Köln

Bankenkrise, syrische und andere Kriegsherde, rapide Rechtsentwicklung


Blindensturz, Gemälde von Pieter Bruegel der Ältere 1526/1530-1569

Ein Klassenkämpfer ist überzeugt, nicht gehorsam

Bankenkrise, syrische und andere Kriegsherde, rapide Rechtsentwicklung – was sind unsere Antworten auf die drängenden sozialen Fragen, wo greifen die Kommunisten ein?

Die Deutsche Bank taumelt. Ihr Börsenkurs schleudert in die Tiefe. Beschleunigt wird dieser Sturz durch die drohende Strafzahlung von 14 Milliarden Dollar. Mittlerweile entspricht diese Summe annähernd ihrem Börsenwert. Bundesregierung und das amerikanische Justizministerium liegen im Clinch. Bankchef John Cryan antichambriert wie andere Vorstände in Washington und schließt derzeit noch öffentliche Staatshilfen oder eine Kapitalerhöhung aus.

Letztere wäre allenfalls nach der Klärung der Höhe der Strafsummen sinnvoll, erscheint zudem angesichts des niedrigen Aktienkurses wenig lukrativ. Der Preis der Deutsche-Bank-Aktie bei einer Neuausgabe wird auf 7,50 Euro geschätzt. Nur so hätte sie auf dem Markt eine Chance. Reuters meldete am vergangenen Freitag, dass zwar die Herrscherfamilie des Emirats Quatar, die mit 10% ein großer Aktionär der Bank sei, nicht aussteigen, sondern sogar 10% der neuen Aktien zeichnen wolle. Aber Berichte über DAX-Konzerne, die sich ebenfalls an der Deutschen Bank beteiligen wollten, werden von diesen nicht bestätigt, etwa von Daimler oder Beiersdorf (siehe FAZ vom 8. Oktober 2016).

Blackrock ist ein weiterer Großaktionär der Deutschen Bank und an vielen anderen börsennotierten Banken beteiligt. Vizechef Philipp Hildebrand gab am vergangenen Mittwoch, 5. Oktober, der FAZ ein Interview. Investoren seien kaum bereit, in europäische Bankaktien zu investieren, solange das Geschäftsmodell nicht radikal neuorientiert werde. Im nationalen Rahmen könne der Satz «too big to fail» bald keine Geltung mehr beanspruchen. Der europäische Bankenmarkt sei insgesamt überbesetzt. Überkapazitäten müssten abgebaut werden. Er nennt diesen Abbau: internationale Konsolidierung. Zu deutsch: nur internationale Fusionen können Bankruns zunächst verhindern. Wir ahnen, warum der EZB im Frühjahr das Bargeld obsolet erschien und sie es abschaffen wollte. Schon der vage Verdacht eines drohenden Bankzusammenbruchs wird dazu führen, dass die Kunden ihr Geld retten und die Konten leeren wollen. Für den Fall, dass sie zu spät kommen, wird uns die Bundesregierung daran erinnern, dass wir gewarnt wurden. Wir hätten Vorräte anlegen sollen, wie sie es uns in der «Konzeption Zivile Verteidigung» (KZV) im August nahegelegt habe. «Bund bereitet Bevölkerung auf den Kriegsfall vor». So schlagzeilte die Kölnische Rundschau am 23. August zu diesem Thema.

