Liegenschaftspolitik der Stadt, dass am Tag des oben genannten Enteignungsantrags einem einzigen Antrag zum Kauf neun Anträge zum Verkauf von Grundstücken gegenüberstehen. Allein im Zeitraum 2014 bis 2017 hat die Stadt Köln für 184 Millionen Euro Grundstücke veräußert und für 38 Millionen Euro erworben. Nebenher: Verantwortlich wäre allenfalls die Vergabe von Grundstücken in Erbpacht.
Der erwähnte Antrag vom Oktober 2019 wurde abgelehnt, als politischer Erfolg ist allein der Umstand zu werten, dass er überhaupt von der Bezirksvertretung gestellt worden ist. Es gibt zahlreiche Beispiele städtischer Brachen, wo aus Spekulationsgründen die Eigentümer wechseln, aber die Bebauung vermeiden.
Steigerung der Grundrenten
Nach Marx unterscheiden wir die Miete, soweit sie Zins und Amortisation des im Haus angelegten Kapitals ist, von der Rente für den bloßen Boden. Letztere verlange mehrfachen Tribut, nicht zuletzt durch die Nachfrage nach Baugrundstücken, die den Wert des Bodens steigere. Hier setze die Spekulation an. Häufig werden aber Ursache und Wirkung verwechselt: So teilte beispielsweise das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) mit (September 2017), hohe Grundstückspreise ließen einen freifinanzierten Wohnungsneubau zu bezahlbaren Mieten vielfach nicht mehr zu. Selbstverständlich ist es umgekehrt: hohe Mieterwartungen treiben die Grundstückspreise. Deren Unterschiede erklären sich eindeutig durch die Lage der Grundstücke, weil die zu erwartende Rendite dem Nutzer im Voraus abverlangt wird.
Die Grundrente ist im Grunde ein feudales Relikt. Sie bezeichnet den Teil des Ertrages, den ein Pächter dem Eigentümer des von ihm genutzten Bodens regelmäßig zu entrichten hat. Der Einfluss der Lage auf die Grundrente zeige sich namentlich bei Baugrundstücken in großen Städten (MEW 25, 781 ff.). Der Eigentümer müsse keine Hand rühren, er riskiere nichts und trage nichts bei, wenn er den Fortschritt der gesellschaftlichen Entwicklung ausbeute, noch dazu häufig zu Monopolpreisen. Wenn das Grundeigentum mit dem industriellen Kapital in derselben Hand vereinigt werde, gewinne es eine ungeheure Macht und könne gar die Arbeiter im Kampf um den Arbeitslohn praktisch von der Erde als ihrem Wohnsitz ausschließen. „Ein Teil der Gesellschaft verlangt hier von den andern einen Tribut für das Recht, die Erde bewohnen zu dürfen, wie überhaupt im Grundeigentum das Recht der Eigentümer eingeschlossen ist, den Erdkörper, die Eingeweide der Erde, die Luft und damit die Erhaltung und Entwicklung des Lebens zu explotieren. Nicht nur das Steigen der Bevölkerung, und damit das wachsende Bedürfnis der Behausung, sondern auch die Entwicklung des fixen Kapitals, das sich entweder der Erde einverleibt oder Wurzeln in ihr schlägt, auf ihr ruht, wie alle industriellen Gebäude, Eisenbahnen, Warenhäuser, Fabrikgebäude, Docks usw., steigert die Baurente notwendig.“ (ebd, S. 782) Marx zitiert einen Spekulanten, der bekennt, wenig Profit aus den Gebäuden selbst zu schlagen, umso mehr durch die Steigerung der Grundrenten. (siehe Kapital III, 46. Kapitel: Baustellenernte, Bergwerksternte, Bodenpreis. MEW 25, 782 f.)
