Bonn
EU und NATO – Hände weg von der Ukraine!
Rede des stellvertretenden DKP-Vorsitzenden Hans-Peter Brenner auf dem Internationalen Maifest in Bonn
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Liebe Genossinnen und Genossen – liebe Freunde!
Auch wenn es manche vergessen haben und vielleicht auch gar nicht mehr hören wollen: der 1. Mai ist und war in erster Linie ein Kampftag der internationalen Arbeiterbewegung. Seine Wurzeln liegen an jenem fernen 4. Mai des Jahres 1886, als die Polizei in Chicago auf dem dortigen HayMarket auf Arbeiter schoss, die für die Einführung des 8-Stunden-Tages demonstrierten. Seit 1889 wird auf Beschluss der damals noch revolutionären II. Internationale der 1. Mai in Erinnerung an diese Morde an Arbeitern als Kampftag für die Rechte der arbeitenden Klassen in aller Welt begangen. Deshalb gilt mein Gruß auch zuerst allen Kolleginnen und Kollegen, die weltweit gegen Kapitalismus, Imperialismus, Faschismus und Krieg kämpfen und demonstrieren: Für Arbeiter- und Arbeiterinnenrechte. Für die Rechte der arbeitenden und lernenden Jugend.
Heute gilt mein besonderer Gruß aber vor allem den Kolleginnen und Kollegen, die in der Ukraine gegen eine von USA-Imperialismus, von der NATO und dem EU-Imperialismus installierten Regime ankämpfen. An deren Spitze stehen Faschisten und Nationalisten, die sich teilweise unmittelbar auf die faschistischen Brandstifter des 2. Weltkrieges und deren Hilfstruppen berufen. Sie stehen in den Traditionen des Hitlerfaschismus, der mörderischen Wehrmacht, der SS und deren Hilfstruppen in der Ukraine, in Polen und dem Baltikum. Ihre »Helden« sind diejenigen, die bereits vor 70 Jahren gegen den Marxismus den Kommunismus und Bolschewismus und die sogenannten »jüdischen und slawischen Untermenschen« einen erbarmungslosen Ausrottungskrieg führten. Auf deren Konto ging nicht nur der Holocaust mit 6 Millionen vergasten und erschlagenen Juden. Auf deren Konto gingen 27 Millionen sowjetische Männer, Frauen und Kinder.
Ich habe in den 70er und 80er Jahren in Weißrussland, Leningrad und Moskau als junger Kommunist die Gedenkstätten und Gräber für die Opfer des deutschen Faschismus gesehen. Es waren Eindrücke, die ich nie vergessen habe. Ich wusste nichts von dem Massaker im August 1941 in der ukrainischen Stadt Berditschew, bei dem die Hälfte der damals ca. 65.000 Einwohner der Stadt von SS-Sonderkommandos ermordet und in Massengräbern am Flugplatz verscharrt wurden, weil sie Juden oder kommunistische Funktionäre waren. Sie wurden vernichtet und verscharrt am Rande des Flugplatzes an dem auch – wie ich es viel viel später aus dem Kriegsalbum des Vaters sah – dieser zur selben Zeit seinen sogenannten »Dienst« tat.
Und heute sind die Nachfolger und Gesinnungskumpane der Faschisten, aber zugleich auch die Nachfolger der Wehrmachtsoffiziere wieder in der Ukraine aktiv. Sie, die vom amerikanischen und europäischen Imperialismus an die Spitze der Putschisten gestellt wurden, singen die gleiche Litanei wie damals. Und es geht wie damals um »Kohle« im doppelte Sinne. Es geht um die Eroberung der Rohstoffe und Industriepotentiale der Ukraine für das deutsche und internationale Monopolkapital. Und es geht um die geopolitische Langzeitplanung, die bis vor den 1. Weltkrieg zurückführt. Der deutsche Imperialismus hatte bereits damals – noch in der vor-sowjetischen Zeit als sein ausgewiesenes Kriegsziel die »Zerstückelung des russischen Kolosses« und die Schaffung eines »großeuropäischen Wirtschaftsraum« unter deutscher Führung auf sein Panier geschrieben. Der deutsche Imperialismus hat dazu bereits damals in den Randzonen Russlands »nationale Revolutionen« und Aufstände geschürt, um Russland zu schwächen und um von Großdeutschland abhängige Satellitenstaaten zu schaffen. Das galt erst recht für die acht Jahrzehnte, als es die Sowjetunion gab, die den Welteroberungsplänen des deutschen Großkapitals die Macht seiner sozialistischen, marxistischen und leninistischen Ideologie und die Kraft seiner Roten Armee unter der Führung der kommunistischen Partei der Sowjetunion entgegenstemmte.
Es kam, wie es der in diesem Jahr vor 70 Jahren von Hitler, Himmler und deren Schergen ermordete damalige Vorsitzende der Kommunistischen Partei Deutschlands, Ernst Thälmann, in deren Tradition die DKP heute steht, sagte. Sein Gefängniswärter überbrachte ihm im Herbst 1941 triumphierend die Nachricht, dass Moskau so gut wie in den Händen der deutschen faschistischen Armee und dass »Stalin kaputt« sei. Thälmann – seit bereits acht Jahren in Einzelhaft – hatte nur einen Satz dafür übrig: »Stalin bricht Hitler das Genick.« So kam es. Und wir, die nach dem Krieg Geborenen und auch Ihr, für die dieser Krieg emotional so weit weg ist wie Cäsars Krieg gegen die Gallier, verdanken unser Leben ohne Faschismus dieser sowjetischen, dieser Roten Armee.
An diesem 1. Mai ist es deshalb ein besondere Pflicht, das antifaschistische Erbe und das politische Erbe der Arbeiterbewegung in Erinnerung zu rufen und ihre Lehren für heute zu nutzen.
Das heißt:
Nie wieder Krieg!
Nie wieder Faschismus!
EU und NATO Hände weg von der Ukraine!
Deutsche Truppe, deutsche Soldaten raus aus der Ukraine!
Hände weg von den russischen Grenzen!