DKP Kreis Wuppertal
Bericht des KV Wuppertal
Jürgen Köster
Bericht des Kreisvorstandes der DKP Wuppertal
auf der Kreismitgliederkonferenz
am 25. Oktober 2017
Wenn man die gegenwärtige Entwicklung in Teilen der Welt und in der BRD analysiert, muss man sich als Kommunistin / Kommunist große Sorgen um die neuen Herausforderungen machen.
Immer öfter werden wieder Kriege zur Durchsetzung von Macht, Einfluss, Profit und Herrschaftsstrukturen geführt. Die imperialistischen Hauptkräfte streben danach, weltweit alle Verhältnisse und Herrschaftsformen zugunsten ihrer Maximalprofit-Orientierung zu verändern. Den Reichsten der Welt – nur 1% der Gesamtbevölkerung dieser Erde – sind dazu mehr und mehr alle Mittel recht – auch unter Bruch völkerrechtlicher und ethischer Prinzipien. Unterstützung reaktionärer Regimes gehören genauso zu ihren Machtspielen wie die Aufwendung enormer Anstrengungen und Geldsummen, um demokratisch gewählte, sozialistisch orientierte Regierungen wie in Kuba und Venezuela z.B. zu Fall zu bringen. Nun ja – dort hat das Volk sich jetzt bei einer erneuten Wahl mit großer Mehrheit trotz alledem wieder hinter ihre Revolutionsregierung gestellt!
Aber in anderen Ländern – darunter die USA, Frankreich, Belgien, England, Ungarn, Polen, Tschechien – und jetzt auch Deutschland – erhalten rechtspopulistische bis offen faschistische Bewegungen wieder neuen Zulauf. Viele Menschen begreifen die Zusammenhänge – die zunehmende Kluft zwischen Reich und Arm, zwischen den wirklichen Herrschafts- und Machtverhältnissen nicht und laufen solchen volksverhetzenden Parolen nach wie: «Wir holen uns unser Land zurück!» usw. Sie begreifen (noch) nicht, dass die Herrschenden und ihre Medien sie damit ablenken von dem Kampf und dem Widerstand gegen den wirklichen Feind: das Großkapital, dessen Interessen alleine die Profitmaximierung, die Vergrößerung ihres Reichtums und die weltweite imperialistische Ausdehnung ihrer Macht, die Gier nach immer neuen Ressourcen und Bodenschätzen sind. Dabei bleiben inzwischen ganze Völker auf der Strecke und verhungern – wie in weiten Teilen Afrikas und Asiens.
Auch bei uns in Deutschland hat es sich im zurückliegenden Jahr gezeigt, dass der Rechtspopulismus in dem Maße an Boden gewinnt, wie die Linke schwach und uneins bleibt. Sowohl bei der LTW am 14. Mai als auch bei der BTW am 24. September hat es im Ergebnis einen deutlichen Rechtsruck gegeben. Schwarz-Gelb wie in NRW oder Schwarz-Gelb-Grün wie in Berlin – sind jetzt die Farben, die nach dem Willen des großen Kapitals regieren dürfen. Dabei haben bei den BTW die großen Parteien an Stimmen verloren: die CDU/CSU 8,6 %. Vor allem die SPD konnte von der Beteiligung an der GROKO nicht profitieren: sie wurde mit 20,5 % der Stimmen am meisten abgestraft und fällt damit auf den blamablen Tiefpunkt ihrer Nachkriegsgeschichte. FDP und AfD holten dagegen 6,73 Mio Stimmen!
Die Regierung der Großen Koalition ist dramatisch abgewählt worden! Eine neue Regierung ist zunehmend auf die Stimmen aus dem rechten Lager angewiesen, was der Entwicklung in unserem Land mehr als schadet.
Und dieses perfide Spiel mit verschiedenen Machtkonstellationen wird dem Volk auch noch als Demokratie verkauft! In Wirklichkeit sind es doch nur verschiedene Spielarten, die Macht des Großkapitals zu sichern und möglichst jede wirkliche linke Opposition klein zu halten! Und dazu gehört auch eine wohlwollende Haltung der Medien gegenüber der AfD, die sozusagen diese rechte Politik von ganz rechts absichern soll.