Er sagt es so: „[Das Grundeigentum] unterscheidet sich von den übrigen Arten des Eigentums dadurch, dass auf einer gewissen Entwicklungshöhe, selbst vom Standpunkt der kapitalistischen Produktionsweise aus, es als überflüssig und schädlich erscheint.“ (MEW 25, 635 f.) Der spezifische Charakter der Grundrente wird gerne verkannt, weil sie sich als Zins verhüllt. Das Stück Boden erscheint als Kapital, auf dessen Menge von der Grundrente, wie wenn sie Zins wäre, zurückgeschlossen wird. „Ist z. B. der mittlere Zinsfuß 5%, so kann also auch eine jährliche Grundrente von 200 Pfund Sterling als Zins eines Kapitals von 4000 Pfd. St. betrachtet werden. Es ist die so kapitalisierte Grundrente, die den Kaufpreis oder Wert des Bodens bildet, eine Kategorie, die prima facie [auf den ersten Blick], ganz wie der Preis der Arbeit irrationell ist, da die Erde nicht das Produkt der Arbeit ist, also auch keinen Wert hat. Andererseits aber verbirgt sich hinter dieser irrationellen Form ein wirkliches Produktionsverhältnis. Es ist in der Tat der Kaufpreis nicht des Bodens, sondern der Grundrente, die er abwirft, berechnet nach dem gewöhnlichen Zinsfuß.“ (MEW 25, 636) Wir haben es folglich beim Bodenpreis mit der kapitalisierten Grundrente zu tun. (MEW 25, 816).
Die Summe, die für den Boden bezahlt wird, ist an sich Kapital, wie sie in Kapital verwandelt werden kann. Aber vom Verkäufer hängt es ab, welchen Gebrauch er davon macht, ob das von ihm erhaltene Geld sich wirklich in Kapital verwandelt oder nicht. „Für den Käufer kann es nie mehr als solches fungieren, so wenig wie jedes andere Geld, dass er definitiv verausgabt hat. In seiner Berechnung erscheint es für ihn als zinstragendes Kapital, weil er die Einnahme, die er als Rente vom Boden […] erhält, als Zins des Geldes berechnet, das ihm der Ankauf des Titels auf diese Revenue gekostet hat. Als Kapital kann er es nur realisieren durch den Wiederverkauf.“ (MEW 25, 817 f.) „Es folgt daher, daß, die Grundrente als konstante Größe vorausgesetzt, der Bodenpreis steigen oder fallen kann, umgekehrt wie der Zinsfuß steigt oder fällt. Fiele der gewöhnliche Zinsfuß von 5 auf 4%, so stellte eine jährliche Grundrente von 200 Pfd. St. die jährliche Verwertung eines Kapitals von 5000 Pfd. St. statt von 4000 Pfd. St. vor, und so wäre der Preis desselben Grundstücks von 4000 auf 5000 Pfd. St. gestiegen. […]Umgekehrt im umgekehrten Fall. Es ist dies eine von der Bewegung der Grundrente selbst unabhängige und nur durch den Zinsfuß geregelte Bewegung des Bodenpreises. Da wir aber gesehn haben, dass die Profitrate im Fortschritt der gesellschaftlichen Entwicklung eine Tendenz zum Fallen hat und daher auch der Zinsfuß, soweit er durch die Profitrate geregelt wird; dass ferner, auch abgesehn von der Profitrate, der Zinsfuß eine Tendenz zum Fallen hat infolge des Wachstums des verleihbaren Geldkapitals, so folgt, dass der Bodenpreis eine Tendenz zum Steigen hat, auch unabhängig von der Bewegung der Grundrente und des Preises der Bodenprodukte, wovon die Rente einen Teil bildet.“ (MEW Bd. 25, 636 f.) Durch die gegenwärtige Überproduktionskrise herrscht gar ein nie gekannter Überfluss an „verleihbarem Geldkapital“. Niedrige Zinsen geben uns einen Hinweis auf den Dreh- und Angelpunkt der Gentrifizierung.
