Köln

Feier zum Jahresende

Buchtitel: Handke, «Die Geschichte des Dragoljub Milanović».

DKP Gruppe
Köln Innenstadt

17. Dezember 2019 | Womöglich werden wir nicht mehr lange das Freidenkerzentrum nutzen können. Aber heute wird noch mal gefeiert. Dirk und Raimund schleppen Hirschgulasch und Spätzle, Spitzkohl, Birnenhälften und Preiselbeeren an. Und Rotwein. Wolfgang hat zwei Flaschen aus Chile mitgebracht, verabschiedet sich aber bald zur Weihnachtsfeier «auf der Arbeit».

Vor wenigen Tagen konnte Peter Handke den diesjährigen Literaturnobelpreis in Empfang nehmen. Diese Auszeichnung freut uns, wir feiern sie. Andere Reaktionen unserer diesbezüglich stromlinienförmigen Öffentlichkeit bezogen sich argumentfrei und maßlos in ihrem Hass auf den Schriftsteller, der sich von der Solidarität mit dem angegriffenen Land nicht abbringen lässt. Die veröffentlichte Meinung In unserem Land verdrängt gerne das politische und moralische Debakel dieses Jugoslawienkrieges, den die NATO unter Bruch des Völkerrechts geführt hat. Letzteres musste Gerhard Schröder – «In meiner Jugend habe ich die Revolution geplant, die ich als Kanzler verhindert habe» – am 9. März 2014 einräumen, delikaterweise im Zusammenhang mit der Sezession der Krim.

Wir lesen Peter Handkes «Die Geschichte des Dragoljub Milanovic» von 2011. Jugoslawien wurde im Zeitraum 24. März bis zum 11. Juni 1999 von der NATO bombardiert.

In der Nacht vom 22. zum 23. April 1999, morgens um 2.04 Uhr, griffen Flugzeuge das Gebäude des Rundfunks und Fernsehens Serbien (RTS) in Belgrad an.

16 Menschen starben, drei wurden schwer und 16 leicht verletzt.

Verurteilt wird im Jahre 2002 für dieses Verbrechen nicht etwa derjenige, der den Befehl für dieses Kriegsverbrechen gegeben hatte, sondern der Generaldirektor von RTS, Dragoljub Milanović, der nur durch Zufall dem Schicksal seiner 16 Mitarbeiter entgangen ist. Das Delikt: schwerer Angriff auf die öffentliche Sicherheit. Das Urteil: Neun Jahre und ein halbes. Dragoljub Milanović tritt am 1. April 2003 seine Gefängnisstrafe an. Im September 2010 initiieren Peter Handke und der französische Mediziner Patrick Barriot eine Kampagne zur Befreiung Milanovićs. Vergeblich.

Peter Handke verfasst ein schmales Büchlein über den Fall. Milanović sitzt seine Strafe vollständig ab. Erst Ende August 2012 wird er aus dem Gefängnis in Požarevac entlassen.

Text und Foto: Klaus Stein