Leverkusen
Jahrestag der Befreiung vom Faschismus
Am 8. Mai 1945 hatte die Antihitler-Koalition den deutschen Faschismus besiegt
Walborg Schröder, Ehrenvorsitzende der Deutsch- Russischen Gesellschaft Rhein/Ruhr e.V., sprach am 8. Mai 2018, dem Tag der Befreiung, auf dem Friedhof in Leverkusen-Manfort. Wir dokumentieren:
Liebe Freundinnen und Freunde der Kulturvereingung Leverkusen,
der NEIN-Initiative und der Deutsch-Russischen Gesellschaft Rhein/Ruhr e.V.,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
lassen Sie mich mit einem Bild beginnen. Es ist der 8. Mai 1945. Lange Kolonnen sowjetischer Panzer und Lastwagen rollen durch unser Dorf in Sachsen. Wir Kinder, meine Schwester, mein Bruder und ich, im Alter von 10 bis 14 Jahren, stehen am Gartenzaun und freuen uns: jetzt ist der Krieg endlich vorbei, keine Bomben und Tote mehr. Die sowjetischen Soldaten haben uns vom Faschismus befreit. Meine Mutter gibt uns Tulpen aus dem Garten, und wir werfen sie den sowjetischen Soldaten auf ihren Panzern zu.
Heute, am 8. Mai 2018, dem Jahrestag der Befreiung vom Faschismus, haben wir uns an den Gräbern der Opfer der faschistischen Barbarei auf dem Friedhof in Leverkusen-Manfort, zusammengefunden, um der hier beigesetzten osteuropäischen Opfer, der über 200 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter und 70 Kinder aus der Sowjetunion zu gedenken. Wir gedenken aller Opfer der Naziherrschaft! Ihr seid nicht vergessen! Niemand und nichts sind vergessen! Wir werden in eurem Sinne mit unserer ganzen Kraft gegen alte und neue Nazis kämpfen.
Am 8. Mai 1945 hatte die Antihitler-Koalition den deutschen Faschismus besiegt und damit den schrecklichsten Krieg der Menschheitsgeschichte beendet. Die Faschisten hatten die Sowjetunion, viele Länder der Welt überfallen, ihre Menschen ausgerottet und große Teile der Länder in Schutt und Asche gelegt. Es war vor allem die Sowjetunion, ihre Führung, die Rote Armee und das Sowjetvolk, die die Hauptlast des Zweiten Weltkrieges getragen haben. 27 Millionen Tote waren zu beklagen. Ihre Opfer dürfen nicht umsonst gewesen sein. Dafür tragen wir heute die Verantwortung. Wir müssen Lehren aus der Geschichte ziehen und eigenverantwortlich alles in unseren Kräften Stehende tun gegen Krieg und Faschismus, gegen alte und neue Nazis, die wieder frech ihr Haupt erheben und denen wir uns entgegenstellen müssen. Und es gibt wahrlich viel zu tun gegen die Russslandhetze, die wieder gefährliche Ausmaße annimmt. Wir aber brauchen Frieden mit Russland.
In einer Erklärung von über 14 Deutsch-Russischen Gesellschaften aus der ganzen Bundesrepublik, dazu gehört auch unsere Deutsch-Russsische Gesellschaft Rhein/Ruhr e.V., heißt es u.a. «Die jüngsten politischen Entscheidungen der deutschen Bundesregierung und der EU zu Russland zwingen uns, als Vertreter von zivilgesellschaftlichen Vereinen Deutschlands, die sich seit vielen Jahren der Versöhnung und Verständigung zwischen unseren Völkern verpflichtet fühlen, das Vorgehen kritisch zu hinterfragen und auf eine Veränderung zu drängen. Statt mit Russland auf allen Ebenen friedliche und gutnachbarschaftliche Beziehungen zu gestalten, wird offensichtlich eine Verschlechterung der deutsch-russischen Beziehungen billigend in Kauf genommen. Wir treten dafür ein, politische Probleme zwischen den Staaten müssen im 21. Jahrhundert in vernünftiger Art und Weise, im Dialog und in Achtung voreinander gelöst werden.»
Wir haben den Sowjetsoldaten dafür zu danken, dass sie uns von Krieg und Faschismus befreit haben. Wir wollen mit unserem großen Nachbarn im Osten in Frieden und Freundschaft leben.
Unsere Gesellschaft pflegt freundschaftliche Beziehungen und Völker-verständigung mit unserer Partnergesellschaft in Russsland, der Russisch-Deutschen Freundschaftsgesellschaft und dem Verband der ehemaligen minderjährigen Zwangsarbeiter in Moskau. Eine Delegation aus Moskau weilt in diesen Tagen anlässlich des 8. Mai zu einer Friedensmission in Deutschland und besucht Gedenkstätten für sowjetische Soldaten wie Stukenbrock und Buchenwald. Prof. Wladimir Naumow, der als zwölfjähriger Junge einige Jahre in einem faschistischen Lager bei Bielefeld schuften und leiden musste und vor einigen Jahren in der Kulturvereinigung Leverkusen zu uns gesprochen hat, gehört dieser Gruppe an. Er lässt Euch herzliche Friedens- und Freundschaftsgrüße ausrichten, die wir von ganzem Herzen erwidern.
Auch ich bin ein Kriegskind und habe die Schrecken des Faschismus am eigenen Leib erlebt, den Hass gegen andere Völker, gegen die jüdisch-bolschewistischen Untermenschen, wie die Nazis sagten. Mein Vater war als SPD-Mitglied aus dem Schuldienst entlassen und gemaßregelt worden.
Zum Schluss meine ernste Mahnung: Vor dem Hintergrund der heutigen gesellschaftlichen Herausforderungen kann und darf es kein Ende des Erinnerns geben. Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!
Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Walborg Schröder
Foto: Klaus Müller