Engels beschreibt sie so: „Die Ausdehnung der modernen großen Städte gibt in gewissen, besonders in den zentral gelegenen Strichen derselben dem Grund und Boden einen künstlichen, oft kolossal steigenden Wert; die darauf errichteten Gebäude, statt diesen Wert zu erhöhn, drücken ihn vielmehr herab, weil sie den veränderten Verhältnissen nicht mehr entsprechen; man reißt sie nieder und ersetzt sie durch andre. Dies geschieht vor allem mit zentral gelegenen Arbeiterwohnungen, deren Miete, selbst bei der größten Überfüllung, nie oder doch nur äußerst langsam über ein gewisses Maximum hinausgehn kann. Man reißt sie nieder und baut Läden, Warenlager, öffentliche Gebäude an ihrer Stelle.“ (MEW 18, 215) „Der Bonapartismus hat durch seinen Haussmann in Paris diese Tendenz aufs kolossalste zu Schwindel und Privatbereicherung ausgebeutet; aber auch durch London, Manchester, Liverpool ist der Geist Haussmanns geschritten, und in Berlin und Wien scheint er sich ebenso heimisch zu fühlen. Das Resultat ist, daß die Arbeiter vom Mittelpunkt der Städte an den Umkreis gedrängt, daß Arbeiter- und überhaupt kleinere Wohnungen selten und teuer werden und oft gar nicht zu haben sind, denn unter diesen Verhältnissen wird die Bauindustrie, der teurere Wohnungen ein weit besseres Spekulationsfeld bieten, immer nur ausnahmsweise Arbeiterwohnungen bauen.“ (MEW, 18, 215)
Friedrich Engels hat sich in der „Wohnungsfrage“ vornehmlich gegen die Vorstellungen des Proudhonisten Mülberger gewandt. Mülberger sieht in der Lösung der Wohnungsfrage eine Teillösung der sozialen Frage. Sein Rezept ist das Wohneigentum für den Arbeiter. Er sucht eine Methode, Mietwohnungen in Eigentum zu verwandeln. Seine übergeordnete revolutionäre Strategie erschöpft sich in der Abschaffung des Zinses auf gesetzlichem Wege. Sie soll Schritt für Schritt erfolgen. Derartige Bestrebungen münden am Ende in die Genossenschaftsbewegung. Aber die behandeln wir heute nicht.
Baurelfes Land war laut Statista (= statistisches Bundesamt) vom 27. März 2024 im Bundesdurchschnitt zuletzt für 236 €/m² im Jahr 2023 zu haben. Es war damit drei mal so teuer wie noch im Jahr 2000. Im zweiten Quartal 2024 kostete Bauland 247 €/m². In NRW betrug der Preis im Jahr 2023 durchschnittlich 271 €/m². Das sind rund 13 % mehr als im Vorjahr. In Städten wie München beträgt gegenwärtig der durchschnittliche Quadratmeterpreis eines Baugrundstücks 2.900 €/m², in Düsseldorf 900 €/m², in Hamburg 950 €/m², in Köln 1.080 €/m². In kleinen Gemeinden liegen die Grundstückspreise durchschnittlich bei 92 €/m², in Großstädten bei 1.030 €/m². Eine Neubauwohnung in Deutschland kostete 2023 rund 5.150 Euro pro Quadratmeter. Das sind rund 16 Prozent mehr als im Vorjahr. Die allgemeinen Baukosten sind also stärker gestiegen als die Grundstückskosten. Laut statistischem Bundesamt vom 10. Januar 2025 sind die Preise für den Neubau konventionell gefertigter Wohngebäude in Deutschland im November 2024 um 3,1 % gegenüber November 2023 gestiegen. Zuvor hatten sie sich im Zeitraum 2010 bis 2022 um 64% erhöht. Die Inflationsrate stieg im gleichen Zeitraum aber nur um 25%. Am vergangenen Montag (3. Februar 2025) meldete die Tagesschau, daß die Mieten in Deutschland weiter deutlich ansteigen. Die Nachfrage nach Mietwohnungen sei hoch, doch es werde viel zu wenig gebaut. Die Daten stammen vom Institut der deutschen Wirtschaft hier in Köln (IW), das den sogenannten IW-Wohnindex an diesem Tag veröffentlichte. Die Mieten erhöhten sich im vierten Quartal 2024 um durchschnittlich 4,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Besonders kräftig stiegen sie in Berlin mit 8,5 Prozent, Essen (8,2 Prozent) und Frankfurt (8,0 Prozent). Auch in Leipzig (7,3 Prozent) und Düsseldorf (7,2 Prozent) gab es überdurchschnittliche Zuwächse. Für Köln hat das IW eine Steigerung von 4,5 Prozent ermittelt. Die Kaufpreise indessen blieben laut IW im vierten Quartal 2024 im Vergleich zum Vorjahr weitgehend stabil. Aber das Institut der Deutschen Wirtschaft stellt auch fest: Seit der Zinswende ab Juli 2022 (als die EZB den Leitzins um 0,5% und dann schrittweise auf 4,25 % erhöhte), haben die teuersten Städte die stärksten Kaufpreisrückgänge verzeichnet, nämlich -10,9 Prozent. Bei den Mietpreisentwicklungen zeige sich indes ein entgegengerichtetes Bild. Hier stiegen die Mieten um +11,5 Prozent. Wörtliche Zusammenfassung der IW-Studie: „Investoreninteresse wird insbesondere in Märkten mit hoher Mietpreisdynamik wie Berlin, Leipzig oder Freiburg wieder anziehen, da sich die Renditeaussichten durch gesunkene Kaufpreise und steigende Mieten deutlich verbessert haben.“
