Linker Niederrhein
Mönchengladbach: Protest- und Solidaritätskundgebung
Es ist kurz vor Weihnachten.
Gehofft werden darf immer!
Das Trafowerk in Mönchengladbach wurde 1904 an der heutigen Rheinstraße gegründet, hat aber eine noch ältere Geschichte. Max Schorch hatte 1884 in Rheydt eine Fabrik für Elektromotoren, Dynamomaschinen, Bogenlampen und elektrischem Isolationsmaterial für die Textilindustrie gegründet. Der Standort Mönchengladbach ein Traditionsstandort mit weit über 100-jähriger Geschichte.
Die Eigentümer haben gewechselt, nach Schorch, ab 1925 als AG, kamen 1959 die Continental Elektroindustrie AG und ab 1990 die AEG, die 1994 Alstom verkaufte. 2004 ging das Werk in den Besitz des französischen Konzerns Areva über, bevor im Sommer 2010 der Bereich Stromübertragung wieder an Alstom, als Alstom Grid überging. Die Eigentümer haben gewechselt, aber die Transformatorenproduktion ist immer auf höchstem Niveau weitergelaufen.
Das soll sich jetzt, geht es nach dem Willen von General Elektrik (GE), ändern. Der hochmoderne Standort Mönchengladbach, Rheinstraße 73 soll dicht gemacht werden und die 371 Kolleginnen und Kollegen, die dort beschäftigt sind sollen auf die Straße fliegen.
Aber der Reihe nach: Vor zwei Jahren hat GE das Werk in Mönchengladbach vom unmittelbaren Konkurrenten Alstom gekauft, um seine Monopolstellung im europäischen Energie- und Elektromarkt auszubauen. Jetzt passen Teile dieser Sparte offensichtlich nicht mehr in das Gesamtportfolio von GE, bzw. bringt dieser gut funktionierende und mit Gewinn arbeitende Standort nicht mehr genügend Profit. Denn Profit alleine reicht den Herren nicht, es muss Höchstprofit sein. Und dieses Streben nach Höchstprofit sollen nun die Kolleginnen und Kollegen, nicht nur in Mönchengladbach, sondern auch in Kassel, Frankfurt/M., Berlin und anderen Standorten mit ihren Arbeitsplätzen bezahlen, denn GE will GE Grid (engl. Netz) Mönchengladbach dicht machen.
Erfahren davon haben die Kolleginnen und Kollegen vor einer Woche auf einer Betriebsversammlung und eine Schockstarre legte sich, wie der BR Vorsitzende Falk Hoinkis auf der Protest- und Solidaritätskundgebung am heutigen 21.12.17 sagte über das gesamte Werk. Diese Schockstarre löste sich glücklicherweise aber schnell wieder und der Betriebsrat hat gemeinsam mit der Belegschaft überlegt, wie es weiter gehen sollte. Zunächst einmal haben sich die verschiedenen betroffenen Standorte untereinander verständigt, dass man gemeinsam um die Arbeitsplätze kämpfen will und sich nicht gegeneinander ausspielen lassen will. So beteiligten sich, mit Unterstützung der örtlichen IG Metall, bereits am vergangenen Freitag 60 Mönchengladbacher Beschäftigte am Protest in Frankfurt. Dort befindet sich der Sitz des Unternehmens GE in Deutschland.
Dieser Kampf hat nun mit der Protest- und Solidaritätskundgebung an der Rheinstraße, zu der 50 solidarisch protestierende Kolleginnen und Kollegen aus dem Werk in Kassel angereist waren, heute für alle sichtbar auch in Mönchengladbach begonnen.
Eröffnet wurde die Kundgebung vom Kollegen Reimund Strauß, dem 1. Bevollmächtigten der IG Metall Mönchengladbach, mit ein paar grundsätzlichen Bemerkungen über die Bedeutung des Standortes Mönchengladbach und darüber, dass Solidarität die einzige Waffe sei im Kampf um den Erhalt der Arbeitsplätze.
Danach sprach der Vorsitzende des örtlichen Betriebsrates (BR) Kollege Falk Hoinkis, der auch Gesamtbetriebsratsvorsitzender (GBR) für GE Deutschland ist. Dessen Betroffenheit und Emotionalität konnte fast jeder auf der Kundgebung mit Händen greifen: Trotz aller Wut und Enttäuschung habe man sich im Werk zunächst einmal dazu entschlossen weiter zu arbeiten, um einem potentiellen Investor deutlich zu machen, dass die Beschäftigten hier stolz sind auf das, was man hier produziere. Der Belegschaft sei das Logo, das am Werk prangt, sehr egal, sie hätten schon unter zu vielen Eigentümern hervorragende Trafos gebaut, da käme es auf den einen mehr oder weniger auch nicht an. Wenn es sich aber zu Beginn des kommenden Jahres abzeichnen sollte, dass sich kein Investor findet, dann würde man zeigen, dass der Kampf auch sehr schnell andere Formen annehmen könne. Die Streiktonnen stünden noch in der Ecke, seien aber schon befüllt und wenn es sein müsse, stünden sie in einer Stunde auf der Straße. Dann werden sie brennen. Diese Ankündigung wurde von den anwesenden Kolleginnen und Kollegen mit großem Jubel und starkem Beifall quittiert. Noch habe man Hoffnung, denn diese sterbe bekanntlich zuletzt. Aber man sei zu allem Entschlossen, denn wer kämpft könne verlieren, aber wer nicht kämpft, der habe schon verloren.
Für das Kasseler Werk von GE, dort sollen 60 Kolleginnen und Kollegen gekündigt werden, überbrachte der dortige BR Vorsitzende Benjamin Heinecke die solidarischen Grüße der Kolleginnen und Kollegen.
Er betonte ausdrücklich, man werde sich nicht spalten lassen. Denn er befürchte, dass GE Grid nach einem solchen personellen Aderlass in Deutschland wohl kaum überlebensfähig sei und man deshalb auf Gedeih und Verderb aufeinander angewiesen sei. Stirbt ein Werk, werden auch die anderen kaum überleben.
Danach sprachen noch der 1. Bürgermeister von MG, Michael Schroeren, ein Vertreter des Mönchengladbacher Arbeitslosenzentrums und je ein Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche, die alle solidarische Grüße überbrachten und Hilfe im Rahmen ihrer Möglichkeiten zusagten.
Natürlich war unter den vielen Solidaritätsschreiben die die Kolleginnen und Kollegen erreichten auch ein Solidaritätsschreiben der DKP Linker Niederrhein. Dieses überbrachten die zur Kundgebung angereisten Peter Lommes als einer der Sprecher der DKP Rheinland-Westfalen und Mitglied des Parteivorstandes, sowie Holger Waschkowitz als Vertreter des DKP Kreises Linker Niederrhein, persönlich.
Text und Foto: Peter Lommes