Angesichts billigen Geldes und niedriger Zinsen geht es vielen Banken schlecht. Grund dafür ist die Überproduktionskrise und Überschuss von Kapital. Im Kapitalismus der freien Konkurrenz führt der relative Überschuss noch periodisch zu Entwertung und Brachlegung von Kapital. Im Monopolkapitalismus wird dieser Überschuss chronisch und verwandelt sich in Geldkapital, das auch in seiner fiktiven Eigenschaft aggressiv nach Verwertung sucht. Gegenwärtig geht der IWF davon aus, dass das aktuelle Schuldenniveau den Rekordwert von 225% des Welt-BIPs erreicht hat. Die Schulden haben sich seit dem Jahr 2000 verdoppelt. Zwei Drittel davon entfallen auf den privaten Sektor, zu dem Hypotheken und Unternehmensanleihen gezählt werden. In absoluten Zahlen sind es 154 Billionen US-Dollar im letzten Jahr. Bei Einbeziehung der Banken kommt McKinsey auf 200 Billionen Dollar. Die Schulden wachsen schneller als die Wirtschaftsleistung. Aber diese Schulden repräsentieren auf der anderen Seite Kapital, das verwertet sein will. Im Falle der Nichtrealisierung haben wir es mit Entwertung, mit Kapitalvernichtung zu tun. Umso aggressiver werden diese Ansprüche ökonomisch, politisch und militärisch umgesetzt. Heute geht es um die Unterwerfung und Ausbeutung von immer mehr fremder Arbeit, fremdem Eigentum, fremden Kapital. Expansion ist Existenzbedingung. Aus kleinen militärischen Konflikten werden große, aus großen werden Kriege, aus Kriegen große Kriege. Das ist sie Situation, vor der wir stehen. Das Weißbuch spricht es aus, wenn es von der Verwischung der Grenze von Krieg und Frieden spricht, von der hybriden Kriegsführung, die alle Bereiche der Gesellschaft durchdringe. Die Bundeswehr soll die «ungehinderte Nutzung globaler Informations-, Kommunikations-, Versorgungs-, Transport- und Handelslinien» sowie die Rohstoff- und Energiezufuhr absichern. Diese Güter werden zu globalen und öffentlichen erklärt (was wir den Preisen, die wir für Energie bezahlen müssen, selbstverständlich nicht anmerken). Der Zugang zu ihnen sei «zu Lande, zur See, in der Luft sowie im Cyber-, Informations- und Weltraum» zwecks Funktionsfähigkeit unseres Staates und des Wohlstands «unserer» Bevölkerung mit militärischen Mitteln aufrecht zu erhalten. Das Weißbuch zusammen mit der KZV enthüllt das politische Programm zur Militarisierung der Gesellschaft, den Zwang ihrer Unterordnung unter die aggressiven imperialistischen Verwertungsziele.

Dieses politische Programm gilt für Außen und Innen. Es enthält gewissermaßen Regeln für den Staatsstreich. Gleichzeitig erleben wir den Aufstand der rechten Wutbürger bei den Wahlen und ganz prominent in den Talkshows. Aber nicht nur zweistellige Wahlergebnisse mit über 20% müssen alarmieren. Auch die rechte Gewalt nimmt zu. Da bekommt ein Dorfbürgermeister ein Kantholz über den Schädel, weil er Flüchtlinge unterbringt. Brandanschläge wiederholen sich. In Bautzen jagen Nazis junge Flüchtlinge, die dann von der Polizei ein Ausgehverbot bekommen.

Der gefährlichste Kriegsherd ist gegenwärtig Syrien. Die Bundeswehr beteiligt sich mit Tornados, die in Incirlik stationiert sind, an der Aggression gegen das Land unter dem Vorwand, Terroristen des IS zu bekämpfen. Aber die Bundeswehr wurde nicht gerufen, jedenfalls nicht von der souveränen Regierung Syriens. Am 24. August dringen zur Überraschung von Lucas Zeise türkische Truppen mit Panzern gemeinsam mit islamistischen Terroristen auf syrisches Staatsgebiet vor und besetzten Dscharabulus. Offenkundig waren vorher Vereinbarungen mit den USA getroffen worden. Aber Erdogan hatte wohl versäumt, die UZ zu lesen. Schlagzeile des Aufmachers der Ausgabe vom 26. August: «Frontwechsel im Nahen Osten. Türkei nimmt nicht mehr am Krieg gegen Syrien teil.»

Am Samstag, den 17. September, attackieren vier US-Kampfflugzeuge die syrischen Regierungstruppen nahe Deir Essor im Osten des Landes. Die am Flughafen der Stadt stationierten Einheiten teilen mit, dass zunächst zwei F-16 die Stellung beschossen hätten. Als Sanitäter versuchen, die Verletzten und Toten zu bergen, werden sie erneut, dann von zwei A-10-Jets, angegriffen. 62 Tote und mehr als 100 Verletzte sind zu beklagen. Andere Quellen sprechen von mehr als 90 getöteten Soldaten. Erst tags zuvor hatten sich die USA und Russland auf eine dreitägige Verlängerung des Waffenstillstandes geeinigt. Keine Entschuldigung der USA. Kein Versehen. Der von den USA und Russland vereinbarte Waffenstillstand im Land endet am Montag. Auch die Syrische Armeeführung erklärt ihn für beendet.

In der Nacht vom Montag, den 19., auf Dienstag, den 20. September wird ein Hilfskonvoi bei Aleppo angegriffen. 18 von insgesamt 31 Lastwagen werden zerstört. Der Konvoi aus Fahrzeugen der UNO und des Syrischen Arabischen Roten Halbmondes (SARC) war im Westen von Aleppo unterwegs gewesen und hatte bei einem SARC-Lager in dem Ort Urem Al-Kubra Halt gemacht, um Hilfsgüter zu entladen. Bei dem Angriff kommen – nach Angaben aus Kreisen der syrischen Opposition – mindestens zwölf Menschen ums Leben. Die britische Rundfunkanstalt BBC spricht von 20 Opfern.

