Aus Kreisen & Gruppen

Villa statt Container

Die anrüchige Villa von Dr.-Ing. E. h. Hans-Günther Sohl

Aktionisten mit Transparent »Flüchtlinge willkommen...«.

Die DKP Gerresheim wurde von interessierter Seite darauf aufmerksam gemacht, dass sie doch anregen sollte, die leere Villa des Industriemagnaten Hans-Günther Sohl (1906 – 1989) als Unterkunft für Flüchtlinge in die politische Diskussion einzubringen. Auch das Grundstück mit seinen 40.000 Quadratmeter könnte sinnvoll dafür genutzt werden. Die DKP übernahm die freundliche Anregung in der Form eines zurückhaltenden Prüfantrags: »Die Bezirksvertretung 07 bittet die Verwaltung zu prüfen, ob und in welchem Maße die riesige Fläche am Gartenkamp (40.000 qm) und das große leerstehende Gebäude (Villa Sohl) in Absprache mit dem Eigentümer als Unterkunftsfläche für Flüchtlinge genutzt werden kann.« Zur Begründung hieß es ebenso zurückhaltend: »Vielleicht trägt diese Anregung dazu bei, die zweifellos angespannte Lage bezüglich der Unterbringung der Flüchtlinge wenigstens punktuell zu entlasten.«

Villa im verwilderten Garten.

Der Antrag ging ans Gerresheimer Rathaus und zur Kenntnis gleichzeitig an die Flüchtlingsbeauftragte Miriam Koch (Grüne) und den Düsseldorfer Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD). Von den Mitgliedern der Bezirksvertretung aus CDU, SPD, FDP, Grüne und Linkspartei mochte aber niemand dem Anliegen in der Form eines Dringlichkeitsantrages zustimmen. So ging der Antrag an das Büro des Oberbürgermeisters zur Prüfung, ob er denn als Einwohnerantrag zugelassen werden könnte. Die Prüfung ist nicht abgeschlossen.

Die Sohl-Villa für Flüchtlinge von der Stadt anzumieten oder die Sohl-Erben gar im Interesse des Gemeinwohls zu enteignen, war somit noch nicht Thema im Rathaus. Dabei steht die Immobilie seit rund zehn Jahren leer. Bis zum Tod seiner Witwe, Baroness Anneliese von Wrede, wurde der landschaftsgeschützte Sohl-Park von den Gärtnern des Thyssen-Konzerns gepflegt. Mit dem Tod von Frau Wrede erlosch das Pflegschaftsverhältnis – und alles vergammelt. Vermutlich eine Ausnahme: der Atomschutzbunker. In der Villa gibt es eine »anrüchige« Atmosphäre, denn Hase und Igel, Fuchs, Ratten und andere Tierarten haben über Jahre Losung und andere individuelle Duftnoten abgesondert, um die Eigentumsverhältnisse neu zu dokumentieren.

Hinter Gittern: Grab-ähnliche Sandwüste zwischen neuen Containern.

Sohl selber hat seine eigene Vita eingebracht: NSDAP-Mitglied (1933 – 1945), Wehrwirtschaftsführer der Reichsvereinigung Eisen (ab 1942), Internierungsgefangener (1945 – 1947), Vorstandsvorsitzender der Thyssen AG, Träger u.a. des großen Verdienstkreuzes mit Stern und Schulterband der Bundesrepublik Deutschland. Der Besitz ist in die Familie des Freiherrn Riederer von Paar geflossen. Dieses bayrische Adelsgeschlecht hatte durch Max R. v. P. ebenfalls einen besonderen politischen Bezug: Er schlug als Zeitfreiwilliger des Freikorps Epp die Münchner Räterepublik nieder und gehörte 1945 zu den Gründern der CSU. Die Herrschaften sind möglicherweise untereinander so zerstritten, dass sie die geschätzte Vermietung für circa 10.000 Euro pro Monat oder die Veräußerung der Immobilie nicht geregelt bekommen.

Die Gerresheimer DKP ist jedenfalls der Auffassung, dass in dem »Stall« ordentlich ausgemistet werden müsste. Mit einer Aktion vor dem Stahltor hat sie schon einmal vorgegriffen: »Flüchtlinge willkommen!«

Uwe Koopmann
Fotos: Ohnesorge (2), Koopmann (1)