Gerresheim

Offener Brief an die Mitglieder der SPD

Banner: »Vereinigte Sozialdemokratische Partei Distrikt Gerresheim«.

In ei­nem »Of­fe­nen Brief an die Mit­glie­der der SPD« ruft die DKP Ger­res­heim auf, beim Mit­glie­der­ent­scheid über den Ko­ali­ti­ons­ver­trag mit NEIN zu stim­men. Wir do­ku­men­tie­ren:


Liebe Genossinnen und Genossen,

in der letz­ten Wo­che wur­de zwi­schen den Par­tei­vor­sit­zen­den von CDU, CSU und Ih­rer Par­tei in Ber­lin die Ko­ali­ti­ons­ver­ein­ba­rung zur Bil­dung ei­ner Gro­ßen Ko­ali­ti­on auf Bun­des­ebe­ne un­ter­zeich­net. Bis zum 12. De­zem­ber ha­ben Sie die Mög­lich­keit, über den Ver­trag zur Bil­dung der Gro­ßen Ko­ali­ti­on ab­zu­stim­men.

 

Mit die­ser Ver­ein­ba­rung gibt es je­doch kei­nen Po­li­tik­wech­sel, wie Ihr Vor­sit­zen­der Sig­mar Ga­bri­el zu Be­ginn an­ge­kün­digt hat­te. Statt­des­sen ent­hält sie nur mar­gi­na­le, kos­me­ti­sche Ver­bes­se­run­gen für die ar­bei­ten­den Men­schen. Be­dient wer­den lei­der be­son­ders die In­ter­es­sen der Rei­chen so­wie der Kon­zer­ne und Ban­ken.

Statt die Ver­mö­gen steu­er­lich mehr zu be­las­ten, wie es Ih­re Par­tei­füh­rung vor der Wahl ver­spro­chen hat­te, wird es in der kom­men­den Le­gis­la­tur­pe­ri­ode Steu­er­er­hö­hun­gen für al­le Bür­ge­rin­nen und Bür­ger ge­ben.

Mit ei­nem Min­dest­lohn von 8,50 Eu­ro lie­gen Be­trof­fe­ne un­ter der of­fi­zi­el­len Ar­muts­gren­ze von 980 Eu­ro. Ei­ne sol­che Ent­loh­nung er­mög­licht kei­ne Teil­nah­me am ge­sell­schaft­li­chen und kul­tu­rel­len Le­ben, mit die­sem Ein­kom­men kann kei­ne Fa­mi­lie er­nährt wer­den. Je­de Be­zah­lung un­ter 10 Eu­ro be­deu­tet Ar­mut im Ren­ten­al­ter. Ein ver­bind­li­cher flä­chen­de­cken­der Min­dest­lohn in die­ser viel zu ge­rin­gen Hö­he wird mit Über­gangs­zei­ten erst 2017 kom­men. Für zahl­rei­che Bran­chen wird es Schlupf­lö­cher ge­ben. An der Si­tua­ti­on, dass Be­trof­fe­ne er­gän­zend Hartz IV be­an­tra­gen müs­sen, wird sich al­so nichts än­dern!

Grund­sätz­lich bleibt es bei der Ren­te mit 67. Der ab­schlag­freie Zu­gang zur Ren­te mit 63 er­folgt nur nach 45 Bei­trags­jah­ren und wird schritt­wei­se auf 65 Jah­re an­ge­ho­ben. Nur we­ni­ge ar­bei­ten­de Men­schen wer­den die­se Be­din­gun­gen er­fül­len. Ei­ne Po­li­tik für »die klei­nen Leu­te« sieht an­ders aus!

Die groß an­ge­kün­dig­te Miet­preis­brem­se wird es nur in Ge­bie­ten mit »an­ge­spann­ten Woh­nungs­märk­ten« ge­ben. Die Fest­le­gung die­ser Ge­bie­te soll durch die je­wei­li­gen Lan­des­re­gie­run­gen er­fol­gen. Für den Woh­nungs­markt in vie­len Be­rei­chen wird sich fak­tisch nichts än­dern. Auch die an­ge­kün­dig­te Re­du­zie­rung der Mo­der­ni­sie­rungs­um­la­ge ist ein Flop. Statt bis­her 11 Pro­zent der Ge­samt­kos­ten kön­nen künf­tig 10 Pro­zent der Ge­samt­kos­ten auf die Mie­te auf­ge­schla­gen wer­den. Auch künf­tig wer­den die Miet­kos­ten im­mer mehr vom Lohn auf­fres­sen!