Links zu wählen, ist für viele Menschen in unserem Land noch keine denkbare Alternative. Wenn wir als DKP in dieser Situation flächendeckend zur Landtags- und Bundestagswahl angetreten sind, so muss man neben dem deprimierenden Ergebnis vor allem feststellen, dass die DKP, ihre Mitglieder und Strukturen, oft nur in wenigen Orten und durch die persönliche Ausstrahlungskraft einzelner bekannter Genossen sichtbar ist. In linken und antifaschistischen Bündnissen verhält es sich allerdings auch anders: dort sind unsere Genossinnen und Genossen anerkannte Persönlichkeiten, deren Wort sehr wohl gehört wird!
Aber dieser ungeheure Kraftakt der landes- und bundesweiten Kandidatur der DKP hat auch deutlich gezeigt, wo die Grenzen für eine Partei wie der unsrigen liegen, deren Mitgliederzahl und Verbreitung in den letzten Jahren sehr geschrumpft ist. So hat die Parteiführung und Patrick Köbele auf dem LLL-Treffen im Januar zwar großartig getönt, dass wir «30.000 Unterschriften sammeln müssen und wollen!» Aber das war offenkundig zu ehrgeizig – diese Zahlen konnten nicht erreicht werden! Landeslisten kamen nur in 9 von 16 Bundesländern zustande, und wir konnten die Kandidatur in 16 Direktwahlkreisen absichern. Für 23 weitere Kandidaten wurde das Quorum nicht erreicht! Dennoch muss man die Summe der gesammelten Unterstützungsunterschriften als große Leistung für unsere kleine Partei werten!
Dennoch sollte uns dieser Kraftakt über mehrere Monate, der erhebliches Potential der Partei gebunden hat, zum Nachdenken bewegen. Im Ergebnis haben wir 11.700 Stimmen im gesamten Bundesgebiet erhalten, davon in NRW (mit den beiden noch größten Parteibezirken!) 2.238 Stimmen und damit lagen wir noch unter dem Ergebnis bei der LTW (2.899 Sstimmen).
Was eigentlich aber viel schlimmer ist: die Linke scheiterte bei den LTW’s in NRW und Niedersachsen knapp an der undemokratischen 5%-Hürde! Nun kann man zwar (wie in den offiziellen Stellungnahmen des PV und der BVs) sagen, dass die Stimmen für die DKP den Linken auch nichts genützt hätten. Ich denke aber, dass man hier nicht wie ein «Milchmädchen» rechnen darf. Wenn nämlich die enorme Kraft, die unsere Genossen für die Unterschriftensammlung und die Überzeugungsarbeit bei den Info-Ständen nicht zum Wahlaufruf für die DKP, sondern für eine Stimmabgabe zugunsten der Linken genutzt worden wäre, hätten wir sicherlich ein größeres Potential für eine linke Stimmabgabe mobilisieren können. Und damit hätte das Ergebnis für die Linken in NRW vielleicht doch besser aussehen können!
Als trauriges Fazit kann ich daraus nur ziehen:
Wir Kommunisten haben mit einer «trotzigen» Eigenkandidatur unsere Kraft vergeudet, und im Landesparlament fehlt jetzt – trotz aller Vorbehalte gegen die Partei Die Linke – eine linke Gegenkraft und Opposition!
Und das kann keine kommunistische Politik sein in einer Zeit, wo der Kampf um eine demokratische und soziale Wende unter Einbeziehung aller demokratischen Kräfte und aller Möglichkeiten mehr als je Gebot der Stunde ist, so wie wir es in unserem immer noch gültigem Parteiprogramm aus dem Jahre 2006 richtigerweise formuliert haben!
Das Argument, wir hätten die Partei mit verstärktem öffentlichen Auftritten den Menschen wieder mehr ins Bewusstsein gebracht, kann ich so auch nicht gelten lassen. Denn Infostände etc. hatten wir in Wuppertal zumindest auch so wieder öfter geplant. Wir haben sie dann mit der Verbreitung unseres Sofortprogramms verbunden, um die Beteiligung an den Infoständen zu vergrößern.
Was uns weiterhin große Sorgen bereitet, sind die letzten Beschlüsse des PV, die ja angeblich mit großer Mehrheit und Zustimmung gefasst worden sind. Es geht dabei um die Zerschlagung und Auflösung des Bezirkes Südbayern und der größten Kreisorganisation München. Damit werden Genossinnen und Genossen systematisch aus der Partei getrieben, der sie zum Teil seit 50 und mehr Jahren angehört haben, und der sie auch in anderen schweren Zeiten wir 1989/90 treu geblieben sind.
