Köln

Philosophieseminar der DKP Köln

 Wolfgang spricht, die Zuhörenden nachdenklich. Auf dem Tisch Papiere, Bücher, leergetrunkene Kaffeetassen zwei einsame Plätzchen.

Vernunft und Geschichte

Jalhay, 23./24. September 2017. Die Barrage de la Gileppe, die Gileppe-Talsperre, ist 1878 von Leopold II. eingeweiht worden. Leopold II. war von 1865 bis 1909 König der Belgier und Privateigentümer des Kongo, sein Kolonialreich, das er grausam ausbeutete. Damals ging es um Kautschuk und Elfenbein. Heute heißen die Rohstoffe Coltan und Lithium, um die im Kongo Kriege geführt werden.

Der brabantische Löwe, 13,5 Meter hoch, ziert die Krone des Staudamms. Er richtet seinen Blick nach Osten, wo fünf Kilometer weiter die preußische Grenze verlief. Das deutschsprachige Eupen liegt dahinter. So kam unser Hotel am Fuße des Damms zu seinem Namen: Hotel du Lion. Zugegeben, es hat schon bessere Zeiten gesehen. Uns empfängt in gewohnter Gastfreundlichkeit Frau Scolard. Für das Philosophieseminar «Vernunft und Geschichte», das die DKP Köln vorbereitet hat, stehen Wintergarten, Kaffee, die Kochkunst der Wirtin, landesübliche Trappistenbiere sowie in den Pausen kurze Spazierwege zur Verfügung.

Worüber wollen wir uns verständigen?

Wir wollen wissen: was ist Fortschritt? Gibt es Vernunft in der menschlichen Geschichte? Was hat es mit der marxistischen Formationstheorie auf sich, nach der sich die Produktionsweisen im Zuge der Entwicklung der Produktivkräfte ablösen und fesselnde Produktionsverhältnisse von Mal zu Mal gesprengt werden. Uns erwartet eine Darstellung der Geschichte der Formationstheorie. Und wir wollen bei Hegel und Marx nachlesen. Georg Lukács rechnet in seinem Buch «Der Weg des Irrationalismus von Schelling zu Hitler» mit der irrationalistischen Philosophie ab: von der Periode, die unmittelbar der französischen Revolution folgte, bis zum deutschen Faschismus und der gegenwärtigen imperialistischen Philosophie. Uns interessiert namentlich Nietzsches Beitrag zum Faschismus. Und schließlich wollen wir Klarheit über die sechste Feuerbachthese: Nach Marx ist das menschliche Wesen kein dem einzelnen Individuum innewohnendes Abstraktum, sondern das Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse. Was bedeutet das für unser organisiertes politisches Handeln?

Wir bekommen vier Vorträge zu hören

  1. Einführung in die Geschichtsphilosophie Hegels
  2. Zur Geschichte der Formationstheorie
  3. Die Zerstörung der Vernunft. Nietzsche und der Faschismus
  4. Der prognostische Wert der marxistischen Formationstheorie

Am Sonntagmorgen überrascht uns Erasmus mit der Lesung einer Geschichte aus den achtziger Jahren. Sie spielt 1975 in Leningrad und hat die Gestalt einer unentwickelten Liebesaffäre. Hintergrund ist der Konflikt sehr unterschiedlicher politischer Erfahrungen sowjetischer und westlicher Kommunisten. Wie sind die sowjetischen Kommunisten mit der durch stalinsche Herrschaftsmethoden und Verbrechen verbogenen Partei umgegangen? Wie hat die nächste Generation das verarbeiten können?

Am Ende unseres Seminars landen wir wenig überraschend bei den aktuellen politischen Fragen der anhaltenden Überproduktionskrise und ihren Folgen. Was hat der Leitantragsentwurf des PV dazu mitzuteilen? Zu wenig.

Klaus Stein