Düsseldorf

Mieterprotest vor der Aktionärsversammlung in Düsseldorf

LEG-Gewinne gehen zu Lasten von unserer Omma ihre Rente

Protestiernde mit Transparent: »Keine Profite mit der Miete – Die Stadt gehört allen«.

25.06.2014 | »Die LEG er­ziel­te im Ge­schäfts­jahr 2013 ein Er­geb­nis aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung von 257,7 Mio. Eu­ro und über­traf da­mit das Vor­jah­res­er­geb­nis um 4,0 %.« Ei­ne sol­che Stei­ge­rungs­ra­te hat »un­se­re Om­ma« nicht auf ih­rem klei­nen Spar­buch. Un­se­re Oma ist auch kei­ne in­sti­tu­tio­nel­le An­le­ge­rin, nicht ein­mal ei­ne Kleink­tio­nä­rin der von CDU und FDP pri­va­ti­sier­ten Lan­des­ent­wick­lungs­ge­sell­schaft, die heu­te un­ter LEG Im­mo­bi­li­en AG fir­miert. Aber »un­se­re Om­ma« ist ei­ne von 260.000 Mie­tern, die von dem Kon­zern mit stei­gen­den Net­to­kalt­mie­ten kräf­tig zur Kas­se ge­be­ten wer­den. Im Ge­gen­satz zum Ma­nage­ment und den Ak­tio­nä­ren der LEG ist »un­se­re Om­ma« von dem »Er­geb­nis« da­her gar nicht be­geis­tert.

In der ver­gan­ge­nen Wo­che leg­te der Vor­stand in der Jah­res­haupt­ver­samm­lung in den »Düs­sel­dor­fer Rhein­ter­ras­sen« am Jo­seph-Beuys-Ufer die pas­sen­den Zah­len auf den Tisch. Un­ter dem Mot­to »Grow Steady Re­a­dy« (et­wa: Be­reit zum Wachs­tum) fei­er­te das ehe­mals lan­des­ei­ge­ne Un­ter­neh­men sei­ne per­ma­nen­te Ge­winn­stei­ge­rung. Vo­ka­beln wie »Ver­ant­wor­tung« für »Ver­drän­gungs­me­cha­nis­men« und »mas­si­ve Miet­stei­ge­run­gen« kom­men in dem Ge­schäfts­be­richt nicht vor.

Das Düs­sel­dor­fer »Bünd­nis für be­zahl­ba­ren Wohn­raum«, das »Mie­ter­Fo­rum Ruhr« und der Deut­sche Mie­ter­bund NRW hat­ten ge­mein­sam zu ei­nem bun­ten »Fest­emp­fang« ein­ge­la­den. Die Pro­test­ak­ti­on be­gann noch vor Be­ginn der Ak­tio­närs­ver­samm­lung mit we­nig kon­zer­tan­ter Mu­sik und un­ter de­zen­ter Po­li­zei­be­ob­ach­tung. Ei­ni­ge Ak­tio­nä­re schie­nen beim De­fi­lee so ir­ri­tiert oder in­ner­lich an­ge­spannt zu sein, dass es ih­nen nicht mög­lich war, die freund­lich dar­ge­bo­te­nen In­for­ma­ti­ons­flug­blät­ter an­zu­neh­men.

Die Ak­teu­re aus Düs­sel­dorf, Wit­ten und Dort­mund stell­ten in kur­zen Re­de­bei­trä­gen Hin­ter­grund und Kri­tik vor: Nach dem Ver­kauf des ehe­mals lan­des­ei­ge­nen Woh­nungs­un­ter­neh­mens LEG NRW GmbH im Jahr 2008 an ein Kon­sor­ti­um aus Fi­nanz­in­ves­to­ren un­ter der Fe­der­füh­rung der In­vest­ment­bank Gold­man Sachs wur­de das ehe­mals ge­mein­wohlori­en­tier­te Woh­nungs­un­ter­neh­men nach we­ni­ger als fünf Jah­ren zu ei­nem bör­sen­no­tier­ten Un­ter­neh­men un­ter dem Dach der LEG Im­mo­bi­li­en AG, de­ren vor­nehms­tes Ziel die Pro­fit­ma­xi­mie­rung ist.

Die neue Marsch­rou­te des Un­ter­neh­mens wird zu­las­ten der Mie­te­rin­nen und Mie­ter von LEG-Woh­nun­gen um­ge­setzt. So stie­gen die Mie­ten seit der Um­struk­tu­rie­rung der LEG in be­trächt­li­chem Aus­maß, oh­ne ei­ne ent­spre­chen­de Auf­wer­tung der Im­mo­bi­li­en fol­gen zu las­sen.

