Düsseldorf

Wirtschaftsentwicklung in Düsseldorf

Zur aktuellen Entwicklung
der Wirtschaft in Düsseldorf


Demonstranten vor DKP-Fahne.Die Wirtschaftsentwicklung in Düsseldorf korrespondiert mit der in der Bundesrepublik (und der in der EU). Es gibt vergleichbare Trends und gegenläufige Bewegungen am lokalen Standort. Die Ursachen sind im Portfolio der Unternehmen und der überproportionalen Kapitalakkumulation der ansässigen Konzerne zu sehen.

Die Westdeutsche Zeitung titelt: »Trübe Aussichten für die deutsche Konjunktur«. Basis dieser Aussage ist eine Untersuchung des Münchener Ifo-Instituts. Leiter des Instituts ist Prof. Dr. Hans-Werner Sinn. Hinter dem Ifo-Institut verbirgt sich das Institut für Wirtschaftsforschung. Es fragt nach der »Aktuellen Geschäftslage« und »Geschäftserwartungen«. Der Fragebogen enthält 20 Fragen. Bei der Bewertung der »gegenwärtigen Geschäftslage« gibt es drei Kriterien: »gut«, »befriedigend« und »schlecht«. Die Geschäftserwartungen für die jeweils kommenden sechs Monate werden nach »günstiger« und »ungünstiger« unterschieden. Zur Nachfragesituation heißt es »verbessert«, »gleich bleibend« oder »verschlechtert«. Und die Entwicklung der Beschäftigtenzahlen wird unterschieden nach »zunehmend«, »gleichbleibend« und »abnehmend«.

In die Berechnung und Interpretation gehen branchenbezogene Gewichtungen ein: Die Automobilindustrie zählt mehr als die Textilindustrie, große Unternehmen mehr als kleine. Die Fragebogen gehen an Unternehmen im Verarbeitenden Gewerbe, Bauhauptgewerbe, Groß- und Einzelhandel. Der Rücklauf liegt bei etwa 7.000 beantworteten Fragebögen. Die Ergebnisse gelten als »weicher Frühindikator«. Die Genauigkeit ist spekulativ. Es handelt sich um ein Stimmungsbild.

Aktuell sank der Geschäftsklimaindex gegenüber dem Vormonat von 104,7 auf 103,2 Punkte. Die Minderung liegt also bei knapp 1,5 Prozent. Der bisherige Höchstwert lag bei 115,4 Punkten (Februar 2011), der niedrigste Wert bei 84,0 Punkten (Mai 1993).

Ursachen für die Tendenz: Die Wirtschaft im Euro-Raum wird nur noch um 0,8 Prozent wachsen. Der Anteil der Exporte am Bruttoinlandsprodukt (BIP) liegt bei etwa 40 Prozent. Die deutschen Exporte nahmen im August um 5,8 Prozent ab. China und Brasilien wachsen nicht mehr auf höchstem Niveau. – Gegenläufige Tendenzen gibt es durch den Konsumklimaindex, der anzeigt, dass die Kauflaune im Moment steigt. Weihnachten steht vor der Tür. Sparen bringt kaum noch Zinsen. Die Arbeitslosenquote liegt bei 6,5 Prozent bei regionaler Streuung.

Hinter der Wirtschaft stecken Menschen: Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz kämpft um 1,9 Milliarden Euro, die sie bei dem Deal von Quelle/Karstadt mit Arcandor verloren hat. Beschuldigte: Ex-Arcandorchef Thomas Middelhoff, die Hausbank Sal. Oppenheim, der Vermögensberater Josef Antonius Esch. Bei Karstadt wackeln 17.000 Arbeitsplätze, 2.000 sind auf der aktuellen Streichungsliste. René Benko (Signa) soll Interesse haben an Kaufhof (Metro). Kaufpreis 2,5 bis 2,7 Milliarden Euro. Metro und Benko dementierten.

Werner Schmidt (71) war Chef der BayernLB und in dieser Funktion am Kauf der Hypo Group Alpe Adria (HGAA) beteiligt. Schmidt bestach den früheren Kärtner Landeshauptmann (Ministerpräsident) Jörg Haider. Haider verlangte 2,5 Millionen Euro für die Zustimmung zum Verkauf des Klagenfurter Fußballstadions. Schmidt zahlte. Dafür bekam er 18 Monate Gefängnis auf Bewährung und 100.000 Euro Geldstrafe.

