Gerresheim

Musikalischer DKP-Protest gegen Wohnungsleerstand

»…wer Geld hat, kann drin wohnen, wer arm ist, darf nicht rein – Gemein!«

Kleine Gruppe vor Mehrfamilienhaus.

Die Ur­sa­chen für die Woh­nungs­knapp­heit und da­mit auch für die ho­hen Mie­ten sind in Düs­sel­dorf viel­fäl­tig. Bau­land wird nicht be­baut, weil »die Prei­se nicht stim­men«. Öf­fent­li­cher Woh­nungs­bau ver­kommt, weil die Stadt mehr an »hoch­wer­ti­ger Ar­chi­tek­tur« als an »be­zahl­ba­rem Wohn­raum« in­ter­es­siert ist. Und schlie­ß­lich gibt es in vie­len Stadt­vier­teln ge­ziel­ten Leer­stand. Hier funk­tio­niert der »Markt«: Die knap­pe Wa­re Woh­nung treibt den Preis für die Mie­te nach oben. Die DKP Ger­res­heim hat die Er­schei­nungs­for­men des Skan­dals bei ei­nem Rund­gang un­ter die Lu­pe ge­nom­men.

Plattenhülle: Baggerführer und Bagger »Der Baggerführer Willibald. Dieter Süverkrüp singt Kinderlieder.«

Die ein­zel­nen Häu­ser der Ar­bei­ter­sied­lung »Al­te In­sel« wur­den von der Ger­res­hei­mer Glas­hüt­te ver­kauft. Ge­son­dert wur­de ei­ne Grün­flä­che, auf der die Kin­der der Glas­ma­cher frü­her »bol­zen« konn­ten, und die Pri­vat-Stra­ße, an der die­se Häu­ser lie­gen, an ei­nen »Pri­vat­mann« ver­äu­ßert. Der eb­ne­te die Wie­se ein und bau­te dort zehn Ga­ra­gen. Auf der Stra­ße, die nun sein Ei­gen­tum war, mar­kier­te er 14 Stell­plät­ze, die er ver­mie­te­te. Die Be­woh­ner hat­ten da­mit al­ler­dings kei­ne Zu­fahrt mehr zu ih­ren Grund­stü­cken. Der Stra­ßen-Be­sit­zer such­te sich mit Macht durch­zu­set­zen, ob­wohl die Be­woh­ner ein im Grund­buch ein­ge­tra­ge­nes We­ge­recht hat­ten. Die An­ge­le­gen­heit lan­de­te vor dem Amts­ge­richt, das mit ei­nem Kom­pro­miss­vor­schlag den Zu­gang zu den Grund­stü­cken si­chern woll­te. Der Stra­ßen-Be­sit­zer lehn­te ab. Die DKP frag­te bei der Pres­se­stel­le des Amts­ge­rich­tes nach:

Über vie­le Jah­re gab es vie­le Ver­su­che im Ger­res­hei­mer Rat­haus, die In­dus­trie­bra­che »La­ger 61« der Glas­hüt­te für In­ves­to­ren bau­recht­lich auf­zu­be­rei­ten. Al­le Ver­su­che schei­ter­ten, denn die 125.000 Qua­drat­me­ter »Bau­er­war­tungs­land« lie­ßen sich nicht ka­pi­ta­lis­mus­kom­pa­ti­bel an die In­ves­to­ren brin­gen. Die Ur­sa­chen sind vor­der­grün­dig tech­ni­scher Art. Da­hin­ter steht aber das ka­pi­ta­lis­mus­im­ma­nen­te Prin­zip der »ver­brann­ten Er­de«: Zu­nächst wur­de das Ge­län­de ein­ge­eb­net mit »Bau­schutt« auf 3 – 6,5 Me­ter Hö­he. Das Vo­lu­men: 500.000 Ku­bik­me­ter. Der Un­ter­grund wur­de da­bei nicht hin­rei­chend ver­dich­tet. Das aber wä­re Vor­aus­set­zung, um hier wie­der bau­en zu kön­nen. Die Auf­fül­lung ab­zu­tra­gen wür­de wie­der­um meh­re­re Mil­lio­nen Eu­ro kos­ten. Das »Ver­ur­sa­cher­prin­zip« wur­de »so­zia­li­siert«: Der Ka­pi­ta­list wur­de nicht be­langt. Und die po­ten­ti­el­len Kos­ten blie­ben bei der öf­fent­li­chen Hand kle­ben. Fa­zit: Der Ka­pi­ta­lis­mus ver­nich­tet Wer­te, weil es bil­li­ger ist Bau­land zu »ver­bren­nen«.

Zeichnung: Baustelle mit Bagger und Dumper.

Ei­ne zwei­te »Ver­bren­nung« kam im Mai 2001 hin­zu in der Form ei­nes Groß­feu­ers auf dem La­ger­ge­län­de. Das Um­welt­amt der Stadt Düs­sel­dorf pu­bli­zier­te da­zu: »Per- und po­ly­fluo­rier­te Ver­bin­dun­gen und kein En­de – PFC-Be­las­tung nach ei­nem Brand­fall und Maß­nah­men«. Das Er­geb­nis in um­gangs­sprach­li­cher Form: Das Ge­län­de war »ver­seucht«, die an­gren­zen­den Klein­gär­ten gleich mit. Die Klein­gärt­ner dür­fen das Grund­was­ser für 15 Jah­re (bis zum 30.04.2015) nicht mehr zum Gie­ßen ver­wen­den. Noch vor­han­de­ne Gift-Res­te hät­ten viel­leicht da­zu ge­führt, dass sie die Ra­dies­chen hät­ten von un­ten be­trach­ten kön­nen.

Vor­läu­fig(!) letz­te Sta­ti­on: Qua­den­hof­stra­ße 60 an der Ecke zur Ot­to­stra­ße. Hier ste­hen fünf von elf Woh­nun­gen leer. Im Haus ist Schim­mel auf dem Vor­marsch. Sa­nie­rungs­ar­bei­ten sind aber nicht zu er­ken­nen. Der Haus­ei­gen­tü­mer ist »un­auf­find­bar«. Die DKP hat den Leer­stand beim Woh­nungs­amt der Stadt Düs­sel­dorf ge­mel­det. In­for­miert wur­de auch die In­itia­ti­ve »Be­zahl­ba­rer Wohn­raum«. Bei ei­ner klei­nen Mahn­wa­che wur­de auf mu­si­ka­li­sche Wei­se pro­tes­tiert. Pas­send war der »Bag­ger­füh­rer Wil­li­bald«, in dem Die­ter Sü­ver­krüp 1970 die »Ei­gen­tums­fra­ge« mit der Woh­nungs­po­li­tik kop­pel­te. Text und Me­lo­die sind nach 43 Jah­ren im­mer noch brand­ak­tu­ell.

Uwe Koopmann
Foto: Bettina Ohnesorge


»Baggerführer Willibald« bei

E-Mail: baggerfuehrer@ffm-info.net