Der LEG-Vor­stand weiß zwi­schen Ak­tio­nä­ren, Kun­den und Ge­schäfts­part­nern ei­ner­seits und Mie­tern an­der­seits sehr wohl zu un­ter­schei­den. Für de ers­te Grup­pe wird fol­gen­des Ver­spre­chen ab­ge­ge­ben: »Beim Bör­sen­gang hat die LEG um das Ver­trau­en der In­ves­to­ren mit kla­ren Ver­spre­chen ge­wor­ben. Wir le­gen be­son­de­ren Wert dar­auf, dass wir die­se Ver­spre­chen in vol­lem Um­fang ein­hal­ten konn­ten. ›Pro­mi­se and De­li­ver‹ (Ver­spre­chen und Lie­fern) bleibt ei­ne we­sent­li­che Leit­li­nie des Han­delns der LEG. Dies gilt ge­gen­über un­se­ren Ak­tio­nä­ren so­wie ge­gen­über un­se­ren Kun­den und Ge­schäfts­part­nern.« Gleich­zei­tig wird ge­sagt, dass die LEG für sich in An­spruch neh­me, »sich ih­rer ge­sell­schaft­li­chen Ver­ant­wor­tung be­wusst« zu sein und »das in der So­zi­al­char­ta ver­an­ker­te Ni­veau von 12,50 Eu­ro wie in den Vor­jah­ren über­trof­fen« zu ha­ben. Ge­meint ist »ei­ne füh­ren­de Pro­fi­ta­bi­li­tät in der Bran­che. Auf die­ser Ba­sis wer­den wir der Haupt­ver­samm­lung ei­ne Di­vi­den­de pro Ak­tie von 1,73 Eu­ro vor­schla­gen. Dies ent­spricht ei­ner Di­vi­den­den­ren­di­te von 4,0 %.« Die wie­der­um hö­her aus­fällt als die Zin­sen auf dem Spar­buch von »un­se­rer Om­ma«. Und die LEG ver­folgt das Ziel, »wei­ter­hin über­durch­schnitt­lich zu wach­sen und das Er­geb­nis da­bei über­pro­por­tio­nal zu stei­gern.«

Die Per­spek­ti­ve ist de­fi­niert: »Die LEG steht für ei­ne füh­ren­de Pro­fi­ta­bi­li­tät und ein sta­bi­les Wachs­tum. An dem Ziel, 65 % des ffo i (Funds From Ope­ra­ti­ons, Be­triebs­er­geb­nis, UK) als Di­vi­den­de aus­zu­schüt­ten, hält die LEG wei­ter­hin fest. Dar­aus lei­tet sich der kla­re An­spruch ab, dass wir für un­se­re Ak­tio­nä­re auch zu­künf­tig at­trak­ti­ve und nach­hal­tig stei­gen­de Di­vi­den­den er­wirt­schaf­ten wol­len. Für das Ge­schäfts­jahr 2014 lässt sich aus dem Aus­blick für den ffo i von 155 bis 159 Mio. Eu­ro (2,93 bis 3,00 Eu­ro pro Ak­tie) be­reits ein er­war­te­tes zwei­stel­li­ges Di­vi­den­den­wachs­tum ab­lei­ten. Die Ef­fek­te aus wei­te­ren Ak­qui­si­tio­nen sind dar­in noch nicht ent­hal­ten.«

Die LEG ver­fügt al­lein in Düs­sel­dorf über ca. 3.300 Woh­nun­gen. Im Stadt­teil Ga­rath sind es über 1.400, wo­durch dem Woh­nungs­un­ter­neh­men ein im­men­ser Ein­fluss auf die Ent­wick­lung der Miet­prei­se in die­sem Stadt­teil zu­teil wird. Nach­dem die LEG zu Be­ginn des Jah­res 2009 noch Woh­nun­gen mit ei­nem durch­schnitt­li­chen Net­to­kalt­mie­ten­preis von 5,00 €/m² an­ge­bo­ten hat­te, stie­gen die An­ge­bots­prei­se bis 2013 auf 7,30 bis 7,50 €/m² an.

Ins­ge­samt ver­wal­tet die LEG et­wa 91.000 Woh­nun­gen. Der Bör­sen­wert der LEG Woh­nen GmbH liegt bei 2,3 Mil­li­ar­den Eu­ro. Zahl­rei­che In­itia­ti­ven und Bünd­nis­se in NRW weh­ren sich seit Lan­gem ge­gen die teils rechts­wid­ri­gen Miet­erhö­hun­gen der LEG und set­zen so ein Zei­chen ge­gen Gen­tri­fi­zie­rung und das Ver­ständ­nis von Wohn­raum als Wa­re. Der Mie­ter­kampf wird ge­ra­de nach die­ser Ak­tio­närs­ver­samm­lung nicht be­en­det.

Uwe Koopmann
Foto: Bettina Ohnesorge