Lösungsvorschläge
Auf der Kreismitgliederversammlung Ende November 2024 stellten wir fest: „Der Wohnungsmangel ist sehr einträglich. Er garantiert hohe Mieten und ist der Idealzustand für Investoren und die Immobilienbranche. Sie streichen satte Gewinne ein. Alle [staatlichen] Maßnahmen, die in den letzten zehn Jahren ergriffen wurden, um günstigen Wohnraum zu schaffen, hatten im Grunde den Zweck, Investoren zu füttern. Stattdessen muss Wohnungsbau öffentliche Aufgabe sein, und Wohnungen, die mit öffentlichen Geldern gefördert werden, müssen in öffentlichem Eigentum verbleiben. Dem Markt überlassen, steigen auch die Bodenpreise zusammen mit den Mieten immer weiter. Grund und Boden müssen in Gemeineigentum überführt werden.“ Und zur Umsetzung heißt es in unserem Arbeitsplan 2024-2026: „Wir beteiligen uns an Bündnissen gegen Wohnungsnot, Verdrängung und Zwangsräummagen und den einschlägigen Aktionen. Sie bilden einen Schwerpunkt unserer Parteiarbeit. Vor allem betrifft das die Mitarbeit im Bündnis „Recht auf Stadt“. Wir bringen uns in diesem Bündnis mit unseren Forderungen ein. Die DKP Köln wendet sich gegen Grundstücksspekulation, fordert die Vergesellschaftung von Grund und Boden, öffentlichen Wohnungsbau und die Wiedereinführung bzw. eine Neue Wohnungsgemeinnützigkeit. Keine weiteren Erhöhungen der Energiepreise für die privaten Verbraucher! Keine Stromsperren! Garantie der Grundversorgung mit billiger Haushaltsenergie! Keine Zwangsräummagen! Wir verteidigen Artikel 14 und 15 GG. Große Wohnungskonzerne gehören in öffentliche Hand.“
Im Lichte dieser Forderungen sind die folgenden Lösungsvorschläge zu betrachten. Nach Möglichkeit werden wir uns an den entsprechenden Initiativen beteiligen.
1. Sozialer Wohnungsbau
Die jW berichtet am vergangenen Donnerstag, 6. Februar, über eine Pressekonferenz des Bündnisses „Soziales Wohnen“, dem der Deutsche Mieterbund (DMB), die Industriegewerkschaft Bauen, Agrar, Umwelt (IG BAU) sowie die Bundesverbände der Mauersteinindustrie und des Baustoff-Fachhandels angehören. Die Ampel bzw. das Rumpfkabinett sei ein Klub von Versagem. Notstand herrsche in der Wohnungspolitik, ein „chronischer Burnout“ auf dem sozialen Mietwohnungsmarkt. Bundesweit fehlen rund 550.000 Wohnungen, vor allem bezahlbarer Wohnraum. Es werde schlimmer. Eine Trendumkehr gelänge nur, wenn bis 2030 pro Jahr mindestens 210.000 Sozialwohnungen neu geschaffen würden. Ferner brauche es kommunalen Ankauf von Wohnraum samt längeren Belegungsrechten. Nur so könne es gelingen, in fünf Jahren die Zielmarke von zwei Millionen öffentlich geförderten Sozialwohnungen zu erreichen. Würde der Staat alle Anspruchsberechtigten mit sozialem Wohnraum versorgen, wäre ein Bestand bundesweit von rund 5,6 Millionen Sozialwohnungen notwendig. Davon sei man weit entfernt. Die Ampelkoalition war angetreten, 400.000 Wohneinheiten neu zu bauen, schlüsselfertig zu übergeben; ein Viertel davon im öffentlich geförderten Sektor. Im letzten vollen Regierungsjahr 2023 habe das Bundeskabinett von Olaf Scholz (SPD) lediglich 23.000 Sozialwohnungen gefördert – und damit weniger als im Schnitt der Jahre zuvor. Der jW-Autor konfrontiert diese Daten mit solchen der Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD). Sie spricht von Förderprogrammen für Neubau, Eigentumserwerb und barrierefreie Sanierungen, die gut nachgefragt seien. Beispiel: das Programm für „Klimafreundlichen Neubau im Niedrigpreissegment (KNN)“. Bis Ende 2024 konnten 676 Wohneinheiten gefördert werden.