Anton Schlecker vernichtete die Arbeitsplätze von 25.000 Beschäftigten, hauptsächlich Frauen. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelt gegen ihn wegen Untreue, Insolvenzverschleppung und Bankrott. Schlecker sitzt nicht in Untersuchungshaft. Er hat freien Eintritt in sein (ehemaliges) Chefbüro.

Fazit: Die Vertreter des Kapitals fallen auch in Stunden des persönlichen Elends so weich, dass ihr »Landeplatz« immer noch als blanker Luxus bezeichnet werden kann. Der Klassencharakter einer Gesellschaft zeigt sich auch während und nach einer Pleite.

Zu Düsseldorf

Das erschütternde Schicksal von Madeleine Schickedanz führt auf verschlungenen Wegen über Thomas Middelhoff, Nicolas Berggruen und René Benko bis in die Schadowstraße, eine der umsatzstärksten deutschen Einkaufsmeilen: Das Karstadt-Kaufhaus könnte auf der Abschussliste stehen. Nach »Focus« und einer internen Liste hat das Nobel-Kaufhaus die schlechtesten Geschäftszahlen aller Filialen. – 2009 wurden an 32 Standorten die Kaufhäuser der Hertie-Kette geschlossen.

Demonstranten mit roten Fahnen und Transparent: »Kapitalismus geht über Leichen«.Galeria Kaufhof (Metro-Tocher, gegründet als Horten-Filiale) an der Ecke von Berliner- und Graf-Adolf-Straße-Straße schließt zum Jahresende. 43 Beschäftigte haben keine Perspektive. Das Gebäude (16.000 qm) gehört einer Kölner Immobilienverwaltungsgesellschaft. Auch das Carsch-Haus (ehemals Horten, mit dem Horten-Logo über dem Eingang) am Heinrich-Heine-Platz ist eine Kaufhof-Filiale. Horten, mit Sitz in Düsseldorf, war nach Kaufhof, Hertie und Karstadt die viertgrößte deutsche Warenhauskette.

Vom Handel zur Industrie: Zwischen 24 und 30 Prozent der »Wertschöpfung« leistet in Düsseldorf die Industrie.

Bei der Sprinter-Produktion von Daimler sind in Düsseldorf wegen der geplanten Verlagerung in die USA bis zu 1.800 Arbeitsplätze gefährdet. Definitiv fällt die Produktion des VW-Modells Crafter im Sprinterwerk Ende 2016 weg. Der Wegfall und die Verlagerung können dazu führen, dass eine komplette Schicht vernichtet wird. Die Kollegen haben mehrere öffentliche Aktionen durchgeführt. Der Betriebsratsvorsitzende Thomas Weilbier sieht die Belegschaft »kampferprobt und hervorragend organisiert«. Er orientiert auf eine Ausgleichsfertigung für die wegfallende US-Produktion und auf »Ruhe bewahren«. Bei der «Industrie-Nacht« ist die Arbeitsplatzvernichtung kein Thema.

Rheinmetall reduzierte die Umsatzerwartung von 4,8 bis 4,9 Mrd Euro (2013) auf 4,6 bis 4,4 Mrd Euro (2014). Gewinnminderung um 30 Millionen Euro auf 200 bis 220 Millionen Euro. Auftragsverlust durch Exportverbot der Bundesregierung: Gefechtsübungszentrum für 100 Millionen Euro. Der Konzern fordert Schadensersatz. Im zweiten Quartal 2014 wurden 1.100 Arbeitsplätze vernichtet. »Stammbelegschaft« in der Rüstung: 9.200 Beschäftigte. Düsseldorf ist die Konzernzentrale. In Deutschland hat der Konzern 30 Standorte. 1992 Ende der Produktion von Panzertürmen und Geschützen.

Bis auf einige Kräuter alles platt – Gelände der Glashütte.