Plakat mit vier Farbfeldern, einmal rot, einmal grün und zweimal schwarz: »Was nun SPD?«.

Von der Wahl­kampf­an­kün­di­gung der Ent­las­tung der Kom­mu­nen, ins­be­son­de­re den über­schul­de­ten Städ­ten im Ruhr­ge­biet, ist nichts üb­rig ge­blie­ben. Die jetzt vor­ge­se­he­ne Über­nah­me der Kos­ten der Grund­si­che­rung im Al­ter wur­de den Kom­mu­nen schon von der Vor­gän­ger­re­gie­rung zu­ge­sagt. Kei­ne Zu­sa­ge des Bun­des gibt es für die Über­nah­me der Kos­ten für die Schul­so­zi­al­ar­beit, de­ren Wei­ter­fi­nan­zie­rung En­de De­zem­ber 2013 aus­läuft. An der Ab­wäl­zung von Kos­ten des Bun­des auf die Kom­mu­nen hat sich al­so nichts ge­än­dert!

Das kon­ser­va­ti­ve Ge­sell­schafts­mo­dell von CDU/CSU wird im Ko­ali­ti­ons­ver­trag deut­lich, wenn das frü­her auch von Ih­rer Par­tei hef­tig kri­ti­sier­te El­tern­geld künf­tig er­wei­tert wird. Das Grund­recht auf Streik wird durch das Ge­setz zur Ta­rif­ein­heit aus­ge­he­belt, die Leih­ar­beit nicht ver­bo­ten. Die Ein­füh­rung der Vor­rats­da­ten­spei­che­rung ist ein Damm­bruch für die in­for­ma­tio­nel­le Selbst­be­stim­mung. Die PKW-Maut für al­le wird kom­men.

Nach der Be­frei­ung vom Hit­ler-Fa­schis­mus wa­ren So­zi­al­de­mo­kra­ten und Kom­mu­nis­ten ge­mein­sam der Auf­fas­sung, dass vom deut­schen Bo­den nie wie­der ein Krieg aus­ge­hen darf. Die Gro­ße Ko­ali­ti­on tritt da­für ein, dass die Bun­des­wehr auch künf­tig im Aus­land die In­ter­es­sen des deut­schen Im­pe­ria­lis­mus mi­li­tä­risch si­chern und durch­set­zen soll. Im Ko­ali­ti­ons­ver­trag wird dies in die Wor­te ge­klei­det: »Wir be­ken­nen uns zur NA­TO und zu ih­rem neu­en stra­te­gi­schen Kon­zept.« Neue Krie­ge mit der Be­tei­li­gung der Bun­des­wehr zur Si­che­rung der Roh­stoff­in­ter­es­sen sind fest ein­ge­plant.

Dies sind nur ei­ni­ge Bei­spie­le aus den 185 Sei­ten des Ko­ali­ti­ons­ver­tra­ges zwi­schen CDU/CSU und Ih­rer Par­tei. Für Kin­der und Ju­gend­li­che, ar­bei­ten­den Men­schen, Er­werbs­lo­se und Rent­ner be­deu­tet die Gro­ße Ko­ali­ti­on ge­sell­schaft­li­chen Rück­schritt. Wol­len Sie künf­tig da­für ein­ste­hen, dass Ih­re Par­tei steht für Ar­mut, Be­sei­ti­gung de­mo­kra­ti­scher Rech­te und Krieg? Wir ru­fen Sie auf, beim Mit­glie­der­ent­scheid über den Ko­ali­ti­ons­ver­trag mit NEIN zu stim­men!

 

Inge Trambowsky
Uwe Koopmann
Ute van Roosmalen


Der 185-seitige Vertrag zum Nachlesen (pdf)