Köln

Maifeier der DKP Köln

Erich Schaffner deklamiert, Beate Jatzkowski begleitet ihn auf dem Akkordeon.

 

«октября»

«Lenin, Majakowski und ich»

Maifeier der DKP Köln 2017. Erich Schaffner spricht und singt vom Oktober 1917. Er präsentiert Lieder, Gedichte und Texte von Becher, Brecht, Kraus, Lenin, Majakowski, Weinert. Beate Jatzkowski begleitet ihn auf dem Akkordeon.

Die DKP Köln hat eingeladen. Ist aber selbst Gast in der Halle am Rhein bei der Sozialistischen Selbsthilfe Mülheim. Wir sitzen draußen. Die Frühlingssonne dringt allmählich durch und wärmt sogar. Zahlreiche politische Freunde finden sich ein. Im Angebot: Kaffee, Kuchen, Gegrilltes. Ein kleines Fass Kölsch. Und eine Tombola. Unter den Preisen: linke Literatur, russischer Konfekt und ein Flachmann, den Hammer und Sichel zieren, noch am Vormittag im Mix-Markt erstanden.

Alle folgen gebannt dem Programm. Es handelt vom Geschick der Sowjetunion, von den Hoffnungen, die die Oktoberrevolution auslöst, und was daraus geworden ist. Von Revolution, Bürgerkrieg, Intervention. Überfall des faschistischen Deutschland. 27 Millionen Sowjetbürger, die in diesem Krieg ihr Leben ließen. Geschichte!

Was sagt Pispers? «Erzählen Sie mal nem 18jährigen von 1990. Sagen Sie dem 18jährigen: 1990, da gab es kein Internet, alle Telefone hatten Kabel, maximal 3 Meter, und der Russe stand vor der Tür. Du meinst: auch kein Wikipedia? Und wie habter Hausaufgaben gemacht?

Wie erklären wir jetzt den jungen Leuten ‹der Russe›… (bevor wir den Alten erklären, was Wikipedia ist). Der Russe war früher das, was heute Al Quaida ist.

Schaffner: «67, da hat in Frankfurt bei einer Feier ein Häufchen Randale gemacht. Der Kuba, der Kurt Bartel, der mit einem DDR-Ensemble gekommen war, hat einen Herzinfarkt bekommen. Der Dehm war dabei. Tut ihm heute Leid. Zugegeben, Manches, was die Kollegen vorgetragen haben, war für 68er Ohren etwas kitschig. Und heute?

Soll man Lenin besingen, wo sogar Fidel Castro den Kult um sich untersagt hat?

Ich behaupte: Ja! Man darf!»

Dann singt er das Leninlied von Becher/Eisler:

«Er rührte an den Schlaf der Welt,
Mit Worten, die Blitze waren,
Sie kamen auf Schienen und Flüssen daher
Durch alle Länder gefahren.
Er rührte an den Schlaf der Welt,
Mit Worten, die wurden Brot,
Und Lenins Worte wurden Armeen
Gegen die Hungersnot.»

Hinter dem Zaun halten Spaziergänger an. Nie gehörte Musik, nie gehörte Lieder. Aber auch diesseits gehören sie nicht mehr zu ästhetischen Grundausstattung.

Zuhörende auf Gartenbänken, es scheint die Sonne.

100 Jahre Oktoberrevolution? Schaffner im «Klappentext» seines Programms:

«Die Artillerie der Propagandisten des ewigen Imperialismus justiert die Geschützläufe. Anscheinend sitzt ihnen der Schock noch nach hundert Jahren in den Gliedern, obwohl doch das ‹Weltreich des Bösen› längst untergegangen ist. Kaum ein Sender, der ein gutes Haar an der Oktoberrevolution und der Union der sozialistischen Sowjetrepubliken lässt. Eine Wiederholung muss unter allen Umständen ausgeschlossen werden. Daher: ‹Lenin wurde vom deutschen Generalstab mit Millionen unterstützt› oder ‹Ziel des bolschewistischen Putsches war der Bürgerkrieg› oder die sattsam bekannte Theorie vom ‹Totalitarismus›. Der beste Sowjetführer war ein gewisser Jelzin, weil er die kommunistische Partei verboten hat.

Was hat das mit uns zu tun? Alles und nichts. Nichts, weil die Nachfahren der Gutsbesitzer und Fabrikanten, die Bankiers, Rüstungsgewinnler, Immobilienmilliardäre und Oligarchen andere Interessen haben als die bulgarischen Niedriglöhner, die syrischen Kriegsflüchtlinge, amerikanische Arbeiter und indische Bauern; alles, weil wenn wir aus dem Schlamassel heraus wollen, wir den wohlfeilen Lügen entgegentreten und aus den gemachten Fehlern lernen müssen. Was ist denn nun die Wahrheit?»

Davon gibt es jetzt aber reichlich zu hören.

In seiner Begrüßung hatte Klaus Stein, der Kreisvorsitzende, aus einem Zeitungsbericht zitiert, der vom Aufschwung der Rüstungsaktien handelt (FAZ 28. April): «Die Aufrüstungsbemühungen vieler Länder bescheren dem Düsseldorfer Rheinmetall-Konzern derzeit an der Börse einen Höhenflug. Notierte das Papier vor zehn Monaten noch bei rund 48 Euro, wurde Ende März das bisherige Allzeithoch von knapp 77 Euro aus dem Jahre 2007 geknackt. Die Aktie kletterte weiter von zwischenzeitlich 84,92 Euro am Dienstag. Gegenüber dem Jahresbeginn hat sich der Kurs um 32 Prozent gebessert.»

Derartige Entwicklungen spiegeln nicht nur «Aufrüstungsbemühungen», sondern auch Trumps gefährliche Eskalationspolitik gegenüber dem Jemen, Syrien, Nordkorea. Sie verweisen auf die vergeblichen Bemühungen des großen Kapitals, mit der Überproduktionskrise fertig zu werden. Mittlerweile türmen sich 216 Billionen Dollar Schulden in der Welt, 325 Prozent des Welt-Bruttoinlandsprodukts. Schuldenschnitte sind lange fällig, aber angesichts imperialistischer Konkurrenz erscheinen Rüstung und Krieg der kapitalismusverträglichste Ausweg aus der Krise. Die Oktoberrevolution war zunächst einmal die Konsequenz aus dem Gemetzel des Ersten Weltkriegs. Daran ist zu erinnern.

 Text und Fotos: Klaus Stein

Holzkohlengrill mit gebratenem Fleisch und Gemüse. Frau mit Biergläsern und Wasserflasche.


Fotogalerie Bilder von Irène Lang und Klaus Stein