Gerresheim
Kommunisten haben die Katholiken wieder überholt
TuS Gerresheim verlor allerdings das Derby auf dem Rasen
Die Westdeutsche Zeitung in Düsseldorf stellte jüngst die vierspaltige Überschrift oben auf die Seite: »Katholiken empfangen Kommunisten«. Es ging allerdings nicht um die Feier der Kommunion, und »Brot und Wein« gemäß der katholischen Glaubenslehre wurden nicht gereicht.
Es ging um das Auftaktspiel in der Kreisliga A, Gruppe 2, bei dem Schimanski, nicht der aus Duisburg, sondern Kevin von TuS Gerresheim, die als »Kommunisten« apostrophierten Kicker zunächst in Führung brachte. Die Halbzeitführung reichte dann aber doch nicht, denn »die Katholiken« von »Sportfreunde Gerresheim« glichen in der 49. Minute aus und legten zwei Minuten später noch einen drauf. Der Kulturkampf blieb friedlich. Auch nach 90 Minuten hatte der Spielbericht keinen Hinweis auf eine rote Karte oder eine Exkommunikation. In der Zwischenzeit hat sich das Tabellenbild für »die Kommunisten« wieder gewendet: TuS schob sich nach dem zweiten Spieltag auf Platz 5, zwei Plätze vor »die Katholiken«.
»Die Katholiken« heißen mit ganzem Namen »DJK Sportfreunde Gerresheim 1923 e.V.«, spielten schon vor 1923 zusammen als »Jüko St. Margareta«. Dieser Vorgängerverein löste sich allerdings schon 1921 wieder auf. Mitglieder konnten damals nur Katholiken werden. Gegen »die Kommunisten« spielte man nicht. Die waren in einer anderen Liga. Die »Jüko« hatten ihre Wurzeln im Kulturkampf zwischen Preußen und der katholischen Kirche (1871 bis 1887). Preußen wollte die Trennung von Kirche und Staat, die katholische Kirche suchte nach einer Vorherrschaft der Religion gegenüber Staat und Wissenschaft. Zu den kirchlichen »Truppen« gehörten die Jüko: Jünglingskongregation. Die Abkürzung »Jüko« ist bei den Sportfreunden noch heute bekannt. In der Aufstellung der Spieler fehlt das Wort »Jünglingskongregation« allerdings. Der »katholische Fußball« wurde zur »theologischen Besitzstandwahrung« gegen den Arbeitersport etabliert. Ähnliche Funktion hatten die Christlichen Gewerkschaften in Konkurrenz zu den sozialistisch orientierten Gewerkschaften.
Die Sportfreunde traten der katholischen Deutschen Jugendkraft (DJK) bei, die 1935 von den Nazis verboten wurden. Es gab Spielverbot auf dem Platz. Der Reichsführer der DJK, Adalbert Probst aus Düsseldorf, war schon im Juli 1934 von den Nazis ermordet worden. Der Düsseldorfer Priester Dr. Joseph Rossaint kooperierte mit den Kommunisten in der Nähe von Gerresheim.
TuS Gerresheim entstammt der Tradition der Arbeitersportvereine. Der Verein ist mehr als 100 Jahre alt. Seine Aushängeschilder sind zweifellos die ehemaligen Nationalspieler Klaus und Thomas Allofs. Das soziale Zentrum von TuS war über Jahrzehnte die Gerresheimer Glashütte, deren Arbeiter mehrheitlich kommunistisch orientiert waren und sich in verschiedenen Sparten des Arbeitersports orientierten: Handball, Ringen, Boxen.
Beide Vereine stehen – wie 1000 andere – vor der Situation, dass der Sport kommerzialisiert wurde, dass Spieler weggekauft werden. Bisweilen wird über einen Zusammenschluss nachgedacht. Aber dann würde ein Highlight in der Saison fehlen: das Spiel zwischen Kommunisten und Katholiken.
Text und Fotos: Uwe Koopmann