Köln

Kundgebung »Köln wehrt sich«, Redebeitrag

Kundgebung »Köln wehrt sich«, 2. November 2014

Rede von Klaus Stein, DKP Köln

Demozug mit Fahnen und Transparenten. Das Po­li­zei­kon­zept ge­gen die Na­zihoo­li­gans hat funk­tio­niert. Das sag­te am ver­gan­ge­nen Mon­tag­mor­gen der nord­rhein-west­fä­li­sche In­nen­mi­nis­ter Ralf Jä­ger im ZDF. Und Burk­hard Frei­er, Lei­ter des NRW-Ver­fas­sungs­schut­zes, sag­te, die Kra­wal­le wa­ren kei­ne Über­ra­schung. We­der für den Ver­fas­sungs­schutz noch für die Po­li­zei.

Keine Überraschung!

In der Tat sind die Umgruppierungen in der Fußballfanszene nicht vom Himmel gefallen. Dazu waren intensive politische Vorbereitungen nötig. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung schrieb am Dienstag auf ihrer Sportseite: »Nicht zuletzt ein hervorragend informierter Fanforscher mit besonderer Kenntnis der rechten Szene, der das Institut für Fankultur gegründet hatte, warnte vor dieser Entwicklung. Im Sommer wurde er als langjähriger Mitarbeiter des Verfassungsschutzes enttarnt und ist seitdem untergetaucht. Die Sicherheitsbehörden dürften daher kaum überrascht sein von dem Szenario in Köln, bei den Hooligans nun auch mit anderen Rechtsextremen gemeinsame Sache machten.«

Mich erinnert das an den Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses des Thüringer Landtags. Die Thüringer wollten angesichts der Untätigkeit von Verfassungsschutz und Polizei bei der Fahndung nach dem NSU-Trio nicht mehr von unglücklichen Umständen, Pannen, Fehlern sprechen, sondern von Verdacht gezielter Sabotage und bewusstem Hintertreiben.

Klaus Stein mit Mikrofon.Wie im Falles des NSU-Skandals müssen wir davon ausgehen, dass unser Inlandsgeheimdienst derartige politische Entwicklungen nicht dem Zufall überlässt. Insbesondere angesichts der anhaltenden Wirtschaftskrise. Eben hat die Europäische Zentralbank in einem lächerlichen Stresstest die Banken gecheckt. Wir sollen wieder an die Stabilität des Finanzsystems glauben. Aber die Aussichten sind schlecht: bei Ford-Köln wurde an 11 Tagen im Oktober kurzgearbeitet. Beim Sprinter-Werk von Daimler in Düsseldorf werden 1800 Arbeiter entlassen. Gestern schrieben die Zeitungen von 1000 Arbeitsplätzen, die bei Lanxess in Köln und Leverkusen abgebaut werden. Angesichts der drohenden Rezession bereitet das Bundesarbeitsministerium eine Verordnung vor, wonach das Kurzarbeitergeld auch im kommenden Jahr von sechs auf zwölf Monate verlängert wird. NRW-Arbeitsminister Guntram Schneider will in Einzelfällen sogar bis zu 18 Monate Kurzarbeitergeld zahlen. So könnten Entlassungen vermieden werden.  Und soziale Unruhen als mögliche Folge, denken wir uns.

Im anderen Fall dürfte es im Sinne von Herrschaftssicherung nützlich sein, wenn sich die Leute, je nach Gebetbuch, gegenseitig bekriegen, statt den Zorn auf die Nutznießer der Krise und Anstifter der Kriege zu richten. Erst päppelt die US-Regierung, der Hooligan der Weltpolitik, den islamistischen Terror hoch. Dann gibt sie vor, ihn zu bekämpfen, und zettelt Kriege gegen die Öl fördernden Länder an. Das ist dasselbe Muster, mit dem unsere Nazihooligans gegen Muslime vorgehen. Die Ängste vor dem Islam sollen von Arbeitslosigkeit, wachsender Armut und den reichen Nutznießern der anhaltenden Krise ablenken.

Ich denke dabei an 1929, an den Börsenkrach vom 25. Oktober vor 85 Jahren. Erst in der Folge der Wirtschaftskrise wurde die NSDAP zur Massenpartei und terrorisierte Judentum und Arbeiterbewegung.

Rassismus entsteht selten spontan, seine faschistischen Organisationsformen sind kriminell und zu verbieten. Damit das geschieht, müssen wir uns rühren. Köln wehrt sich und wird sich wehren!

Fotos: Klaus Stein, Klaus Müller