Der wdr (Martin Teigler, wdr 1, 5. Februar) nahm dieselbe Pressekonferenz zum Anlass, um zu schlussfolgern: Für Menschen in NRW könnte es laut einer Studie deutlich schwerer werden, eine Sozialwohnung zu finden. Demnach drohen in Großstädten höhere Mieten. NRW-Bauministerin Scharrenbach sieht hingegen einen „Förderboom“. Laut der am Mittwoch vorgestellten Untersuchung des Pestel-Instituts verfügte NRW 2023 mit knapp 427.000 über deutlich mehr Sozialwohnungen als andere Bundesländer. 160.000 davon fallen laut Studie jedoch bis 2030 aus der Mietpreisbindung. NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) sieht hingegen einen positiven Trend. Auf die Frage, ob sie die Zahl von 160.000 wegfallenden Sozialwohnungen anzweifelt, sagte die Ministerin: Bei Wohnungsbeständen, die aus der Sozialbindung fallen, arbeite man daran, dass die Bindung verlängert werde. "Steɪig" wolle man wegfallende Wohnungen ersetzen.
Andrej Holm: „Der soziale Wohnungsbau der Nachkriegszeit in der Bundesrepublik beruhte hauptsächlich auf der Förderung von Wohnungsneubauten unabhängig von der Rechtsform der Eigentümer. Dies hat sich als wenig effektiv und in weiten Teilen als eine riesige Geldverteilungsmaschine erwiesen, bei der die privaten Eigentümer die mit Abstand größten Profiteure waren und nicht die berechtigten Mieter und Mieterinnen. Dieses System ist eine "Wohnungsbauförderung mit sozialer Zwischennutzung". Wohngeld hat einen ähnliche Eigenschaft – es wird an den Vermieter durchgereicht.
Die junge Welt ließ im Bericht über die Forderungen des Bündnisses „Soziales Wohnen“ Katalin Gemburg zu Wort koknmen. Ihre Meinung zur Kampagne für Sozialwohnungen der Bündnisses Soziales Wohnen. „Wir brauchen zunächst eine radikale Rekommunalisierung im Bestand, und wir müssen privatisierten Wohnraum zurückholen.“ Etwa mittels Vergesellschaftung von großen Wohnungsunternehmen. Und, fraglos: Statt eines deregulierten Mietwohnungsmarktes brauche es das Gegenteil, eine harte staatliche Regulierung und Neubauprogramme in öffentlicher Regie.
2. Kampagne Mietendeckel
Die Kampagne wird nicht zuletzt getragen von der Berliner Initiative Deutsche Wohnen & Co. Enteignen (DWE). Aber auch die Kölner Initiative „Recht auf Stadt“ ist dabei. DIDF. Deutscher Mieterbund NRW. Die Linke bundesweit, etwa 30 Hamburger Initiativen und solche aus anderen Städten. Im Kern wird ein sofortiger Mietenstopp gefordert, der Mieterhöhungen in ganz Deutschland verbietet. Ein bundesweiter Mietenstopp sei 6 Jahre lang gültig und sorge dafür, dass Mieterhöhungen vorerst nicht mehr erlaubt sind, sodass niemand mehr Angst vor einer Mieterhöhung haben müsse. Ein Mietenstopp wirke direkt und stoppe den Anstieg der Wohnkosten. Der Berliner Mietendeckel sei die einzige Maßnahme der letzten Jahrzehnte gewesen, die in Berlin flächendeckend zu Mietsenkungen geführt hat. Er wurde 2020 eingeführt und 2021 vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben. Grund dafür sei keine inhaltliche Kritik gewesen. Das Gericht kippte den Mietendeckel nur, weil solch eine Maßnahme im Zuständigkeitsbereich des Bundes liege, nicht im Zuständigkeitsbereich des Landes Berlin. Für einen bundesweiten Mietendeckel bestünde die Gefahr einer Aufhebung aus demselben Grund also nicht.