Die auf seiten der bewaffneten Opposition in und um Aleppo operierenden »Weißhelme«, die auch unter dem Namen »Syrische Zivile Verteidigungskräfte« bekannt sind, machen die Regierung unter Staatschef Baschar Al-Assad für den Angriff verantwortlich. Das »Regime« habe von vier Hubschraubern aus Fassbomben abgeworfen, sagt ein Helfer der »Weißhelme«, der ein Emblem des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR in die Kamera hält. Die BBC veröffentlicht noch in der Nacht am Schauplatz entstandene Aufnahmen, die zeigen, wie Fahrzeuge in Flammen aufgehen. Im Hintergrund hört man eine Männerstimme, die mehrmals den Ausruf »Allahu akbar!« (Gott ist groß) wiederholt. Fotos bei Tageslicht zeigen die zerstörten und teilweise ausgebrannten Fahrzeuge. Das russische Verteidigungsministerium erklärt, weder die russische noch die syrische Armee hätten einen Luftangriff auf den UN-Konvoi geflogen. Auch sei es augenscheinlich gar nicht zu einem Beschuss gekommen. »Wir haben Videoaufzeichnungen geprüft und keine Anzeichen festgestellt, dass die Wagenkolonne von Munition – welcher Art auch immer – getroffen wurde. Zu sehen sind keine Bombentrichter, die Wagen weisen keine Schäden durch eine Druckwelle auf. Alles, was wir im Video gesehen haben, ist eine direkte Folge eines Brandes«, erklärt Generalmajor Igor Konaschenkow.

Es hilft nichts. Die Russen werden verantwortlich gemacht.

Der Sprecher des US-Außenministeriums John Kirby vermeidet zwar eine direkte Beschuldigung. Seine Formulierung ist dennoch eindeutig: »Das Ziel dieses Konvois war dem syrischen Regime und der Russischen Föderation bekannt, und dennoch wurden diese Helfer getötet, als sie versuchten, Nothilfe an das syrische Volk zu verteilen.«

Die gleichzeitig stattfindende UNO-Konferenz gibt die Gelegenheit, die Russen auf die Anklagebank zu setzen. Wir überhaupt nach diesen Ereignissen eine üble Propagandawelle gegen Russland schwappt. Die Maschinerie der Kriegshetze überschlägt sich.

Für den anderen Kriegsherd, die Ukraine, können die Medien praktischerweise dasselbe Feindbild verwenden.

Wie ist unsere Partei dieser Situation gegenüber gewappnet? Gelingt es ihr, wenigstens Teile der Klasse zu mobilisieren? Gewinnt sie an Ausstrahlung?

Auf der Bezirksvorstandssitzung nahm ich mal Gelegenheit, über die Kleinzeitungen, ihre Qualität, Auflage und ihr regelmäßiges Erscheinen zu berichten. Überall gibt es Einbrüche – bis auf Ausnahmen.

Aber wir geben die Hoffnung nicht auf, obwohl die 5. PV-Tagung zu Optimismus wenig Gründe lässt, zumal der Beschluss «Zur Umsetzung des Beschlusses des 21. Parteitags der DKP ‹Analysieren, diskutieren, entscheiden – gemeinsam Beschlüsse umsetzen!›» sogenannte organisationspolitische Reaktionen androht. Zur Begründung hält er als Meinung des PV fest, dass ein Teil der sogenannten Parteiopposition den Boden der Gemeinsamkeit verlassen habe, eigene Strukturen gebildet habe und das Aufkündigen gemeinsamen Handelns damit kombiniere. Und stellt fest, dass sich «das» offensichtlich nicht mehr durch inhaltliche Diskussionen überwinden lasse und die Zerstörung der Partei drohe.

Leider werden die Streitpunkte häufig nur rubriziert, nicht benannt, beispielsweise:

  • «Verweigerung der Solidarität mit der KKE»
  • «Einschätzung der Situation und Entwicklung des Imperialismus»
  • «Wege zum Sozialismus»
  • «Im Gegensatz zur damaligen Aussage werfen sie heute, sich «Programmströmung» nennend, dennoch allen, die inhaltlich im Widerspruch zu ihnen sind, vor, nicht auf dem Boden des Programms zu stehen. Das, obwohl sie gemeinsam mit uns wissen, dass zum Beispiel die Entwicklung der EU im Verhältnis zu 2006 deutlicher gemacht hat, dass es sich um ein imperialistisches Konstrukt handelt, das überwunden werden muss.»