Firmensterben in Düsseldorf:

  • Nirosta = Outokumpa Nirosta GmbH, Werk Düsseldorf-Benrath, Headquarter Deutschland: Krefeld. Konzernsitz: Espoo, Finnland. Mehrjährriges Tauziehen mit ThyssenKrupp. 50 Prozent der deutschen Edelstahlnachfrage. Werk Bochum schließt 2015.
  • Stora Enso: Werk Düsseldorf-Reisholz. Europas größter Konzern der Forst- und Papierindustrie. Umsatz: 14,6 Mrd Euro, 44.000 Beschäftigte in 40 Ländern.
  • Mannesmann Demag Hüttentechnik
  • Kematen
  • Carborundum
  • Metso-Lindemann: Erkrather Straße. 114 Kündigungen.
  • Zamek: Produktionsverlagerung nach Polen und Rumänien angekündigt.
  • E-Plus: Aufsichtsratsentscheidung am 3. November zur Vernichtung von 1.600 Stellen der bisher 9.100 Arbeitsplätze auf Konzernebene. Hauptknackpunkt der Gespräche ist naturgemäß die Höhe der Abfindung für ausscheidende Kollegen. Im Gespräch sind rund zwei Monatsgehälter pro Beschäftigungsjahr. Außerdem verlangen die Betriebsräte Zuschläge bei der Abfindung für zu versorgende Kinder und einen Fonds für Sozialfälle. Es wird auch diskutiert, eine Firma anzuheuern, die Beschäftigten hilft, eine neue Stelle zu finden (»Outplacement«), sowie eine Beschäftigungsgesellschaft aufzubauen.
  • ThyssenKrupp: 17. Juni 2010 aus dem Drei-Scheiben-Haus nach Essen. 350 Beschäftigte.
  • Anlagenbauer SMS (Zentrale nach Mönchengladbach). Aufsichtsratsvorsitzender: Dr. Heinrich Weiss (AfD-Förderer), 1200 Beschäftigte gehen 2017 nach MG. 200 Arbeitsplätze werden vernichtet. 10 Prozent Profit. »Kostenreduzierung« über 250 Millionen Euro bis 2017.
  • Gerresheimer Glashütte: 2005 Ende der Produktion. Arbeitsplatzvernichtung zwischen 300 (2005) und 6000 (60er Jahre)
  • Gerresheimer Glas AG. Firmensitze: Gerresheim Heyestraße, Mörsenbroicher Weg, Goethestraße, Klaus-Bungert-Straße 4. 100 Arbeitsplätze. Weltweit: 10.000 Arbeitsplätze.
  • Muskator: Tierfutterhersteller Holzstraße am Hafen. 2013 Insolvenz angemeldet. 28. März 2013 Produktion eingestellt.

 

Firmenansiedlungen:

  • Rollon (aus Ratingen): Führungssysteme-Hersteller, Bonner Straße
  • Warema Renkhoff (aus Hilden): Sonnenschutzsysteme, europäischer Marktführer. 15 Arbeitsplätze
  • CVS Logistics. 15 Arbeitsplätze
  • Toto Europe GmbH, japanische Europazentrale. Showroom im Grand Bateau, Medienhafen
  • Yamazaki Mazak (aus Ratingen). Japanischer Werkzeugmaschinenkonzern. 40 Arbeitsplätze (weltweit 6.600)
  • Codecentric (aus Solingen). Software-Entwickler
  • CretschmarCArgo (aus Wuppertal) Neue Europazentrale (12 Millionen Euro)
  • Vodaphone: Umzug vom Mannesmannufer (200 Millionen Euro) nach Heerdt. Gesamtumsatz: 9,6 Mrd Euro. 10.500 Beschäftigte. Vodaphone Campus: 5.000 Arbeitsplätze.
  • Alltours (von Duisburg) ins Dreischeibenhaus. 500 Beschäftigte. 50 neue Arbeitsplätze.
  • Patrick Schwarz-Schütte (Black-Horse-Investments) und Momeni-Group Hamburg): Dreischeibenhaus. Investitionsvolumen: 250 Millionen Euro. 30.000 qm Bürofläche. Miete: 30 Euro/qm.

Quelle: Referat im KV am 05.11.2014