3. Neue Wohnungsgemeinnützigkeit
Seit Abschaffung der Wohnungsgemeinnützigkeit im Jahr 1990 gibt es für den Profit im Wohnungmarkt kein Halten mehr. Es schwinden die Unterschiede zwischen den finanzmarktorientierten Vermietungskonzernen und den kommunalen Wohnungsunternehmen. Die Stadt Köln verpflichtet die stadteigene GAG Immobilien AG mit ihren 42.000 Wohnungen immer noch zur Abführung von Gewinnen an den städtischen Haushalt. Offenkundig wirken auch die drei Maßnahmen nicht, die der Stadtrat im Dezember 2013 mit Stimmen fast aller Parteien beschlossen hat. Das waren Erstens: Milieuschutzsatzungen. Diese Maßnahme ist bislang noch Absicht. Zweitens: Das „Kooperative Baulandmodell“. Bauherren sollen mit günstigen Grundstücken zu einer Quote von 30 % Sozialwohnungen veranlasst werden. Das klappte nicht, zumal die Bauherren die Sozialwohnungsquote herunterhandeln. Drittens: das Sonderprogramm „Bezahlbaren Wohnraum sichern - Investoren motivieren“ versprach den Bauherren 150 Euro pro Quadratmeter zusätzlich, wenn sie Sozialwohnungen schaffen, war aber auf 2 Millionen Euro gedeckelt. Die Subventionierung des Baus von Sozialwohnungen hat seither keineswegs den Auftrieb der Grundstückspreise verhindert. Auch haben das „Kooperative Baulandmodell“ und das Sonderprogramm „Bezahlbaren Wohnraum sichern - Investoren motivieren“ weder den Wohnungsmangel beheben noch die Mieten bremsen können.
Was hilft? Stadt und Land müssen selbst bauen - auf Gelände, das ihnen gehört. Die Neue Heimat hatte bis in die achtziger Jahre hinein etwa 200.000 Wohnungen als gemeinnütziges und damit steuerbegünstigtes Unternehmen bewirtschaftet. Aber im Februar 1982 kam heraus, dass sich mehrere Vorstandsmitglieder persönlich bereichert hatten. Der Skandal wurde durch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Bundestags aufgearbeitet. In der Folge verlor die Idee der Wohnungsgemeinnützigkeit an öffentlicher Zustimmung. Es gab eine regelrechte Kampagne gegen sie. Der seinerzeitige Untersuchungsausschuss hatte zwar in seinem Schlussbericht vom Januar 1987 formuliert, dass sich die Wohnungsgemeinnützigkeit als bewährtes und schützenswertes Prinzip erwiesen habe, aber die interessierte Wohnungswirtschaft und entsprechende Kapitalgruppen nutzten die Gelegenheit zur Diffamierung der Idee der Gemeinnützigkeit. Das erleichterte die Aufhebung des Wohnungsgemeinnützigkeitsrechts durch das Steuerreformgesetz vom 3. August 1988. Es trat am 1. Januar 1990 in Kraft. Stoltenberg versprach als Finanzminister einen Gewinn von 100 Millionen DM an zusätzlichen Steuern für den Fiskus. Denn die Steuerprivilegien der gemeinnützigen Unternehmen der Wohnungswirtschaft wurden abgeschafft. Steuerbefreiung sei zur Schaffung gesunder und preiswerter Wohnungen für breite Schichten der Bevölkerung weder erforderlich noch geeignet. Für eine besondere gemeinnützigkeitsrechtliche Mietpreisbindung gäbe es keine Rechtfertigung mehr. Bestehende Mietpreisbindungen und Wohnungsbelegungsrechte wurden abgebaut.