Dazu kommt noch der Beschluss der Unvereinbarkeit mit dem Netzwerk Kommunistische Politik, mit dem man rund 250 Unterzeichner des Offenen Briefes 2016 aus der Partei drängen will.
Frage: Können wir uns das eigentlich leisten angesichts der organisatorischen Schwäche, unter der die Partei seit Jahren leidet? Die letzte Neuausgabe der Mitgliedsbücher wurde bisher – zumindest nicht in unserem Bezirk – ausgewertet, geschweige denn wurden daraus Schlussfolgerungen gezogen. Soweit bekannt geworden ist, haben alleine im Rahmen dieser Neuausgabe rund 300 Mitglieder die Partei verlassen; mindestens ebenso viele UZ-Abos gingen verloren. Und jetzt – nach diesen PV-Beschlüssen – hagelt es Kritik von allen Seiten. Auch bei uns in Wuppertal haben sich Genossinnen und Genossen in die innere «Emigration» verabschiedet; 2 alte Mitglieder – ehemalige Gewerkschafter und standhafte Kommunisten – haben die Partei mit heftigen Vorwürfen an die PV-Führung – verlassen. Kann man angesichts dieser Tatsachen einfach so weitermachen? Wer übernimmt dafür eigentlich die Verantwortung, wenn sich die DKP selber atomisiert?
Aber nein – die Schuld wird – wie jetzt in der Einschätzung der letzten BV-Tagung – den Kreisen gegeben, die nicht bereit waren, die verordnete Kandidatur zu unterstützen und stattdessen zur Wahl der Linken aufgerufen haben.
Ein weiteres Thema wäre die zunehmende offensichtliche Sympathie der Parteiführung für alte Fehler. Da wird sogar Stalin vor allem unter jungen Genossen wieder populär – von seinen Verbrechen und den Auswüchsen der Partei unter seiner Führung erzählt ihnen ja niemand. Da fangen einige an zu schwärmen, wenn in der UZ unverantwortliche Artikel über eine «Guerilla-Taktik» erscheinen und dies auch noch als überlegenswerte Strategie bejubelt wird. Und da wird in diesem Zusammenhang auch der Begriff «Marxismus-Leninismus» wieder zum Prinzip der Deutschen Kommunistischen Partei erklärt. Wer weiß denn noch, dass dieser Begriff als einer der Hauptvorwürfe für die Begründung des Verbotsurteils gegen die KPD 1956 war, weil er als «undemokratisch» diffamiert wurde!
Das Verbot gilt heute noch, und wer diesen Begriff in der marxistischen Terminologie wiederbeleben will, spielt der damit nicht dem Klassengegner wissentlich (oder unwissentlich?) in die Hand? Unser Hauptbefürworter HP Brenner jedenfalls sollte mit seinem Wissen eigentlich vor der Wiederholung von Fehlern warnen statt sie noch zu befeuern!
Wir in Wuppertal haben diese Debatten jedenfalls satt und wünschen uns nichts sehnlicher, als wieder den Blick nach vorne zu richten auf den bevorstehenden Kampf – und der erfordert langen Atem von der Kommunistischen Partei. Wie hat unser verstorbener Genosse F.J. Degenhardt in seiner berühmten Ballade von dem Bauernführer Joss Fritz doch gesungen:
«Den Aufruhr in die Köpfe tragen, wie kaltes Feuer, heißes Eis.
Geduldig, listig und verschlagen, und warten können…»
Wir Kommunisten in Wuppertal haben es in den letzten Jahren nicht leicht gehabt, die Arbeit zu organisieren. Einige – vor allem junge Genossen sind verzogen oder ausgetreten, wir mussten um die Bereitschaft zur Mitarbeit in der Parteileitung kämpfen, die Kassierung neu organisieren.
Aber wir haben einige Schwerpunkte unserer Arbeit besetzen bzw. ausbauen können:
Die erfolgreiche Zusammenarbeit mit der Linkspartei hat schließlich dazu geführt, dass wir wohl als einzige Großstadt im Bezirk Rhld.-Westfalen 3 Genossen in den Bezirksvertretungen haben: Hartmut Kissing, Peter Schröer und Jürgen Köster, die dort als Kommunisten und konsequente Vertreter der kleinen Leute bekannt, anerkannt und beliebt sind. Auch z.B. unser Genosse Dirk Krüger macht nicht nur im Bündnisbereich eine großartige und anerkannte Arbeit, sondern vertritt auch im Jugendhilfeausschuss eine klare linke Position.
