Köln

1. Mai 2023 «Abschöpfung von Übergewinnen! Frieden und Freiheit im Geiste der Völkerverständigung!»

DGB mit Energiepreisbremse und Einmalzahlungen gegen Kaufkraft- und Wohlstandsverlust

Informationsstand der DKP Köln zum 1. Mai 2023.
Foto: DKP Köln

Angesichts weiter steigender Preise fordert der DGB eine Abschöpfung von Übergewinnen. Die steigenden Preise belasten die privaten Verbraucherinnen, Verbraucher und viele Betriebe.

«Superreiche müssen endlich mehr Steuern zahlen; Menschen mit hohem Vermögen müssen eine Abgabe erbringen für die historischen Herausforderungen unserer Gesellschaft. Wir fordern die Wiedereinführung der Vermögensteuer.»

Angesichts des Krieges in der Ukraine fordert der DGB, dass die Waffen schweigen und dem Völkerrecht Geltung verschafft wird, weltweite Abrüstung, Rüstungskontrolle und die Verwirklichung von Frieden und Freiheit im Geiste der Völkerverständigung.

«Dafür kämpfen wir – am 1. Mai und an jedem anderen Tag im Jahr.»

Nach zwei Jahren seuchenbedingter Ruhe bietet der diesjährige 1. Mai endlich die Gelegenheit, gemeinsame Forderungen der Gewerkschaften auf die Straße zu bringen. Wieder zieht die traditionelle Demonstration vom Hans-Böckler-Platz zum Heumarkt. Hier steht eine Bühne, große Monitore, Info- und Bierstände der Gewerkschaften, Parteien, Initiativen. Merkwürdigerweise ist der Platz mit einem Bauzaun abgeschottet.

Der DKP-Stand ist weit hinten, dennoch umlagert, nahe dem 11,70 Meter hohen Reiterdenkmal. Dank seiner Größe wird es gerne übersehen. Heroisiert wird der preußische König Friedrich Wilhelm III. 1865, als das Denkmal konzipiert wurde, sollte die 50jährige Vereinigung des Rheinlands mit Preußen gefeiert werden. 1878 wurde es von Wilhelm I eingeweiht. Und es dauerte auch seine Zeit, bis es nach dem Weltkrieg II vollständig wiedererrichtet war, nämlich bis 2009. Unvergessene Militär-, Geistes- und Verwaltungsgrößen bevölkern den Sockel als freistehende Figuren und als Relief. Vielleicht sollte man Alexander von Humboldt und F.W. Hegel erwähnen. Aber mit einigem Recht ist den GuGs schon der Reiter nicht bekannt. Immerhin wird gefragt. Auf der Bühne gegenüber erinnert der Kölner DGB-Vorsitzende Witich Roßmann daran, dass die Gewerkschaften bereits zu Beginn der Tarifrunde 2020 einen sozialen Lastenausgleich gefordert haben: «Ich freue mich, dass diese Kölner Initiative zusammen mit der Forderung nach einer Abschöpfung der Übergewinne in diesem Jahr bundesweit auf den Maidemonstrationen gefordert wird. Die Inflation belastet die privaten Verbraucherinnen und Verbraucher und die Unternehmen, während die Vermögen der Reichen weiter wachsen und einzelne Branchen Übergewinne einfahren.»

Die Energiepreisbremse oder Einmalzahlungen an Beschäftigte, Rentenempfangende und Studierende gäbe es ohne die Gewerkschaften nicht. Vor allem aber hätten die Gewerkschaften in vielen Tarifverhandlungen für bessere Arbeitsbedingungen und mehr Geld im Portemonnaie von Millionen Beschäftigten gesorgt.

In der Tat. Erwähnt werden sollte aber auch: den Tarifverhandlungen gingen Warnstreiks voraus. Ohne Streikdrohung wären Verhandlungen nur kollektive Bettelei. Und am Ende ist vielleicht der Abschluss für den öffentlichen Dienst «die größte Tarifsteigerung in der Nachkriegsgeschichte im öffentlichen Dienst», wie es ver.di-Chef Frank Werneke formuliert. Dennoch bedeutet er für die 2,4 Millionen Tarifbeschäftigten der kommunalen Arbeitgeber und 134.000 des Bundes einen Kaufkraft- und Wohlstandsverlust.

Vereinbart wurde: Inflationsausgleich in Höhe von 1.240 Euro in diesem Juni sowie von 220 Euro monatlich von Juli bis Februar 2024 – insgesamt also 3.000 Euro, die zwar steuerfrei sind, aber nicht tarifwirksam. Erst recht bleiben sie ohne Wirkung auf Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung. Ab März 2024 folgt ein Sockelbetrag von 200 Euro, verbunden mit einer linearen Erhöhung von 5,5 Prozent – mindestens aber 340 Euro brutto. Die Laufzeit beträgt 24 Monate, rückwirkend ab Januar 2023. Umgerechnet springen durchschnittliche Lohnerhöhungen von rund elf Prozent heraus. Positiv ist auch zu bewerten, dass Menschen mit geringen Löhnen prozentual auf ein noch höheres Lohnplus kommen – für sie ist aber auch die Inflation deutlich höher als für Menschen mit hohen Löhnen.

Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) : «Die Kaufkraft der Löhne im öffentlichen Dienst wird durchschnittlich um sechs Prozent sinken.» Für die Beschäftigten führt dieser Tarifabschluss zu einem weiteren Kaufkraft- und Wohlstandsverlust.

Angesichts weiter steigender Preise fordert der DGB eine Abschöpfung von Übergewinnen. Die steigenden Preise belasten die privaten Verbraucherinnen, Verbraucher und viele Betriebe. «Superreiche müssen endlich mehr Steuern zahlen; Menschen mit hohem Vermögen müssen eine Abgabe erbringen für die historischen Herausforderungen unserer Gesellschaft. Wir fordern die Wiedereinführung der Vermögensteuer.» Und angesichts des Krieges in der Ukraine will der DGB, dass die Waffen schweigen und dem Völkerrecht Geltung verschafft wird. Er fordert weltweite Abrüstung, Rüstungskontrolle und die Verwirklichung von Frieden und Freiheit im Geiste der Völkerverständigung. «Dafür kämpfen wir – am 1. Mai und an jedem anderen Tag im Jahr .» In diesem Jahr war die Kölner Veranstaltung die zentrale Kundgebung des DGB. Yasmin Fahimi, seit einem Jahr DGB-Vorsitzende (2014 und 2015 Generalsekretärin der SPD, 2016 bis September 2017 Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales) will das Streikrecht verteidigen. Sie propagiert einen Nationalen Aktionsplan zur Steigerung der Tarifbindung. Energiepreise, die Preise für Lebensmittel und die steigenden Mieten seien eine Herausforderung. Bei den drei Entlastungspaketen der Bundesregierung sei gewerkschaftliche Handschrift zu erkennen. Zu den Entlassungen bei Ford sagt sie: «Wenn es nach dem Management gegangen wäre, wäre die Lösung so trivial, wie verantwortungslos gewesen: Einfach rausschmeißen. Das ist aber keine Strategie, es ist ein Skandal! Obwohl Ford Forschung und Entwicklung künftig in den USA konzentrieren will, haben die Kolleginnen und Kollegen im Betriebsrat durchgesetzt, dass für die nächsten 10 Jahre betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen sind. Die Betriebsvereinbarung schützt die Beschäftigten erst einmal vor dem Entlassungsrisiko.» Aber eben nicht alle. Denn die Vereinbarung setzt die Streichung von 2300 Stellen durch, nachdem zuvor 3200 angekündigt worden sind.

Fahimi: «Wir stehen für einen Gegenentwurf zur kalten Verwertungslogik der reinen Marktwirtschaft.» Verwertungslogik ja, aber nicht zu kalt? Marktwirtschaft ja, aber nicht zu rein? Auch das Kulturprogramm auf der Bühne durchwirken Doppeldeutigkeiten. Einerseits geben Brings Arbeiterlieder zum Besten, andererseits äußert sich die Band Culcha Candela in herablassend chauvinistischer Manier auf twitter. Sie stören sich an den Streiks in Frankreich gegen die Rentenreform von Macron, die unter anderem Rentenkürzungen und eine Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 64 Jahre vorsieht. Culcha Candela:
«Die Proteste sind ne Frechheit und gefährden die Demokratie in Frankreich!»
«Diese Reform ist längst überfällig! Die Franzosen leben auf Pump, arbeiten am kürzesten und sind bisherige Spitzenreiter beim Renteneintritt gewesen».

Macron hat seine angebliche Reform ganz demokratisch am Parlament vorbei und gegen den Willen von über 80% der Franzosen per Dekret durchgesetzt. Die Proteste reißen aber nicht ab. Millionen Menschen gehen weiterhin - vor allem mobilisiert von den Gewerkschaften - gegen dieses Vorhaben auf die Straße.

Es ist auch hierzulande nötig, dass die Massen auf die Straße gehen und gegen die Abwälzung der Kriegs- und Krisenlasten, gegen Sozialabbau und fortgesetzte Umverteilung von Unten nach Oben protestieren. Es ist auch hierzulande nötig, dass die Kolleginnen angesichts jahrelanger Reallohnverluste für den Kampf um deutliche Lohnerhöhungen von ihrem Streikrecht Gebrauch machen.

Was solchen bürgerlichen Asozialen wie Culcha Candela und Kapitalvertretern Angst macht: Das französische Vorbild wirkt sich bereits positiv auf die hiesige Streikbereitschaft aus. Die bundesweiten Warnstreiks von verdi und EVG sind Beispiele für konzertierte Streikaktionen und erste Ansätze für politische Streiks.


1. Mai 2023 «Abschöpfung von Übergewinnen! Frieden und Freiheit im Geiste der Völkerverständigung!»


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