Schon auf der Suche nach einer Analyse der politischen Differenzen, werde ich in dem genannten Beschluss nur unzulänglich fündig. Moralisierungen und Personalisierungen sind aber zu vermeiden, wenn eine Chance zur Einigung erhalten bleiben soll.

Hilfreich dagegen war ein Text von Georg Polikeit. Georg war über 70 Jahre lang – in der Legalität und in der Illegalität – Mitglied der Partei, immer an führender Stelle an der Entwicklung unserer Politik beteiligt.

Georg sagt: 

Was ist der Kerninhalt der vorhandenen Meinungsverschiedenheiten?

Nach der Optik der Befürworter des heutigen Mehrheitskurses gibt es da eine Mehrheit, die den richtigen, wahrhaft revolutionären Kurs einer «marxistisch-leninistischen» kommunistischen Partei verfolgt und diesen gegen eine Gruppe von Abweichlern verteidigen muss. Diese hat sich angeblich ein reformistisches «Transformationskonzept» zu eigen gemacht und gibt sich opportunistischer Anpassung an die herrschende Ideologie, an bürgerliche und kleinbürgerliche Denkweisen hin.

Aber vielleicht liegen die Dinge doch nicht ganz so einfach?

Ich kenne niemanden in der Partei, der die Notwendigkeit eines revolutionären Bruchs mit dem Kapitalismus in Frage stellt. Dass der Sozialismus nicht bloß das Ergebnis einer Serie von Reformen sein kann, ist unumstritten. Die Differenzen ergeben sich nicht in diesem Punkt. Sie ergeben sich in der Frage, welcher Weg unter den konkreten Bedingungen der heutigen Bundesrepublik Deutschland eingeschlagen werden kann und muss, um diesem Ziel näher zu kommen.

Im Hintergrund der Meinungsdifferenzen steht offenbar auch der Frust über die derzeitige Schwäche und unbefriedigende Entwicklung der Partei und generell über die oft unbeweglich festgefahren erscheinenden Verhältnisse in der BRD. Mit abnehmender Mitgliedschaft, dramatisch gewachsener Überalterung und immer mehr nachlassender Aktionsfähigkeit steckt die DKP in einer existenziellen Krise. Die Frage nach dem Ausweg aus dieser Krise wird unterschiedlich beantwortet.

Allem Anschein nach hat sich in einem Teil der Partei die Ansicht festgesetzt, dass diese Situation ihre Ursache in erster Linie darin hat, dass sich die DKP in der Vergangenheit zu wenig von den anderen linken Kräften und Strömungen abgegrenzt, ihre Besonderheit als klassenkampforientierte Partei mit dem richtigen theoretischen Durchblick zu wenig hervorgehoben, zu wenig ihre eigenständige Identität und ihr kommunistisches Selbstbewusstsein betont hat. Deshalb wird der Akzent jetzt verstärkt auf die Abgrenzung gegenüber allen anderen linken Kräften und auf die ständige Betonung unserer klassenkämpferischen revolutionären Haltung, unserer besonderen Rolle als Kommunistische Partei und unserer «kommunistischen Identität» gelegt.

Dazu passen die Etikettierung der Partei als «marxistisch-leninistisch», die stärkere Verwendung einer «revolutionär» oder «radikal» klingenden Sprache, die durchgängige Forderung von «antimonopolistischen Reformen», wenn überhaupt von Reformen die Rede ist, die Orientierung auf die Bekämpfung «reformistischer Illusionen» in Gewerkschaften und Bewegungen als «zentrale Aufgabe» der Partei. In die gleiche Richtung deuten die neu beschlossene Forderung nach dem «Austritt der BRD aus der EU», die eindeutig von den bisherigen Aussagen im Parteiprogramm zur EU abgeht, die stärkere Abgrenzung gegenüber Formationen wie der Partei «Die Linke» und der «Europäischen Linkspartei» (ELP) und die Festlegung auf möglichst flächendeckende Eigenkandidatur als einzig richtige Verhaltensweise bei Wahlen.

Ich befürchte aber, dass eine solche «Wende nach links» mit einem vereinseitigten «Avantgarde»-Verständnis uns nicht tatsächlich aus den derzeitigen Schwierigkeiten herausbringen wird. Ich kann nicht glauben, dass die DKP neues Ansehen und neue Stärke gewinnt, wenn sie sich in erster Linie als «Lehrmeisterin» betätigt, die alle anderen von falschen Auffassungen bekehren will.