Wohngeldregelungen und sozialhilferechtliche Vorschriften, die sicher nicht abzulehnen sind, aber allesamt dazu dienen, dem Vermieter die Mietsteigerungen durchzureichen, traten an ihre Stelle. Womöglich fiel die Abschaffung der Wohnungsgemeinnützigkeit im Januar 1990 nicht ganz zufällig mit der Abschaffung der DDR zusammen. Das in der DDR-Verfassung niedergelegte Grundrecht auf Wohnung verpflichtete die dortige Wohnungswirtschaft auf ein Gemeinnützigkeitsmodell. Das war jetzt aber schnell Vergangenheit. Der Druck der Systemkonkurrenz, die auch in anderen Fragen als dritter Tarifpartner gewirkt hat, entfiel. Ab 1990 wurden kommunale Bestände, Wohmgen von Post, Bahn und anderen öffentlichen Arbeitgebern, Werkswohnungen und Genossenschaften auf den Finanzmarkt geworfen. Über eine Million Wohnungen. Sie hatten nunmehr Rendite zu erwirtschaften. Erst sehr spät kam es zur Diskussion über eine Neue Gemeinnützigkeit. Sie mündete in Vorschläge von Grünen und Linkspartei, die jeweiligen Gutachten stammen von Jan Kuhnert, bzw. Andrej Holm. Auch der DMB drängt auf ein Gesetz für eine Neue Wohnungsgemeinnützigkeit. Bezüglich der Ausgestaltung der Forderungen stützt er sich auf Kuhnert und Holm. Nach der Bundestagswahl im September 2017 waren die Diskussionen zu diesem Thema abgeflaut. Die Neue Wohnungsgemeinnützigkeit gehörte auch zu den Forderungen der DKP anläßlich der Landtagswahl. Schließlich schaffte es Wohnungsgemeinnützigkeit in den Koalitionsvertrag der Ampel. Zitat: „Wir werden das Bauen und Wohnen der Zukunft bezahlbar, klimaneutral, nachhaltig, barrierearm, innovativ und mit lebendigen öffentlichen Räumen gestalten. Dabei haben wir die Vielfalt der Rahmenbedingungen und Wohnformen und individuellen Bedürfnisse der Menschen in ländlichen und urbanen Räumen im Blick. Dafür starten wir einen Aufbruch in der Bau-, Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik. Unser Ziel ist der Bau von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr, davon 100.000 öffentlich geförderte Wohnungen.“ (S. 88) Die Ampel will „neue Dynamik beim Bau“ sowie „dauerhafte Sozialbindung bezahlbaren Wohnraums“. Das Versprechen einer „neuen Wohngemeinnützigkeit mit steuerlicher Förderung und Investitionszulagen“ soll wohl an die alte Wohnungsgemeinnützigkeit erinnern. Aber der Koalitionsvertrag verlangt: Sie – also die Wohngemeinnützigkeit - „soll nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit die Struktur der etablierten Wohnungswirtschaft ergänzen, ohne diese zu benachteiligen.“ (S. 88) Konsequenterweise kam dann bis zum Koalitionsbruch am 6. November 2024 nichts mehr zu diesem Thema. Auch auf dem sogenannten Wohnungsgipfel am 25. September 2023, zu dem Olaf Scholz eingeladen hatte, blieb diesbezüglich stumm. Ohnehin boykottierten Haus&Grund sowie der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen GdW das sogenannte Gipfeltreffen. Die Baukrise verschärfe sich von Tag zu Tag, ohne dass die Regierung wirksam und glaubhaft dagegen vorgehe, heißt es in der Begründung, und: „Wohnungssuchende sind verzweifelt, doch ernst zu nehmende politische Maßnahmen bleiben aus.“ Laut GdW seien Förderungen und Impulse zu Bauland und Baukosten des Bauministeriums richtig, aber zu gering. Der Verband forderte eine Senkung der Mehrwertsteuer von 19% auf 7% sowie staatliche Förderdarlehen mit einem Zinssatz von einem Prozent. Haus&Grund lehnt das Gebäudeenergiegesetz ab sowie Zwangssanierungen, an denen die EU arbeite. Vom Klimageld zur Kompensation des Kohlendioxidpreises sei nicht mehr die Rede. Seit Jahren werde das Mietrecht ausschließlich zulasten der Vermieter verschärft, klagten Vertreter der Wohnungskonzerne.
Wir wollen, daß öffentliche Wohnungsunternehmen nicht nach Profitgesichtspunkten wirtschaften, sondern im Sinne ihrer Bewohner für bezahlbaren Wohnraum sorgen. Es gibt unterdessen nur noch wenige kommunale oder öffentliche Wohnungsunternehmen, die als Gemeinnützige Wohnungsgesellschaften in Frage kommen. Das müssen mehr werden. Große Wohnungskonzerne gehören in öffentliche Hand.
Klaus, kommunalpolitische Beratung der DKP Köln, 9. Februar 2025