Gerresheim

Kommunisten-Prozess in Köln

Unruhe auch 160 Jahre danach

Laterne in Gerresheim mit Straßenschild: »Neunzigstraße«.

Im Kölner Kom­munis­ten-Prozess von 1852 (siehe UZ vom 16. No­vem­ber 2012) spielte ein Rechts­anwalt und Rats­herr aus dem kleinen Städt­chen Gerres­heim (heute Stadtteil von Düssel­dorf) eine beschei­dene, aber nicht ganz unwich­tige Rolle: Adolph Joseph Maria Bermbach war der »tote Brief­kasten« von Karl Marx. Diese Verbin­dung führte auch rund 160 Jahre nach den ihm zur Last gelegten Botengängen zu deut­lichen Warnun­gen vor diesem Mitglied des Bundes der Kom­munis­ten. Auf keinen Fall dürfe eine Straße nach ihm benannt werden.

Dabei war die beim Bürger- und Heimat­verein Gerres­heim vorge­schla­gene Straßen­benen­nung, die zu dieser Aufregung führte, gar nicht erfolgt, weil Berm­bach dem Marx ein stiller Helfer war. Berm­bach gehörte wie ein zweiter Gerres­heimer, der Arzt Peter Joseph Neunzig, der engagiert an der Revo­lution von 1848 teilge­nom­men hatte, der Deut­schen Natio­nal­versamm­lung an. Dort vertrat er als Nach­fol­ger von Johann Heister den 19. Wahl­kreis »Rhein­land« in Siegburg.

Bermbach lernte Mauern unterschiedlicher Dicke von innen kennen: die Univer­si­tät Bonn als Student, als Parlamen­tarier des »Rumpf­parla­mentes« (National­versamm­lung nach dem 30. Mai 1849) den Halb­mond­saal der Stände­kammer in Stutt­gart in »Nachfolge« des Pauls­kirchen-Parla­ments in Frankfurt – oder auch das Gefäng­nis in Köln als Gefangener.

Seine Fraktion nannte sich »Deutscher Hof«. Dieser Frak­tion gehörte auch der nach einem Stand­gerichts­urteil in Wien hinge­rich­tete Kölner Robert Blum an. Ziel der Fraktion: eine demo­kra­tische Republik, ein allge­meines, gleiches und direktes Wahl­recht sowie die Gleich­berech­tigung aller Natio­nali­täten. – Ein damals revo­lu­tio­nä­res Ziel.

1852 war Bermbach von Bedeutung, weil er die Verbin­dung zu Karl Marx im Londoner Exil mit absicherte. Unter Vor­täu­schung falscher Tatsa­chen und unter Bruch des Brief­geheim­nisses wird schließlich ein von der Polizei gedun­gener Bote zu Berm­bach geschickt, der ihm einen Brief von Karl Marx über­geben soll. Die Folge: »Am 19. Ok­to­ber wird Bermbach verhaftet und Haus­suchung bei ihm gehalten. Am 21. Ok­to­ber …wieder in Frei­heit gesetzt.« (MEW, Bd. 8, Seite 433) Später gibt es eine erneute Haft von fünf Wochen. Marx spottet über die Justiz: »Bermbach saß ad majorem gloriam der preußi­schen Richter.« (zum höhe­ren Ruhm)

Auf der Internet-Seite des Deutschen Bundes­tages heißt es zum Schei­tern der Revo­lution, dass sich schließ­lich »die konter­revo­lutio­näre Entwick­lung« durch­set­zen konnte: »Mit der Auflö­sung des Stutt­gar­ter Rumpf­parla­ments und der Erobe­rung der badi­schen Fes­tung Rastatt im Som­mer 1849 war auch der letzte revo­lu­tio­nä­re Wider­stand gebrochen und die mit großen Hoff­nun­gen ange­tre­tene libe­rale und demo­kra­tische Ein­heits- und Frei­heits­bewe­gung von 1848/49 end­gültig geschei­tert.« Soweit zur Konterrevolution – 1849.

Bermbachs Hilfsdienste für Karl Marx reichten 160 Jahre später schließ­lich doch nicht aus, eine Straße nicht nach ihm zu benen­nen. Die Straßen­benen­nung wurde nämlich auf Vor­schlag des Verfas­sers mit über­großer Mehr­heit im Rahmen eines Prüf­auf­trages beschlos­sen. Die Prüfung begann im Jahr 2010. Sie scheint so kompliziert zu sein, dass sie noch nicht abge­schlos­sen werden konnte…

Text und Foto: Uwe Koopmann