Ich kann Euch nicht den ganzen Text verlesen, stelle ihn aber gerne zur Verfügung. Auch ich habe auf verschiedenen Konferenzen die unterschiedlichen Positionen zu nennen und zu verstehen versucht. Selten hat es darauf eine Antwort gegeben. HPB begnügte sich nach der Theoriekonferenz in Hannover, mein Referat abzuqualifizieren. Es habe zu wenig Bezüge zum Marxismus-Leninismus. Es genügte ihm, dass ich den Begriff ablehne. Eine inhaltliche Auseinandersetzung habe ich immer vermissen müssen. Vorwände, persönliche Angriffe kommen indessen in jeder Menge und Qualität.

In der Tat laufen auch die angekündigten organisationspolitischen Reaktionen auf Schiedsverfahren hinaus. Schon wenige solcher Schiedsverfahren werden die Partei beschädigen. Der Schaden wird größer sein, als die politischen Differenzen je nach sich ziehen könnten. Man kann sich ausrechnen, dass das die Partei nicht überleben wird. Immerhin haben 250 Genossinnen und Genossen das inkriminierte Papier unterschrieben. Auch ich.

Tatsächlich kann es kein Problem sein, gegensätzliche Auffassungen zu haben. Im Gegenteil, die Partei ist ein Instrument, sie zu diskutieren und zu gemeinsamen Aktionen zu kommen. Gespräch, Vereinbarungen, Beschlüsse und generell Orientierung auf die politischen und sozialen Probleme der Klasse. Ein Klassenkämpfer ist überzeugt, nicht gehorsam. Das geht nicht von heute auf morgen, ebensowenig, wie die Differenzen von heute auf morgen entstanden sind. Allerdings lege ich Wert darauf, dass unser Programm von 2006 samt seiner revolutionären Strategie seine Gültigkeit behält. Darum zu kämpfen lohnt sich.

Ganz typisch für die Sprachlosigkeit der gegenwärtigen Mehrheit ist der jüngste Angriff gegen die Innenstadtgruppe. Unsere Einladung für den Ausflug an die Ahr, die wir seit einigen Jahren und traditionell am 3. Oktober machen, wird vier Tage vorher in offenbar denunziatorischer Absicht an das Sekretariat des Bezirks weitergeleitet. Denn wir haben auf die Fahrt nach Kalkar verzichtet. Ich will das mal zum Anlass nehmen, diese Gruppe zu loben. Ich verweise zunächst mal auf den Rechenschaftsbericht ihres Vorstands, der sich durch eine vorbildliche Dichte von politischen Aktivitäten auszeichnet. Ich schicke ihn gerne herum. Wir werden übrigens auf unserer JHV im November einen ähnlichen zu hören bekommen. Auf der Berliner Friedensdemo wäre die Gruppe mit sechs Mitgliedern und Freunden vertreten gewesen, wenn Raimund nicht unterwegs krank geworden wäre. Er musste die Busfahrt unterbrechen. Die Gruppe hat ein festgefügtes organisatorisches Gerüst mit einem monatlich tagenden und planenden Vorstand. Sie trifft sich zweimal im Monat, bringt seit Jahren regelmäßig ihre 8-seitige Zeitung in einer Auflage von 2500, manchmal 5000, heraus. Sie verfügt über ein stabiles politisches Umfeld von Freunden, das sie politisch anzuregen, aber auch mit Kulturangeboten und Festen zu pflegen versteht. In der Innenstadtgruppe wird qualifiziert und solidarisch diskutiert. Es ist kein Zufall, daß aus unserem Umfeld immer wieder Aufnahmeanträge kommen. Vor Jahren schon konnte ich berichten, daß wir seit der Gründung im Januar 2008 zweistellige Aufnahmezahlen hatten. Das ist immer noch so, diese Gruppe nimmt Mitglieder auf. Der Grund dafür ist, daß sie politisch ausstrahlt und überzeugt. Das weiß übrigens jeder. Darüber gesprochen wird nicht, jedenfalls nicht offen und nicht mit uns. Womöglich wird es als peinlich empfunden angesichts eigener Schwächen. Deswegen mache ich das heute mal zum Thema. Seht Euch um, Genossinnen und Genossen, erzählt mir, welche Gruppe besser organisiert ist und mehr politische Ausstrahlung hat!

Text: Referat Klaus Stein im Kreisvorstand Köln, 11. Oktober 2016
Bild: Pieter Bruegel der Ältere, (1526/1530–1569)
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