Ist das eigentlich gar nichts? Sollten wir diese Bündnispolitik aufgeben und stattdessen vielleicht nur die Stärkung unserer eigenen Partei im Fokus haben? Dabei hilft uns eigentlich eine alte Lehre der Kommunisten in diesem Land: Der Kampf um ein breites Bündnis für eine Wende zu demokratischem und sozialen Fortschritt und der Kampf um die Stärkung der DKP bilden eine dialektische Einheit in unserem Parteibewußtsein und schließen sich nicht gegenseitig aus!
Also sollten wir diesen Kampf für ein breites Bündnis der fortschrittlichen Kräfte, für mehr Demokratie, gegen soziale Ungerechtigkeit, für Frieden und Abrüstung, für offene Grenzen im Sinne des Grundgesetzes, für eine gerechtere Besteuerung der Reichen konsequent fortsetzen. Das bringt uns Ansehen unter den Menschen, für die wir so auch als Partei attraktiv sind.
Die Voraussetzung dafür ist aber unbedingt, dass der Meinungsstreit in der Partei offen und ehrlich – ohne Diffamierungen, Unterstellungen und Ausgrenzung anderer Meinungen geführt wird. Deshalb sage ich es noch einmal deutlich an dieser Stelle:
Der Ausschluss eines Parteibezirkes ist undemokratisch und mit unserem Statut in keinster Weise zu vereinbaren! Im Gegenteil: da eine solche Maßnahme auch nach dem Parteiengesetz nicht vorgesehen ist, besteht die Gefahr, dass der Gegner solche Handlungen dazu benutzen könnte, uns wieder einmal auf kaltem Wege auszuschalten!
Will die Parteiführung es darauf ankommen lassen?
Das gleiche gilt für den Unvereinbarkeitsbeschluss mit dem «Netzwerk kommunistische Politik». Wenn es in unserer Partei Praxis wird, unbequeme Meinungen mit disziplinarischen Maßnahmen zu unterdrücken, dann haben wir bald wieder Zustände wie unter Stalin!
Wir schlagen unserer diesjährigen Kreismitgliederkonferenz vor, den neuen KV zu beauftragen, auf der Basis demokratisch geführter Diskussionen die Öffentlichkeitsarbeit weiter zu verstärken, den «Wupperreport» wieder zu beleben und unter das Volk zu bringen und regelmäßige Versammlungen und Veranstaltungen durchzuführen z.B.:
- das Bündnis gegen Nazis weiter aktiv zu unterstützen (Anschlag auf Tacheles) und die Veranstaltung am 9.11. aktiv mit vorzubereiten;
- für den im nächsten Jahr anstehenden 200. Geburtstag von Karl Marx (5. Mai) geeignete Aktivitäten – evtl. gemeinsam mit den Linken – zu überlegen;
- der gleiche Vorschlag gilt für den 200. Geburtstag des größten Sohnes unserer Stadt, Friedrich Engels im Jahre 2020.
- gemeinsam mit allen linken Kräften in unserer Stadt bei der nächsten Kommunalwahl wieder eine Offene Linke Liste anzustreben, mit der auch parlamentarisch wirkungsvolle Oppositionspolitik betrieben werden kann.
In Anbetracht der personellen Schwäche, unter der der bisherige KV gelitten hat, schlagen wir Euch gleich vor, den neuen KV personell zu verstärken, um noch wirkungsvoller arbeiten zu können. Es gibt zum Glück wieder jüngeren Nachwuchs, der bereit ist, aktiv mitzuarbeiten.
Lasst uns also gemeinsam dafür Sorge tragen, dass die DKP auch weiterhin die einzige linke Partei bleibt, die – über verschiedene Etappen – das kalre Ziel des Sozialismus in ihr Parteiprogramm geschrieben hat!
Für diesen Weg sind wir zu haben und nur unter diesen Umständen werden Bernhard, Rainer, Uwe und ich auch bereit sein, weiterhin Führungsverantwortung zu übernehmen!
Ich danke Euch für Eure Aufmerksamkeit!